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E-Commerce

Digitale Stolperfallen

Welche rechtlichen Regelungen müssen Betreiber von Online-Shops besonders beachten? Von Sabine Bendias / llustration: Anton Atzenhofer

Der Online-Handel bietet Chancen, die der stationäre Verkauf nicht bereithält. Allerdings bestehen umfangreiche gesetzliche Informationspflichten auch im Internet, die es zu beachten gilt. Die „Europäisierung“ des Verbraucherschutzrechts führt dazu, dass der Überblick über die Pflichtenflut immer schwieriger wird. Wiederholt müssen die Händler weitreichende Änderungen umsetzen, beispielsweise die Verbraucherrechterichtlinie, deren Regelungen seit 2014 anzuwenden sind (Richtlinie 2011/83/EU). Die Händler, die die Vorgaben nicht beachten, laufen Gefahr, einen Wettbewerbsverstoß zu begehen und auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden. Im Folgenden einige typische, aber vermeidbare Fehler im Online-Handel:

Grundpreis: Werden Waren in Fertigpackungen, die nach Volumen, Masse, Länge oder Fläche bemessen sind (z. B. Getränke, Schmierfett oder Parkettboden), unter Angabe von Preisen im Netz angeboten oder beworben, muss der Grundpreis (Preis pro Liter, Kilo, Meter oder Quadratmeter) regelmäßig in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises angegeben werden. „In unmittelbarer Nähe“ gemäß § 2 Abs. 1 Preisangabenverordnung (PAngV) ist als „so nahe wie möglich“ zu verstehen. Sind beide Preise gleich (z. B. Literflasche), ist die Angabe entbehrlich. Die Pflicht gilt für jede Art von Preiswerbung, also z. B. auch für Artikelübersichtsseiten im Online-Shop, Empfehlungen (z. B. „Andere Kunden kauften auch“) oder für Online-Banner. Oft wird der Grundpreis überhaupt nicht angegeben oder lediglich auf der Detailseite des Artikels, oder er steht so weit entfernt vom Gesamtpreis, dass gescrollt werden muss.

Widerrufsbelehrung: Wer online Verträge mit Verbrauchern abschließt, muss im Angebot auf ein bestehendes Widerrufsrecht hinweisen (§ 5a Abs. 3 Nr. 3 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb – UWG) und über dieses belehren (Art. 246a § 1 Abs. 2 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch – EGBGB). Die Regelungen über Belehrung, Inhalt und Ausübung haben sich 2014 geändert. Die Erklärung des Widerrufsrechts ist seitdem nicht mehr auf die Textform beschränkt, sie kann auch mündlich (z. B. per Telefon) gegenüber dem Unternehmer erfolgen. Dieser muss ein Musterwiderrufsformular zur Verfügung stellen und erhaltene Zahlungen innerhalb von 14 statt 30 Tagen zurückzahlen. Auch die Möglichkeit, das Widerrufsrecht durch ein Rückgaberecht zu ersetzen, ist entfallen. Der Gesetzgeber hat eine Musterwiderrufsbelehrung (Anlage 1 EGBGB) entworfen, die eine wichtige Hilfe für Unternehmen darstellt. Wer sie richtig anwendet und in Textform übermittelt, erfüllt seine Informationspflichten (vgl. Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB). Zudem muss der Anbieter auch darauf hinweisen, wenn kein Widerrufsrecht besteht (z. B. beim Bestellen von Urlaubsfotos) oder in welchen Fällen es erlischt (z. B. wenn hygieneversiegelte Ware entsiegelt wird).

Versandkosten: Bei einem Online-Verkaufsangebot muss neben dem Gesamtpreis nicht nur angegeben werden, dass der Preis die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthält, sondern auch, ob und in welcher Höhe zusätzlich Kosten anfallen (vgl. § 1 Abs. 2 PAngV). Angegeben werden müssen auch berechenbare Lieferkosten. Sind diese nicht berechenbar, weil beispielsweise noch Parameter fehlen, so muss darauf hingewiesen werden, dass sie anfallen.

Der Verbraucher muss Kenntnis über die Lieferkosten erhalten, bevor er die Waren in den Warenkorb legt. In der Regel genügt es, wenn neben dem Warenpreis die Angabe „zzgl. Versandkosten“ steht und diese mit einem Hyperlink auf eine Unterseite verlinkt ist, auf der übersichtlich und verständlich über die Berechnungsmodalitäten aufgeklärt wird (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2009, Aktenzeichen I ZR 50/07). Erlauben es Format und Design des Online-Shops nicht, die Lieferkosten direkt neben dem Warenpreis anzugeben, dann kann ein klar zuordenbares Sternchen am Preis angebracht werden, das auf die Angabe „zzgl. Versandkosten“ auf der gleichen Seite verweist, die wiederum wie beschrieben unterverlinkt ist.

Button: Um Abo-Fallen im Internet Einhalt zu gebieten, wurde 2012 die „Button-Lösung“ eingeführt (§ 312j BGB). Sie schreibt u. a. vor, dass ein Vertrag, der über eine elektronische Schaltfläche abgeschlossen wird, nur zustande kommt, wenn diese mit „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer anderen eindeutigen Formulierung (z. B. „kostenpflichtig bestellen“, „zahlungspflichtigen Vertrag schließen“) beschriftet ist. Obwohl diese „Button-Lösung“ bereits seit vier Jahren gilt, ist noch auf vielen Buttons lediglich „bestellen“ oder „Bestellung abschicken“ zu lesen. Diese Beschriftung führt aber zu keinem wirksamen Kaufabschluss.

Warenkorb-Erinnerung: Werbe-E-Mails sind eine preiswerte Möglichkeit, um über aktuelle Angebote zu informieren. Allerdings sind sie in Deutschland ohne ausdrückliche Einwilligung des Empfängers in der Regel unzulässig, da sie als belästigend eingestuft werden (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Die ausdrückliche Einwilligung kann nicht dadurch eingeholt werden, dass z. B. eine Erklärung mit voreingestelltem oder obligatorischem Häkchen beim Bestellvorgang, beim Einlegen der Ware in den Warenkorb ober beim Ausfüllen der Bestellmaske eingebaut wird.

Unzulässig sind damit auch Warenkorb-Erinnerungen oder Bestellabbrecher-Mails – also E-Mails, die den Kunden darauf hinweisen, dass der Bestellvorgang abgebrochen wurde, nachdem die E-Mail-Adresse in der bereits ausgefüllten Bestellmaske zwischengespeichert wurde. In der Regel enthalten diese Mails einen Link, der den Kunden wieder zu seinem Warenkorb zurückführt. Sie gelten als zum Kauf auffordernde Werbung, die unlauter ist. Wenn der Verbraucher die Bestellung bewusst abbricht, will er üblicherweise gerade keine Erinnerung mehr erhalten. Doch selbst wenn der Abbruch durch einen Systemfehler zustande kommt, ist eine solche E-Mail nicht berechtigt. Grundsätzlich gilt: E-Mail-Adressen, die ein Unternehmen bloß durch den Abbruch einer Bestellung erhält, darf es nicht für Werbezwecke verwenden – nicht zuletzt auch deswegen, weil diese Nutzung gegen das Datenschutzrecht verstößt.

Preissuchmaschinen: Portale für Preisvergleiche erleichtern Verbrauchern die Suche nach günstigen Angeboten. Wer diese zur Kundenakquise einsetzt, trägt auch die Verantwortung dafür, dass dort alle Pflichtinformationen angezeigt werden. Es reicht nicht, dass die Pflichtdaten vollständig an beauftragte Suchmaschinenbetreiber weitergegeben wurden. Der Unternehmer haftet grundsätzlich auch, wenn vorgeschriebene Informationen fehlen (§ 8 Abs. 2 UWG) wie z. B. die Angabe des Grundpreises. Lässt das Format der Vergleichsseite die Pflichtangabe nicht zu, kann der Unternehmer sie auch nicht nutzen oder er muss den Betreiber zur Systemänderung veranlassen (Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24. November 2011, Aktenzeichen 327 O 196/11).

Auch die Versandkosten müssen in der Trefferliste der Preissuchmaschine in voller Höhe direkt beim Produkt angezeigt werden. Der Käufer trifft in dieser Liste eine Vorauswahl, welchen Shop er einsehen möchte, und sucht das günstigste Angebot. Diese Übersicht würde verfälscht, wenn er erst im Auftritt des Anbieters von weiteren Kosten erfährt (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2009, Aktenzeichen I ZR 140/07). Außerdem müssen Preisangaben im Portal aktuell sein, da bei tatsächlich höheren Preisen eine Irreführung vorliegt und der Unternehmer einen unlauteren Vorteil gegenüber der Konkurrenz hat (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. März 2010, Aktenzeichen I ZR 16/08).

Autor/in: 

Assessorin jur. Sabine Bendias ist juristische Mitarbeiterin im Büro München der Wettbewerbszentrale (muenchen@wettbewerbszentrale.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2016, Seite 32

 
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