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Einbruch und Diebstahl

Einen Riegel vorschieben

Mit einfachen Mitteln gelangen Diebe und Einbrecher an die Waren in Geschäften und Lagern. Wie kann man vorsorgen?

Praktischer Anschauungsunterricht bei der IHK-Veranstaltung „Einbruchsschutz und Warensicherung“: Kriminaloberkommissar Gerhard Schiffer vom Polizeipräsidium Mittelfranken hebelte ein geschlossenes Fenster mit einem handelsüblichen Schraubenzieher auf und öffnete ein gekipptes Fenster in Sekundenschnelle von außen. So schnell können sich Einbrecher Zutritt zu Geschäften und Lagern verschaffen.

Zu denken geben auch aktuelle Zahlen des EHI-Instituts, wonach sich die Inventurdifferenzen im deutschen Einzelhandel im vergangenen Jahr auf vier Mrd. Euro summierten. Die Handelsexperten schätzen, dass davon rund 2,2 Mrd. Euro auf Ladendiebstähle durch Kunden zurückzuführen sind. Den eigenen Mitarbeitern wird ein Schaden von rund 810 Mio. Euro angelastet, 340 Mio. Euro dürften der Erhebung zufolge auf das Konto von diebischen Lieferanten und Servicekräften gehen, der Rest entfällt auf organisatorische Mängel. Die durchschnittliche Inventurdifferenz beträgt ein Prozent vom Umsatz, weitere Kosten entstehen durch Investitionen von rund 1,3 Mrd. Euro in Technik und Personal zum Diebstahlschutz.

Manchmal versagt die installierte Sicherheitstechnik aber auch, wie Kommissar Schiffer berichtete: So wurden beispielsweise bei einem Einbruch in einem Nürnberger Firmengebäude die Bilder der Überwachungskameras nicht gespeichert. Zudem war der Mitarbeiter an den Bildschirmen zugleich für die Einlasskontrolle zuständig und deshalb abgelenkt. Weitere Beispiele: In einem Pförtnerhäuschen wurden Tageseinnahmen und Wechselgeld verwahrt, Tür und Fenster waren alarmgesichert. Die Einbrecher stemmten deshalb eine Seitenwand auf, bogen den Heizkörper weg und bedienten sich am Tresor. Zu einem Baumarkt verschafften sich Einbrecher Zutritt, indem sie mit einer Blechschere die Außenwand aufschnitten und nur die Maschinen im unteren Regal klauten, weil darüber alles von Bewegungsmeldern überwacht wurde. Selbst ein Umrüster für Lkws war nicht vor Kriminellen sicher, weil die teuren Niederquerschnittsreifen einfach fachkundig von den bereits umgerüsteten Lkws im Firmenhof abgeschraubt wurden.

Das Fazit des Kommissars: Das Eigentum wird häufig unzureichend geschützt, weil nur einzelne Maßnahmen ergriffen werden, die nicht aufeinander abgestimmt sind. Vielfach ist nach Kenntnis der Polizei schon der mechanische Einbruchsschutz in einem unzureichenden Zustand, die aufgerüstete Schutzelektronik wird nicht den Erfordernissen angepasst oder nicht fachgerecht installiert. Wichtig sei ein stimmiges Sicherheitskonzept: „Ziele genau definieren, Anforderungen festlegen und das Ganze fachgerecht umsetzen lassen.“

Versicherungsschutz

Wer beim Einbruchsschutz von Gewerbeobjekten spart, kann dies nicht einfach mit einer Versicherung ausgleichen, wie Ralf Kistner, Direktionsbevollmächtigter der Nürnberger Versicherungsgruppe, zu bedenken gab. 70 Prozent der Versicherungsnehmer haben nicht einmal Mindestsicherungen vorgenommen (z. B. bündige, nicht vorstehende Zylinderschlösser in Außentüren, die sich nicht einfach mit einer Zange aufbrechen lassen) und gefährden ihren Versicherungsschutz bei einem Einbruchdiebstahl. Kistner riet den Versicherten auch dazu, die Versicherungsbedingungen regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Beispiel: Bei Verträgen, die vor 2008 abgeschlossen wurden, geht der Versicherungsschutz bei grober Fahrlässigkeit (z. B. gekipptes Fenster) verloren. In neueren Policen ist der Versicherte besser gestellt, hier ist in solchen Fällen zumindest ein Schutz zwischen 5 000 bis 10 000 Euro möglich.

Zu den versicherbaren Schäden gehören neben Diebstahl auch Vandalismus und Betriebsunterbrechung. Dieser Schutz sollte individuell geklärt werden, dafür müssen beispielsweise Normen nach der VdS Schadenverhütung eingehalten werden, um das versicherte Gebäude ausreichend zu sichern. Bei einer Neuwert-Versicherung sollte man sich vor einer Unterversicherung schützen. Eventuelle Bargeldbestände im Tresor sollten der Versicherung gemeldet werden.

Videoüberwachung

Eine Videoüberwachung kann zur Erkennung von Diebstählen, zur Überprüfung von Alarmen oder zur Zutrittskontrolle genutzt werden, Voraussetzung ist allerdings eine fachgerechte Installation. Simon Pannarale von der Nürnberger Sicherheitsfirma Wilkon Systems wies darauf hin, dass ein unsachgemäßer Einbau oder eine ungenügende technische Leistungsfähigkeit der Kamerasysteme etwa bei Gegenlicht schlechte Bilder liefert und damit etwa die Überwachung von Garagenzufahrten oder eintreffenden Besuchern erschwert. Er empfiehlt deshalb eine systematische Planung und Umsetzung gemäß der VdS-Norm Videoüberwachung, inklusive Dokumentation der Installation, regelmäßiger Wartung und Software-Updates.

Der Experte wies Einzelhändler noch auf einen Mehrwert von Videoanalysen hin: Die Technik könne beispielsweise die Kundenfrequenz zeitlich auswerten, etwa in Form eines Zutrittszählers oder für bestimmte Aktionsflächen im Laden. Darüber hinaus könnten die Kunden per Gesichtserkennung auch „demografisch“ analysiert werden, also etwa nach Geschlecht und ungefährem Alter.

Beim Diebstahl im Einzelhandel hat Hans-Jürgen Nausch von der Checkpoint Systems GmbH mit Sitz in Hirschhorn, die auf Warensicherungssysteme spezialisiert ist, neue Tendenzen festgestellt, denn die bei Dieben begehrten Waren etwa der Elektronikfachmärkte seien mittlerweile gesichert wie ein „Hochsicherheitstrakt“. Selbst mit Aluminium ausgekleidete Taschen, mit denen gesicherte Ware durch die elektronische Türkontrolle geschmuggelt werden soll, lassen sich heute durch entsprechende Technik erkennen. Deshalb kommt es vermehrt zum Diebstahl auf Bestellung durch organisierte Banden und zum Klau von Waren in Originalverpackung, um mit der Hehlerware einen möglichst hohen Wiederverkaufswert zu erzielen.

Doch nicht nur Profis greifen in den Geschäften ungeniert zu, sondern oft sind auch Kunden, die dem Verkaufspersonal persönlich bekannt sind, unter den Tätern. Sie klauen beim Einkauf nebenbei Waren und reden sich dies als „Stammkundenrabatt“ schön. Deshalb warnte Nausch vor Blauäugigkeit und plädierte für eine sichtbare Warensicherung (z. B. Flaschensicherungen für hochwertige Spirituosen oder Warnaufkleber auf Kosmetika). Wichtig sei die unübersehbare Botschaft an die Kunden „Ich betreibe Warensicherung“.

Datenschutz beachten

Thomas Kranig, Präsident des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht (BayLDA) in Ansbach, mahnte die Unternehmen, bei Schutz und Überwachung das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), insbesondere den Schutz von personenbezogenen Daten, nicht aus den Augen zu verlieren. Beispiel Videoüberwachung: Sie wird zwar im Einzelhandel gesetzlich akzeptiert, wenn es um die Wahrnehmung berechtigter Interessen (Diebstahlschutz) geht. Das BDSG verlangt allerdings u. a. eine Interessenabwägung, eine Zweckbindung der erhobenen Daten und die Löschung der Informationen nach einer gewissen Zeit. Viele Datenschützer gehen davon aus, dass die Informationen im Einzelhandel in der Regel nach 48 Stunden gelöscht werden müssen. Zu beachten ist auch, dass die Mitarbeiter nicht dauerhaft per Video überwacht werden dürfen.

Videosequenzen mit Tätern dürfen Unternehmer nicht in Social-Media-Kanälen wie Facebook oder YouTube online stellen. „Auch Räuber haben Persönlichkeitsschutz“, sagte Kranig. Nur die Polizei dürfe nach richterlicher Anordnung das Material veröffentlichen. Skeptisch ist Kranig auch bei sogenannten Pre-Crime-Techniken, die mit Algorithmen Bewegungsprofile im Laden identifizieren, die für Diebe typisch sind: Er schätzt diese Technologie aus Sicht des Datenschutzes als „eher unzulässig“ ein.

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2016, Seite 14

 
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