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Wenn der Wegweiser mitfährt

Für die einen ist es überflüssiger Luxus, für die anderen das Beste, was ihnen als Autofahrer je beschert wurde: Navigationssysteme. Gerade für Vielfahrer hat sich die Entscheidungshilfe als höchst effizientes Werkzeug zur Optimierung der Fahrzeit und Erhöhung der Mobilität bewährt. Als Orientierungshilfe in fremdem Terrain sind die markanten Stimmen im Auto-Cockpit für viele unverzichtbar geworden. Ihren schönsten Effekt aber entfalten die ausgeklügelten Systeme als Sparhelfer: Weniger vergeudete Zeit und weniger verfahrener Sprit schlagen positiv zu Buche.


Prototyp aus dem Fraunhofer-Institut

Das Auto kam direkt aus dem Forschungslabor des Fraunhofer-Instituts, aber etwas experimentelles war auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Das Cockpit sah genauso trendig aus, wie man sich einen „Smart“ eben vorstellt. Selbst der Monitor, der vor dem Beifahrersitz aufragte, sah aus, wie vom Designer bestimmt. Monitor im Auto-Cockpit? Das kennt der Oberklasse-Fahrer längst. Der kleine Bildschirm über dem Gebläse, auf dem die Karte vom Routenplaner angezeigt wird. Alles andere als eine Sensation. Aber dieser hier, gezeigt auf der CeBIT 2002, maß stolze 15 Zoll Bildschirmdiagonale und verfügte damit über ganz andere Dimensionen als das gewohnte Mäusekino. Nicht ohne Grund: Die Wissenschaftler vom Competence Center CATS beim Berliner Fraunhofer-Institut „Fokus“ sehen Automobile in nicht allzu ferner Zukunft als rollende Terminals über die Straßen kreuzen – das so genannte Interc@r. Da wird die Navigationshilfe nur noch eines von vielen nützlichen Elementen sein, die vom Bordcomputer abgerufen werden können.

Zukunftsmusik hin, Realität her: Der elektronische Bordpilot gehört nach Ansicht der meisten Vielfahrer zu den größten Errungenschaften, die das Automobil seit langem erreicht haben. Das Blättern im Auto-Atlas, das hastige Hin- und Herklappen der Falt-Karte, das mühsame Entziffern hingekritzelter Anfahrtsskizzen und kryptischer Notizzettel – alles Papierkram von gestern. Als Standardeinrichtung in Oberklassen-Limousinen und als übliche Zusatzinstallation in den meisten anderen Fahrzeugen gehören Navigationssysteme inzwischen zum autofahrerischen Alltag. „Die nächste Ausfahrt rechts“: Wer wüsste nicht den sympathischen Hinweis der anonymen Stimme aus dem Bordlautsprecher mehr zu schätzen als die mühevolle Arbeit eigenäugigen Pfadfindertums? Nicht nur die Werbung kokettiert inzwischen mit dem Phänomen, dass mancher Automobilist freiwillig falsch abbiegt, um noch ein paar extrafreundliche Hinweise zu erhalten. Sicherheitsexperten weisen darauf hin, dass durch den Wegfall ablenkender Wegesuchaktivitäten die passive Sicherheit im Fahrzeug gefördert wird.

Allein schon beim Zeitaufwand, der in der Vergangenheit für Orientierung in unbekanntem Terrain anfiel, machen sich die Navigierhilfen bezahlt. Teure Führungskräfte vergeuden nicht mehr ihre Zeit beim Kartenlesen, sondern lassen sich direkt ans Ziel dirigieren. Das digitale Kartenmaterial, mit dem die unterschiedlichen Systeme ausgestattet sind, ist inzwischen auf dermaßen hohem und aktuellem Niveau, dass Irrfahrten nahezu ausgeschlossen sind. Was nicht davon abhalten sollte, Verkehrszeichen zu beachten: Wenn die Stimme „Die nächste links“ empfiehlt, dann gilt das Gleiche wie einst in der Fahrprüfung: Gemeint ist die nächstmögliche, die Einbahnstraße vorher ist nicht gemeint. Und „rechts fahren“ heißt nicht „rechts abbiegen“. Es ist also ratsam für den Fahrer genau hinzuhören. Oder genau hinzusehen: Denn die technische Alternative heißt „optische Anzeige am Monitor“ oder „akustische Hinweise vom Lautsprecher“. Weil nur ein Gerät installiert werden muss, ist die zweite Variante in der Regel kostengünstiger. Zudem empfinden vor allem Alleinfahrer die zielführende Stimme als angenehmer, weil der Blick auf den Monitor mitunter vom aktuellen Verkehrsgeschehen ablenkt.


Einfache Bedienbarkeit wichtig

Egal, welches System man wählt: Auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig ist die Ziel-Eingabe vor Antritt der Fahrt. Die kurze Zeitspanne, die dafür erforderlich ist, zahlt sich schnell aus, während die Erfahrungen mit Eingaben während der Fahrt oder „schnell mal noch die Route direkt im Zielgebiet eintippen“ nicht nur aus Sicherheitsgründen negativ ausfallen. Ob die Eingabe der Daten über Dreh- oder Drück-Elemente erfolgt, ist eher nebensächlich – man gewöhnt sich an beide Verfahren relativ zügig. Viel nützlicher ist es, wenn mehrere Geräte zur Wahl stehen, darauf zu achten, dass die Programmierung in möglichst wenigen Schritten erfolgt und dass die Anzeige auf dem Display den eigenen Anforderungen an Übersichtlichkeit entspricht. Die hier investierte Zeit wird im späteren Betrieb ebenso im Vielfachen zurückgewonnen wie die mittlerweile sehr günstigen Kosten für die Hardware und deren Installation, die sich zwischen 2 000 und 3 500 Euro bewegen. Wobei der feste Einbau ab Werk wegen der besseren Integration auf jeden Fall dem nachträglichen Einbau vorzuziehen ist. Auch lohnt es sich, bei der Auswahl des Systems die Folgekosten für die Aktualisierung des digitalen Kartenmaterials frühzeitig ins Auge zu fassen.

Entscheidend ist letztlich der Zeitfaktor: Mehr noch als der Komfort des Geführtwerdens erhöht er die Qualität des Fahrens. Aus gutem Grund rüsten inzwischen auch die Hersteller von Kleintransportern und Lkw ihre Fahrzeuge standardmäßig mit Navigationshilfen aus. Flexible Routengestaltung und die kurzfristige Optimierung von Einsatzplänen verlieren dank dieser Umweg-Weisung viel vom Schrecken der Vergangenheit und leiten auch ortsunkundige Fahrer sicher zum Ziel. Umgekehrt haben Außendienstler die neu gewonnene Freiheit entdeckt, nach kurzer telefonischer Anmeldung per Abstecher spontane Besuche zu unternehmen – der Pfadfinder führt sie ja auf schnellstem Weg hin und wieder zurück.


Auch im Stau helfen Navigationssysteme

Das auf Deutschlands Straßen häufigste Stress- und Frust-Fördermittel „Stau“ schließlich verliert durch Navigationshilfen seinen Schrecken. Denn der Weg über Land ist nunmehr klar vorgezeichnet wie die Route der Heiligen Drei Könige zum Stall von Bethlehem: Der Satellit am Himmel wird ihn weisen. Das erdballumspannende Netz der Servicetrabanten für das Global Positioning System (GPS) ist die Grundlage aller elektronischen Orientierungshilfen. Hochklassige Navigationshilfen empfangen daher aktuelle Verkehrsinformationen (Voraussetzung: ein Radio mit Traffic Message Channel – TMC – Technik), verarbeiten sie und bieten dem Fahrer – wenigstens auf der Langstrecke – schon eine Umgehungsroute, bevor der Stau in Reichweite kommt. Und selbst wenn der Chauffeur lieber dem eigenen Instinkt folgt, behält die Navigationshilfe ihre elektronische Ruhe und steht wieder treu zur Seite, sobald sich ein Fluchtweg vom verstopften Fahrweg bietet.

Was die Zukunftsmusik der CeBIT 2002 angeht, bahnt sich eine erste technische Symphonie an. Palmtop- oder Handheld-Computer, die mit GPS-Empfängern ausgerüstet sind, sollen – dem Handy gleich – bald auch per Schnellverschluss im Autocockpit angeschlossen werden können. Ihre Qualitäten können allerdings noch nicht mit denen speziell fürs Auto gebauter Einbaulösungen mithalten. Der Weg zu Multimedia auf vier Rädern jedoch, der steht schon in der Streckenkarte.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2002, Seite 14

 
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