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Der direkte Draht zum Patienten

Mobilfunkstrahlung ist ein in der Öffentlichkeit stark emotional diskutiertes Thema. Fachwissen spielt – auch in der Medienberichterstattung – oft eine untergeordnete Rolle. WiM fragt einen, der sich auskennt: Matthias Wuschek ist öffentlich bestellter Sachverständiger für das Fachgebiet „Elektromagnetische Umweltverträglichkeit“, lehrt Nachrichtenübertragungs- und Mobilfunktechnik an der Fachhochschule Deggendorf und ist derzeit u. a. mit der wissenschaftlichen Betreuung umfangreicher „Elektrosmog“-Messprogrmme der Umweltministerien von Bayern und Baden-Württemberg betraut.

Mobilfunk ist mehr als nur Telefonieren mit Handys. Viele Anwendungsbereiche dieser Technologie bieten vielfältigen Nutzen, der uns das tägliche Leben erleichtert, ja sogar auch Leben retten kann. In der Region Nürnberg sind zahlreiche Unternehmen in dieser Branche tätig. Zudem gibt es viele Unternehmen, die den Mobilfunk als Basis für ihre Produkte oder Dienstleistungen nutzen.

Nachsorge und Rehabilitation
Ein sehr innovatives und vor allem auch Nutzen bringendes Anwendungsfeld für den Mobilfunk ist die Datenübertragung für das Gesundheitswesen. Speziell im Bereich der Nachsorge und Rehabilitation bringt diese Kommunikations- und Übertragungsmöglichkeit mehr Lebensqualität für die Patienten. Außerdem werden die Behandlungskosten verringert, die Anwendungs- und Trainingsfrequenzen gesteigert und deutlich bessere Rehabilitationserfolge erzielt. Zudem ist eine individuelle Überwachung der Patienten zu deren Sicherheit möglich.

Den Beweis für diese Fakten hat eine Studie mit 60 Schlaganfall-Patienten im Großraum Nürnberg erbracht. In Zusammenarbeit mit der Fachklinik Herzogenaurach hat die Nürnberger Dr. Hein GmbH mit einem IT-basierten Therapiesystem die Wirkung von Tele-Rehabilitation in der häuslichen Nachsorge wissenschaftlich untersucht. Die Probanden litten vor allem unter Aufmerksamkeitsstörungen. Das Trainingssystem erlaubt die Anwendung in den eigenen vier Wänden und macht den Patienten unabhängig. Alle erforderlichen Einstellungen für die Übungen werden vom Arzt oder Therapeuten in der Klinik individuell auf die Anforderungen und die Leistungsfähigkeit des Patienten bzw. seiner Erkrankung abgeglichen. Die Rückmeldung an den Therapeuten oder Arzt über durchgeführte Übungen, die Leistung des Patienten sowie die entsprechenden gesundheitsspezifischen Daten übernimmt das Trainingssystem automatisch per Mobilfunk.

Neben der Nachsorge und der Rehabilitation erobert der Mobilfunk auch den medizinischen Bereich der Herzschrittmacher. Seit kurzem befinden sich die ersten Schrittmacherimplantate der Biotronik GmbH & Co. aus Berlin/Erlangen mit der so genannten Home Monitoring Funktionalität im klinischen Einsatz.

Mit Hilfe von Funkverbindungen zwischen dem Herzschrittmacher und der nachfolgenden Übertragung der Daten über das Mobilfunknetz gelangen so ohne Zutun des Patienten diagnostische Informationen zum behandelnden Arzt. Diese für Arzt und Patient höchst komfortable Art des Datentransfers eröffnet der Schrittmachertherapie neue und bislang unerreichbar scheinende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten.

Bislang werden wichtige Daten vom Speicher des Herzschrittmachers gesichert. Für jede Abfrage dieser diagnostischen Daten musste der Arzt den Patienten jedoch in seine Praxis bestellen. Durch die automatische Übertragung ausgewählter Parameter können die zeitaufwändigen Arztbesuche entfallen. Zudem unterstützt das Home Monitoring als ergänzendes Hilfsmittel nicht nur die klassische Therapie, sondern es eröffnet auch Perspektiven für neue Anwendungsfelder, die eine zeitnahe Überwachung des Patienten erfordern. So kann der Arzt negative Veränderungen bereits im Vorfeld erkennen und darauf reagieren. Einschneidende Ereignisse wie beispielsweise ein Herzinfarkt oder ein plötzlicher Herztod können so verhindert werden.

Erst die Technik des Mobilfunks ermöglicht den Einsatz des Home Monitorings. So lässt sich neben der Steigerung der Lebensqualität und der Sicherheit für die Patienten auch eine Steigerung der Effektivität und Qualität im Gesundheitswesen sowie eine wirkungsvolle Unterstützung des Arztes erreichen.

Anwendungen in der Logistik
Ein ganz anderes Anwendungsgebiet ist der allgemeine Straßenverkehr. Fragt man einen Transportunternehmer, ob er sich sein Geschäft noch ohne Handys vorstellen kann, so lautet die Antwort inzwischen eindeutig nein. Im Vordergrund des Nutzens stehen dabei eindeutig die Vorteile schneller Kommunikation, die dem Kunden zugute kommen. Durch die ständige Erreichbarkeit steigt die Flexibilität gegenüber den Kunden bis hin zum 24 Stunden-Service. Sollten vor Ort beim Beladen oder bei der Auslieferung Probleme auftauchen, können diese vielfach umgehend und bequem durch einen Anruf über das Mobiltelefon geklärt werden. Auch eine Verfolgung einzelner Güter gestaltet sich dank Mobilfunk problemlos. Der Fahrer des betreffenden Lkw ist ja ständig erreichbar. Durch eine exaktere Planung und die ständige Erreichbarkeit werden auch viele Leerfahrten vermieden. Dies verringert Kosten und kommt auch der Umwelt zugute. Last but not least hat ein Anruf beim Fahrer und ein so veranlasster kleiner Umweg für viele Kunden Zeit und Geld gespart.

Doch nicht nur für einzelne Transportunternehmer ist der Mobilfunk alltäglich. Er ist auch Basis für das Mautsystem, das ab Herbst 2003 in Deutschland für Lkws über zwölf Tonnen geplant ist. Bei der technischen Realisierung dieses Vorhabens ist mit dem Geschäftsbereich Car InterMedia System (CIS) der Grundig AG ist auch ein Unternehmen aus der Region Nürnberg als Lieferant beteiligt.

Bei dem „Toll Collect“ getauften System erfassen Einbaugeräte, die so genannten On Board Units, den Standort der Lkws mit Hilfe von Satellitennavigation. Aus den Daten der Position und den vorgegebenen Daten des Mautsystems erarbeiten die Geräte die für die Mautberechnung erforderlichen Informationen. Die Weitergabe dieser Daten erfolgt über Mobilfunk-Module, die vom Grundprinzip her einem Mobiltelefon ähnlich sind. Erst die Komponente Mobilfunk ermöglicht die automatische Erfassung der Maut. Der Mobilfunk stellt so die Voraussetzung für die direkte Abrechnung mit dem Systembetreiber dar.
„Für Grundig bedeutet der Auftrag einen wichtigen Meilenstein für den Aufbau des neuen Geschäftsfeldes Transport and Traffic und für die Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen im Bereich der Entwicklung“, erklärt Dr. Werner Saalfrank, Vorstand Entwicklung und Produktion der Grundig AG. „Nürnberg wird als High-Tech-Standort durch die Ansiedelung weiterer hoch qualifizierter Ingenieure gefördert. Für Grundig speziell bedeutet dies eine wesentliche Steigerung der technischen Kompetenzen“, so Saalfrank weiter. In den nächsten zwei Jahren sollen auf der Basis des Vertrages 400 000 Einheiten produziert werden.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2003, Seite 10

 
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