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Ausbildungsabgabe schadet weit mehr als sie nutzt

„Eine Ausbildungsabgabe ist nichts anderes als eine ‚Sondersteuer‘ für Betriebe: sie schadet mehr als sie nutzt“, erklärte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, zu den Regierungsplänen, ein zweistufiges Modell einer Ausbildungsabgabe einzuführen. Der Mittelstand werde bestraft, die Ausbildungsbereitschaft insgesamt sinke, die Ausbildung erfolge am Bedarf vorbei, werde praxisfern und perspektivlos. Deshalb sei jede Forderung nach einer Ausbildungsabgabe „ein fataler Trugschluss“. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn die IHKs den zu bildenden Fonds verwalten sollten. Das Zweistufenmodell – zunächst freiwilliger, dann obligatorischer Beitrag – sei nichts anderes als eine Mogelpackung.

Die Förderung der Ausbildungsbereitschaft der Betriebe müsse bei der Verbesserung der Standortbedingungen für Unternehmen in Deutschland ansetzen, so Braun. Dafür seien Kostenentlastungen entscheidend. Ausbildungsfähige Betriebe könnten zur Ausbildung nicht gezwungen, sie müssten gefördert, motiviert und überzeugt werden. Deshalb rufe er alle Unternehmen erneut auf, gerade auch im eigenen Interesse mehr Ausbildungsplätze bereitzustellen – auch über den eigenen Bedarf hinaus. Zur Mobilisierung weiterer Ausbildungsplätze hätten die IHKs eine breit angelegte Lehrstellenoffensive 2003 gestartet.


Nachteile einer Zwangsabgabe Ausbildung

Insolvenzrisiko steigt
Zahlreiche Unternehmen stehen bereits jetzt mit dem Rücken zur Wand. In einer Zeit von Rekordinsolvenzen (ca. 38 000 im letzten Jahr) können sich viele kleine und mittlere Unternehmen Ausbildung schlicht nicht mehr leisten. Eine zusätzliche finanzielle Belastung und zusätzlicher Verwaltungsaufwand würden das Insolvenzrisiko noch verschärfen. Damit würden weitere Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze gefährdet.

Ausbildungsbereitschaft sinkt
Die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe ginge zurück. Betriebe würden sich von der Ausbildung freikaufen, weil dies kurzfristig rationaler erschiene. Sie würden darauf vertrauen, dass nun andere ausbilden.

Ausbildung am Bedarf vorbei
Die derzeitige Ausbildung im dualen System ist bedarfsorientiert: Betriebe bilden aus, wo künftig Fachkräfte benötigt werden. Ein Modell, das sich an der Nachfrage der Schulabgänger orientiert, läuft am Bedarf vorbei und führt zu planwirtschaftlichem Denken.

Steigende Ungerechtigkeit
Eine Ausbildungsabgabe würde nicht mehr, sondern weniger Gerechtigkeit bringen. Viele Betriebe bieten Ausbildungsplätze an, finden aber keine geeigneten Bewerber. Andere Betriebe können auf Grund ihrer Spezialisierung nicht ausbilden. Die Ausbildungskosten, aber auch der Nutzen der Ausbildung variieren zudem nach Beruf, Branche und Region erheblich.

Praxisferne und perspektivlose Ausbildung
Es würden mehr außerbetriebliche Ausbildungsplätze entstehen, die kaum Beschäftigungschancen bieten. Die enge Verbindung von Bildungs- und Beschäftigungssystem - der besondere Vorteil des deutschen Ausbildungssystems - würde aufgehoben.

Beispiel Bauwirtschaft
Die Umlage ist bereits in der Praxis gescheitert. Trotz der in der Bauwirtschaft etablierten Ausbildungsumlage sank die Anzahl der neuen Ausbildungsverträge von 1994 bis 2002 von ca. 20 000 auf 9 000 und damit proportional zum Rückgang der Beschäftigten in der Bauwirtschaft.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2003, Seite 19

 
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