Finanzkrise der Stadt Nürnberg auf der einen Seite, wegweisende kulturpolitische Initiativen auf der anderen Seite. „WiM“ befragte Nürnbergs Kulturreferentin Prof. Dr. Julia Lehner, wie dieser Spagat gelingen und wie Nürnberg als Kultur- und Dürerstadt profiliert werden kann.
Die Flut der Bilder und Botschaften hat ihre Grenzen deutlich erreicht. Nicht zuletzt deshalb lassen Veröffentlichungen aufhorchen, in denen Kreativität als Wert an sich in Frage gestellt wird. Zur Streuung von „Werbung“ mögen bunte Bilder ausreichen, eine wirkliche Kommunikation mit den Zielpersonen werden sie nicht anstoßen. Hier ist die Zunft derer, die Werbung umsetzen – die Agenturen – gefordert, mehr zu tun als Produkte zu verkaufen. Sie müssen das Geschäft ihrer Kunden verstehen. Das heißt: deren Märkte, Vertriebswege, Mitarbeiter, Visionen und Tabus. Sie müssen tief hinein in die Welt nicht immer einfacher Strukturen, Kulturen und Kommunikationsbedürfnisse. Nur wer versteht, kann beraten. Nur wer berät, kann richtig umsetzen. Tim Delaney, Präsident des britischen Art Directors Club, formulierte es im Fachmagazin „Lürzer‘s Archiv“ so: „Ich denke, in der Geschäftswelt geht es um mehr als Kreativität… Die einzige Art, wie ich für irgendeinen Etat arbeiten kann, ist, dass ich das gesamte Geschäft verstehe.“
Der Effekt ist so einfach wie verblüffend. Wurde das Business des Kunden bis zu dessen Unternehmenskultur durchdrungen, wurde dem Kreationsprozess eine schlüssige Kommunikationsstrategie vorangestellt, dann ergeben sich – die notwendige Professionalität in der Umsetzung vorausgesetzt – in der Regel Ergebnisse, die ihre Zielpersonen wirklich erreichen. Nicht von ungefähr erzielen etwa Direct Mailings, die ein zentrales Problem der Zielgruppe inhaltlich und gestalterisch auf den Punkt bringen, hohe Response-Quoten. Nicht von ungefähr ergeben sich bei einem schlüssigen Zusammenspiel von Print- und Onlinewerbung überdurchschnittliche Hitraten. Und das auch in Branchen oder bei Geschäften, denen man ein eher distanziertes Verhältnis zur „Kommunikation“ unterstellen würde: etwa im Business-to-Business, wo es immerhin um Investitionsentscheidungen von beträchtlicher finanzieller Tragweite geht.
Um ein Missverständnis auszuschließen: Richtig durchdrungene Inhalte und durchdachte Konzepte ersetzen nicht das freie Spiel der Kreativität. Aber sie geben ihr Systematik, Substanz und Richtung. Beides gemeinsam – Ratio und Emotion – ergibt den Stoff, aus dem Erfolgsgeschichten geschrieben werden. Nicht zuletzt in einer Zeit, in der die umworbenen Zielgruppen sehr genau abwägen, wem sie ihr Vertrauen und ihr Geld geben wollen.
Bernhard Pluskwik