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Hoffnung auf Belebung, Sorge vor Werbebeschränkungen

Finanzkrise der Stadt Nürnberg auf der einen Seite, wegweisende kulturpolitische Initiativen auf der anderen Seite. „WiM“ befragte Nürnbergs Kulturreferentin Prof. Dr. Julia Lehner, wie dieser Spagat gelingen und wie Nürnberg als Kultur- und Dürerstadt profiliert werden kann.


In den vergangenen Monaten hat sich der Werbemarkt in Deutschland erholt. Mittlerweile spricht die Fachzeitschrift „werben und verkaufen“ (W&V) sogar von einem „sich fortsetzenden Aufwärtstrend“. Insgesamt habe der Markt ein Plus von 1,2 Prozent gegenüber den ersten sieben Monaten 2002 verzeichnet, wovon besonders Tageszeitungen (plus 10,4 Prozent) und Plakatwerbung (plus 12,7 Prozent) profitierten. Deutlich geringer fällt die Steigerung bei den Fernsehsendern aus, aber auch sie legten um 0,3 Prozent zu, berichtet W&V. Weiterhin Einbußen müssten Fachzeitschriften (minus 3,4 Prozent), Radio (minus 2,9 Prozent) und Publikumszeitschriften (minus 6 Prozent) hinnehmen.

Die Trendwende ist nicht nur für den Werbemarkt wichtig, meint Lutz E. Weidner vom deutschlandweit tätigen Kommunikationsverband, der auch in Nürnberg mit einem „Club“ vertreten ist. „Sonst entsteht eine Lücke in den Köpfen der Kunden, die zu schließen später sehr teuer wird, weil sie sich an das Produkt nach zu langer Werbeabstinenz nicht mehr erinnern.“ Abgezeichnet hat sich die Wende bereits im Vormonat, konnte aber nur zu vorsichtigem Optimismus Anlass geben. Das Plus der Tageszeitungen und der Plakatwerbung fiel weniger hoch aus, die Fernsehsender waren noch im Minus und bei Fachzeitschriften, Radio und Publikumszeitschriften war das Minus deutlicher als im August. Die Medien erwirtschaften mit der Verbreitung von Werbung einen wesentlichen Teil ihres Umsatzes und profitieren laut Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) mit durchschnittlich 70 Prozent an den gesamten Werbeinvestitionen. Entsprechend haben sie die Auswirkungen der Werberezession im letzten Jahr besonders zu spüren bekommen. 2002 verloren Zeitungen, Anzeigenblätter und Zeitschriften laut ZAW 10 Prozent ihrer Werbeeinnahmen, bei den elektronischen Medien betrugen die Verluste 11,5 Prozent.

Online-Werbung etabliert sich
Positiv verlief das vergangene Jahr lediglich für Werbung per Post und Werbung in Online-Diensten. Letztere legte um 22,7 Prozent zu und nahm damit erstmals beim Marktanteil am Werbegeschäft die Ein-Prozent-Hürde. Der Deutsche Multimedia Verband bescheinigt der Online-Werbung auch weiterhin ein großes Wachstumspotenzial. Allein im Vergleich zum ersten Halbjahr 2002 konnte sie um 19,7 Prozent zulegen. Auch für die kommenden Jahre rechnet der Verband, so W&V, mit einer durchschnittlichen Steigerung zwischen 15 und 20 Prozent. Im Juni lag der Anteil der Online-Werbung am Gesamtmarkt bei rund 1,5 Prozent.

Auch die Agenturen – in Mittelfranken gibt es alleine 276 in dieser Branche ins Handelsregister eingetragene Firmen – spürten die Flaute am Werbemarkt, und mussten Umsatzverluste von 1,8 Prozent verzeichnen. Dass diese nicht höher ausfielen lag laut ZAW vor allem daran, dass sie ihre Einnahmen nicht mehr nur über die Werbung in klassischen Medien erzielen, sondern zunehmend auch andere Beratungstätigkeiten wahrnehmen. Die Branche ist mittlerweile sehr spezialisiert: Es finden sich Agenturen für Öffentlichkeitsarbeit, Investor-Relations, Verkaufförderung, Sponsoring, Events, Messen und Ausstellungen. Diese strukturellen Veränderungen bedingen neue Kooperationsformen. „Die Kurzfristigkeit der Planungen ist extrem. Das erfordert von den Agenturen ein hohes Maß an Flexibilität und Variabilität“, erklärt Weidner. Die Agenturen arbeiten verstärkt zusammen, tauschen Spezialwissen aus, teilweise schließen sie sich zu Holdings zusammen.

Verhaltene Erwartungen
Der ZAW sieht ebenfalls punktuelle Lichtblicke wie verstärkte Werbeetats einzelner Unternehmen, aber für die nächsten Jahre keine „kräftigen Sprünge nach oben“. Nach der Stagnation 2001 und der Werberezession 2002 ist eine Prognose für das laufende Jahr auf Grund des gemischten Werbeverhaltens der Branchen schwierig. Von den 50 werbeintensivsten Wirtschaftsbereichen hätten 26 ein Plus bei ihren Werbeausgaben, dem stünden jedoch auch kräftige Reduzierungen gegenüber. Wie stark die Werbeetats schwanken, zeigen die beiden extremen Beispiele der Unternehmen Henkel und Ferrero. Der Lebensmittelhersteller Ferrero hat seine Ausgaben im ersten Halbjahr 2003 gegenüber dem Vorjahr um 14,5 Prozent gesenkt, so W&V, während der Waschmittel- und Kosmetikkonzern Henkel um 30,6 Prozent aufgestockt hat. Für Weidner ist es die richtige Strategie, die Situation auszunutzen. „Diejenigen, die sich von der konjunkturellen Situation nicht abschrecken lassen, haben jetzt bessere Chancen, mit ihrer Botschaft Gehör zu finden, als bei guter Konjunktur, wenn alle mehr oder weniger gleich stark werben. In letzter Zeit mussten sich die intensiv Werbenden die Aufmerksamkeit ihrer Zielgruppe nur mit wenigen anderen teilen.“ Die werbestärksten Branchen waren im letzten Jahr laut ZAW Massenmedien, Automarkt, Handelsorganisationen, Pharmazie Publikumswerbung, Schokolade und Süßwaren sowie Telekommunikation.

Gesetzliche Reglementierungen
Ein Problem sieht Christian G. Hirsch vom Kommunikationsverband Bayern BWF e.V. in den bei der EU-Kommission auf dem Tisch liegenden Richtlinien zur Werbebeschränkung. Dabei macht der Werbebranche nicht nur das immer wieder diskutierte Verbot der Tabak- und Alkoholwerbung zu schaffen. Der EU-Verbraucherkommissar will irreführende Werbung bei Lebensmitteln verbieten. Als irreführend gelten dabei Zusätze wie „unterstützt das Immunsystem“, „reinigt den Organismus“ und „stärkt die Abwehrkräfte“. Solche Zusätze sollen künftig von den Lebensmittelherstellern nachgewiesen werden. Zusätze wie „bewahrt jugendliches Aussehen“ oder „verbessert das Gedächtnis“ sollen ganz verboten werden. Auch sollen klare Vorschriften für Slogans wie „Zucker reduziert“ und „fettfrei“ vorgelegt werden. Vor bürokratischen Auswüchsen bei den geplanten EU-Regelungen warnt der Kommunikationsverband. „Wenn die Vorlagen so umgesetzt werden, hätte das nicht nur Einfluss auf die Konsumgewohnheiten der Menschen, sondern sie stellten ganz klar auch ein Werbehemmnis dar“, kritisiert Hirsch.

Gutes Image
In jedem Fall positiv ist das Image der Werbung in Deutschland: Die Fachzeitschrift Horizont meldet, dass nur 4,7 Prozent der Deutschen der Meinung seien, das Leben wäre ohne Werbung schöner, und schließt daraus, dass umgekehrt 95,3 Prozent Werbung akzeptieren. Laut ZAW bestätigen 53 Prozent der Bürger ab 14 Jahren die Nützlichkeit der Werbung durch Hinweise auf neue Produkte, 44 Prozent schätzen sie als hilfreich für den Verbraucher ein.

wb.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2003, Seite 8

 
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