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Emissionshandel als neues Instrument im Klimaschutz

 

Die Europäische Union setzt ab Anfang 2005 auf den Emissionshandel als neues marktorientiertes Instrument, um die globale Herausforderung des Klimaschutzes zu bestehen. Für die Umsetzung in Deutschland forderte IHK-Präsident Hans-Peter Schmidt auf dem „Umweltforum Nordbayern“ eine gerechte Lastenverteilung sowie eine Anrechnung grenzüberschreitender Investitionen von Unternehmen. Hauptziel des Emissionshandels müsse zunächst die Verhütung von Umweltschäden und in einem zweiten, späteren Schritt die Schadensminderung sein. Auf dem Umweltforum – einer Kooperationsveranstaltung der nordbayerischen IHKs Nürnberg, Bayreuth, Coburg, Würzburg und Regensburg – diskutierten 130 Teilnehmer die Folgen der Klimaveränderung, geeignete Maßnahmen zur Gegensteuerung sowie Möglichkeiten der Umsetzung in Unternehmen.

Bis zum Ende dieses Jahrhunderts wird die Durchschnittstemperatur wahrscheinlich um weitere 1,5 bis 5,8 Grad Celsius steigen. Professor Dr. Wolfgang Seiler, Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung in Garmisch-Partenkirchen, wies auf die Folgen dieses Anstiegs für Süddeutschland hin. Im Gegensatz zum globalen Trend würden hier die Niederschlagsmengen um bis zu zehn Prozent zurückgehen und sich jahreszeitlich erheblich verschieben. Als Folgen würden meteorologische Extremereignisse wie Dürren, Hagel und Stürme und im Winter bzw. Frühjahr auch Hochwasser an Zahl und Intensität zunehmen.

Vor diesem Hintergrund dürfe sich, so Seiler, der Klimaschutz nicht nur auf Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase beschränken, sondern müsse zunehmend auch Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen der zu erwartenden Klimaänderung – wie z. B. Hochwasserschutz – umfassen. Noch gar nicht absehbar seien die sozialen Folgen, etwa wenn Menschen durch die Folgen der Klimaveränderung zu Flüchtlingen werden. Trotz dieses Szenarios machte Seiler, der die Kyoto-Vereinbarung nur als einen „ersten Trippelschritt“ beim Klimaschutz bezeichnete, aber auch Hoffnung: Die Industriestaaten müssten ihre CO2-Emissionen in den nächsten Jahrzehnten um 80 Prozent reduzieren. „Das ist keine Vision, sondern machbar. Jede Wette“, so der Klimaforscher.

Investitionen im Ausland anrechnen
Der Handel mit Emissionsrechten kann dazu beitragen, dass Reduktionen von Treibhausgasen so kostengünstig wie möglich erreicht werden. Voraussetzung sei, so IHK-Präsident Hans-Peter Schmidt, dass grenzüberschreitende Klimaschutz-Investitionen angerechnet werden. Dies sei umso dringender, als effiziente Klimaschutz-Investitionen in Deutschland größtenteils bereits umgesetzt worden seien – im Gegensatz zu den anderen Staaten. Die Industrie habe maßgeblich dazu beigetragen, dass Deutschland seine international vereinbarten Minderungsziele jetzt schon fast erreicht habe. Diese außerordentlichen Vorleistungen müssten anerkannt werden, indem die Unternehmen bedarfsgerecht mit Emissionszertifikaten ausgestattet werden. In der ersten Handelsphase sind in Nordbayern knapp 200 Unternehmen bzw. Anlagen mit vielen tausend Arbeitsplätzen vom Emissionshandel betroffen.

Dr. Joachim Ehrenberg von der EU-Kommission erläuterte die rechtlichen Grundlagen zum Emissionshandel und unterstrich, dass die erste Handelsphase zwischen 2005 und 2007 genutzt werden sollte, um Erfahrungen mit diesem Instrument zu sammeln. In der eigentlichen Kyoto-Periode von 2008 bis 2012 hätten die Mitgliedsstaaten dann die Möglichkeit, ihre Verpflichtungen effizient umzusetzen.

Der Freistaat Bayern setzt auf kooperative Lösungen mit der Wirtschaft. Dr. Heinz Fischer-Heidlberger, Amtschef des Bayerischen Umweltministeriums, skizzierte als Beispiel den „Klimadialog Bayern“, in dem u. a. ein freiwilliges CO2-Monitoringsystem für Betriebe aufgebaut wurde.

Wirtschaftliche Chancen durch EU-Osterweiterung
Simone Probst, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, betonte den hohen Stellenwert der Umweltpolitik bei der EU-Osterweiterung: „Die EU-Erweiterung sollte als Chance für die Wirtschaft gesehen werden, das Know-how an deutscher Umwelttechnik zum Einsatz zu bringen und der Wirtschaft neue Märkte in Mittel- und Osteuropa zu erschließen.“ Dies hob auch IHK-Präsident Schmidt aus Sicht der Region Nürnberg hervor: Da die neuen Mitgliedsstaaten knapp 80 Mrd. Euro investieren müssten, um ihre Umweltstandards auf EU-Niveau anzuheben, eröffneten sich für die mittelfränkische Wirtschaft sehr gute Marktchancen. Die Themen Umwelt- und Klimaschutz seien für Nordbayern von großer wirtschaftlicher Bedeutung: Allein in der Region Nürnberg seien über 1 000 Unternehmen mit rund 60 000 Mitarbeitern in den Bereichen Energie und Umwelt tätig. Im Bereich der effizienten Energietechnologien sei die Region Nürnberg die unangefochtene Nummer eins in Deutschland.

bec./kü.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2004, Seite 22

 
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