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Zeit - Bremse oder Motor des Konsums?

Jeder dritte Erwachsene in Deutschland klagt über einen Mangel an Zeit. So hat sich auch eine neue, höchst interessante Zielgruppe – die „Zeitsparer“ – entwickelt. Die diesjährige GfK-Tagung, zu der Ende Juli rund 500 Marketing-Experten nach Nürnberg gekommen waren, behandelte den Zusammenhang von Zeitknappheit und Konsum. „Die einen werden Geld ausgeben, um Zeit zu gewinnen, die anderen wenden Zeit auf, um Geld zu sparen“, lautet eine zentrale These der Zukunftsforscher.

Professor Dr. Christa Wehner vom Fachbereich Markt- und Kommunikationsforschung der Fachhochschule Pforzheim referierte die Ergebnisse einer aktuellen GfK-Studie. Sie unterscheidet drei Gruppen: die Zeitarmen oder auch Zeitsparer (36 Prozent), die Zeitreichen (27 Prozent) und die Zeitbefriedigten (37 Prozent). Zeitnot – so Wehner – scheint eher ein weibliches Problem zu sein, denn die Frauen sind mit 58 Prozent bei den Zeitarmen klar in der Mehrheit. Auch finden sich in dieser Gruppe überdurchschnittlich viele Vollzeit-Berufstätige und Mitglieder aus großen Haushalten. Sie sind meist jünger, gut verdienend, vielseitig interessiert und sowohl konsum- als auch innovationsfreudig. In der alltäglichen Bedarfsdeckung unterscheiden sich Zeitarme und Zeitreiche nur wenig: So investieren beide Gruppen etwa gleich viel Zeit, drei bis vier Stunden pro Woche, in den Einkauf von Lebensmitteln, Getränken und Kosmetik. Beim Erlebniskonsum, dem Einkaufen als Freizeitbeschäftigung, haben sich offensichtlich die Präferenzen der Konsumenten verschoben. Obwohl vielen Frauen das Einkaufen Spaß bereitet, verbringt die Mehrzahl von ihnen heute deutlich weniger Zeit damit als vor fünf Jahren.

Mega-Trend Convenience
Dr. h.c. August Oetker, Vorsitzender der Geschäftsführung Oetker International GmbH, widmete sich den Zeit sparenden Gütern, den so genannten Convenience-Produkten. Bereits seit Beginn der 90er Jahre fänden Jahr für Jahr mehr Verbraucher Gefallen an diesen Produkten. Auch die Markenartikler seien gezwungen, ihre Produkte den Bedürfnissen der „Zeitsparer“ anzupassen, ohne ihre hohe Qualität zu verlieren. Anhand von Convenience-Produkten aus dem Hause Dr. Oetker – vom Backpulver bis zur Tiefkühlpizza – zeigte der Referent, wie sich Hersteller dieser Herausforderung im Laufe der Jahrzehnte erfolgreich stellten.

Werbetrends: Kreativ und online
Dr. Peter Haller, Geschäftsführer von Serviceplan, Agenturgruppe für innovative Kommunikation, München, beschäftigte sich mit neuartigen Kommunikationsstrategien für zeitknappe, aber einkommensstarke Konsumenten. Es sei eine Verfolgerstrategie notwendig, die nicht die Häufigkeit von Werbemaßnahmen in den Vordergrund stellt, sondern deren Allgegenwart. Da „zeitknappe“ Verbraucher überdurchschnittlich häufig Internet-Nutzer und zugleich Online-Shopper sind, plädierte Haller außerdem dafür, die bislang unterschätzte Online-Werbung stärker zu gewichten. Darüber hinaus verspreche Werbung für Innovationen einen größeren Erfolg als Werbung für bestehende Produkte. Haller sprach schließlich den so genannten „Creative Media“ das Wort, z.B. neuen Werbeformen, bei denen der Konsument durch SMS-Botschaften eine Werbefläche beeinflussen kann.

Den Abschluss der Tagung bildete eine Diskussionsrunde, die von Tagesthemen-Moderatorin Anne Will geleitet wurde. Neben den Vortragsreferenten war Dr. Klaus L. Wübbenhorst, Vorsitzender des Vorstands der GfK AG, mit auf dem Podium. Er bezeichnete Zeit als einen interessanten, aber nicht allein entscheidenden Faktor, der das Konsumverhalten beeinflusst. Wichtiger seien, so Wübbenhorst, die volkswirtschaftlichen und psychologischen Momente. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und niedrigen Wirtschaftswachstums gebe der Verbraucher weniger Geld aus. Deshalb sei die Konjunkturbelebung die wichtigste Aufgabe, um Kaufzurückhaltung nachhaltig zu überwinden.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 08|2004, Seite 42

 
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