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Flüssig bleiben

Die Spielwarenmesse International Toy Fair Nürnberg gilt nach wie vor mit Abstand als die weltweit führende Branchenveranstaltung. Aber ein Selbstläufer ist sie deshalb nicht. WiM fragte den seit zwei Jahren amtierenden Genossenschafts-Chef Ernst Kick nach seinen Strategien.

Factoring kann helfen, die flüssigen Mittel zu erhöhen. Bei dieser Finanzierungsform kauft die Bank oder ein spezieller Dienstleister („Factor“) dem Unternehmer („Factoring-Nehmer“) die Forderungen sofort ab, wenn die Rechnung gestellt ist. Nur zehn bis 15 Prozent des Betrags behält der Factor anfangs zurück, um Skonti und Mängelrügen auszugleichen. Wann der Kunde die Rechnung zahlt, kann dem Unternehmer meist egal sein: Der Factor übernimmt die Debitoren-Buchhaltung, überwacht also die Überweisungen und schreibt die Mahnungen. Selbst wenn der Kunde gar nicht zahlt, darf der Factoring-Nehmer das Geld meist behalten, denn normalerweise gehört eine Ausfallversicherung zum Vertrag. Für diese Leistungen verlangt der Factor nach Angaben des Deutschen Factoring-Verbands zwischen 0,8 und 2,5 Prozent vom Rechnungsbetrag plus Zinsen für das geliehene Geld. Manchmal kommen noch Prämien für die Ausfallversicherung dazu.

Der Sinn des Ganzen: Factoring erleichtert Unternehmen die Finanzierung. In der Bilanz gilt eine verkaufte Forderung nämlich nicht als Kredit, sondern als bezahlte Rechnung. Die Folge: Die Bilanz verkürzt sich, die Eigenkapitalquote wächst – und das freut die Bank. Die muss nämlich nach den neuen Richtlinien des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht („Basel II“) stärker darauf achten, ob ein Kredit gut gesichert ist. Hat eine Firma viel Eigenkapital und wenig Schulden, so kosten neue Kredite nur wenig Zins.

Dieses Instrument kannten die alten Iraker schon vor 5 000 Jahren. In der westlichen Wirtschaft tauchte es erst vor rund 60 Jahren auf. Damals gründeten sich in den USA die ersten Factoring-Institute. Die hatten europäische Textilhändler als Kunden. Denn deren Geld floss nur langsam über den Großen Teich, und die Europäer konnten vom alten Kontinent aus nur schlecht beurteilen, wie zahlungskräftig ihre Abnehmer in der Neuen Welt waren. 1958 gab es den ersten Factor in Deutschland. Seither wächst das Geschäft ununterbrochen, im Bereich des Deutschen Factoring-Verbands zwischen 2002 und 2003 um 16 Prozent. Trotzdem haben die Factoring-Institute bis jetzt nur wenige Kunden: Nur vier Prozent der deutschen Mittelständler nutzen Factoring.

Wann lohnt sich Factoring?
Der Rechnungs-Verkauf rechnet sich allerdings auch nicht für jede Firma. Denn die Factors prüfen die Bonität von jedem einzelnen Kunden, dessen Rechnung sie kaufen sollen. Am besten geeignet ist Factoring darum für Unternehmen mit vielen Stammkunden. Diese Kunden sollten Firmen sein und pro Jahr mindestens eine Mio. Euro Umsatz liefern. Großhändler, Hersteller und Dienstleister haben es als Factoring-Nehmer also am einfachsten.

Aber nicht, wenn sie kurz vor der Pleite stehen. „Factoring wird manchmal mit einem Sanierungsinstrument verwechselt und zu spät in Anspruch genommen“, sagt die stellvertretende Geschäftsführerin des Factoring-Verbands, Barbara Samuelsen. Doch die Factoring-Institute suchten sich ihre Kunden genau aus. Nur gesunde Unternehmen erhielten einen Vertrag. Dass sich das mittlerweile herumgesprochen hat, ist wichtig für die Unternehmen, die ihre Forderungen verkaufen wollen. Denn in Deutschland ist „offenes Factoring“ üblich: Dabei teilt der Lieferant seinem Abnehmer mit, dass die Forderung an einen Factor verkauft ist und bittet ihn, auf dessen Konto zu überweisen. Früher verstanden das viele Kunden als Zeichen dafür, dass der Lieferant kurz vor der Pleite steht. Heute seien solche Vorgänge zum Beispiel in der Möbelbranche ganz normal, sagt der Stuttgarter Finanzierungs-Professor Henry Schäfer.

Schäfer weist aber auf andere Fallstricke hin. Beim „Full Factoring“, bei dem der Factor das Debitoren-Management mit übernimmt, werde der Unternehmer zwangsläufig von seinem Factor abhängig. Außerdem werde die Kundenpflege schwieriger. „Wenn ein sonst guter Kunde mal nicht zahlen kann, und man schreibt die Mahnungen selbst, dann kann man ihn das Zahlungsziel mal überschreiten lassen. Einen Factor interessiert das aber nicht, der drängt mit Recht auf Zahlung. Das könnte den Kunden verärgern.“ Doch wenn Firmen darauf achteten, sei Factoring „ein sehr zeitnahes und kostengünstiges Forderungsmanagement“.

Patrick Bernau
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2004, Seite 8

 
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