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Poly IC

Funkchips aus der Druckmaschine

„Wir entwickeln gedruckte Elektronik.“ So umschreibt Wolfgang Clemens von der Fürther Poly IC GmbH & Co. KG die Forschungsarbeit des Technologieunternehmens. Die 2003 gegründete Firma konnte dank immenser technischer Fortschritte bereits die weltweit ersten polymeren RFID-Etiketten präsentieren, die aus neuartigen Materialien bestehen.

Das Kürzel RFID steht für den globalen Standard „Radio Frequency Identification“, der in der internationalen Logistik und Beschaffung Furore gemacht hat. Mit den kleinen Funkchips lassen sich Transportweg und Standort von Waren im Großlager oder Warenregal identifizieren und automatisieren. Die herkömmliche Elektronik eines Funkchips kostet zurzeit noch zehn bis 30 Cent – zu teuer, wenn man von der Bestückung von Paletten oder Paketen auf einzelne Produkte wie Milchflaschen oder Jogurtbecher umsteigen will. „Bei diesen Gütern kommt es auf jeden Cent oder sogar auf jeden Zehntel Cent an.“

Beim Funkchip aus der Druckmaschine darf sich die Poly IC, eine Tochter des Fürther Familienunternehmens Leonhard Kurz und der Siemens AG, gute Geschäfte erhoffen: Das Marktpotenzial für gedruckte Elektronik-Applikationen wurde von einer britischen Studie auf 30 Mrd. Euro im Jahr 2015 beziffert. Und auch Fürths Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung ist stolz auf die Spitzeninnovation aus der Kleeblattstadt: Patente, Produktion und ein weltweiter Vertrieb böten enorme Chancen. Und Fürths Wirtschaftsreferent Horst Müller hat sogar schon ein RFID-Kompetenzzentrum in der Metropolregion vor Augen. Eine Vorstudie bestätige seine Einschätzung, die Hauptstudie – die derzeit in Arbeit ist – werde die vorhandene Kompetenz in den regionalen Unternehmen noch stärker hervorheben und Nutzungspotenziale aufzeigen. Man wolle nicht wieder den typisch deutschen Fehler machen wie bei der Fax-Technologie oder dem Musikformat mp3: Beides in Deutschland erfunden, aber im Ausland in nützliche Produkte und Erfolgsschlager umgemünzt.

Tatsächlich besteht schon heute an der nahezu universellen Einsetzbarkeit der gedruckten Funkchips kein Zweifel. Bereits die herkömmlichen Siliziumchips haben Eingang in den Verbraucheralltag gefunden; im Fürther Playmobil-Stadion wurden sie erstmals auf Eintrittskarten für ein Fußballspiel verwendet. Der Zugang bei japanischen U-Bahnen ist beispielsweise auf diese Art automatisiert worden. Handelsriesen tüfteln an marktfähigen Lösungen, um etwa im Weinregal einen Kaufimpuls zu geben: Der Chip auf der Weinflasche könnte Kunden nicht nur über Herkunft und Geschmack informieren, sondern auch über die optimale Trinktemperatur oder das passende Essen zum Rebensaft, erläutert Clemens.

Der Funkchip aus der Druckmaschine könnte den Alltag revolutionieren: Kein Warten mehr in der Stadtbibliothek, weil die Mitarbeiter nur noch beraten und die Ausleihe von den Lesern selbst erledigt wird. Gleiches gilt für den Supermarkt. Die Kartenkontrolle in Kinos, bei Konzerten oder in öffentlichen Verkehrsmitteln könnte Geschichte sein. Bei abgepackten Lebensmitteln würde der Chip vor dem bevorstehenden Verfallsdatum warnen, Produktpiraterie könnte weltweit eingedämmt werden. Auch die Pharmaindustrie könnte ihre Medikamente in Apotheke oder Krankenhaus lückenlos zurückverfolgen.

Zuvor allerdings muss noch einiges getan werden, erklärt Poly IC-Chef Wolfgang Mildner. „Mit der ersten Demonstration eines zukünftigen Produkts mit organischer Elektronik haben wir gezeigt, dass die Performance der heute verfügbaren Materialien ausreicht, um erste standardisierbare Funketiketten herzustellen.“ Nun müssten die Produktionsverfahren für diese Technologie weiter optimiert werden, um eine Massenproduktion zu erreichen. Gedruckt wird auf eine Standardfolie aus Polyester (PET), die heute beispielsweise als Verpackung vielfältig verwendet wird.

Aktuell untersucht Poly IC gemeinsam mit den Muttergesellschaften Leonhard Kurz und Siemens, aber auch mit der Bundesdruckerei und mit Lufthansa die konkreten Einsatzfelder für Logistikanwendungen in der Luftfahrt, für Tickets und im Sicherheitsbereich. „Diese Technologie ist eine komplexe Geschichte“, so Clement. Wissenschaftler, Ingenieure und Unternehmer sind bei dieser Nanotechnologie vielseitig gefragt. So kooperiert Poly IC bei den Hightech-Kunststoffen mit Partnern aus der Chemiebranche. Gefragt seien aber auch hoch spezialisierte Firmen, die etwa die technische Infrastruktur voranbringen, und natürlich innovative Kundenunternehmen, die diese Technologie frühzeitig einsetzen wollen.

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2006, Seite 74

 
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