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Euro-Höhenflug und die Folgen

Außenwirtschaftlich orientierte Unternehmen sollten sich gegen Währungsschwankungen absichern.

An immer neue historische Höchststände des Euro haben sich die Märkte fast schon gewöhnt. Experten sind sich darin einig, dass das Ende noch nicht erreicht ist. Im Jahresverlauf dürfte der Euro gegenüber dem Dollar phasenweise weiter zulegen.

Dahinter stecken nach Expertenmeinung vor allem deutliche Unterschiede beim Wirtschaftswachstum in den USA und in Europa. Mit 1,3 Prozent war das Wachstum im ersten Quartal 2007 in den Staaten das niedrigste seit vier Jahren. Nach zehnmonatiger Zinspause könnte in Amerika sogar eine Leitzinssenkung anstehen. Demgegenüber glänzt Europa mit ansehnlichen Wachstumsraten in der EU, die damit einhergehenden Lohn- und Preissteigerungen sprechen für eine Leitzinsanhebung in Europa im Juni um 0,25 Prozentpunkte auf dann 4,00 Prozent.

Die Wertpapiermaklerfirma Fairtrade Finance AG unterstreicht in diesem Zusammenhang, dass die Geldmenge M3, die die Geldversorgung der Wirtschaft beschreibt, im März dieses Jahres mit einer Jahreswachstumsrate von 10,9 Prozent gestiegen ist. Dies könnte nach der als sicher geltenden Leitzinsanhebung im Juni auf einen weiteren Zinsschritt der Europäischen Zentralbank (EZB) noch in diesem Jahr auf dann 4,25 Prozent hindeuten. Die gegenläufige Zinsentwicklung in Amerika und Europa dürfte dem Euro weiteren Auftrieb geben. Denn bei höheren Zinsen wird eine Währung tendenziell attraktiver, ihr Kurs wird daher steigen.

Die wirtschaftliche Stärke Europas führt darüber hinaus dazu, dass die Notenbanken von immer mehr Ländern ihre Devisenreserven nicht mehr nur in US-Dollar halten, sondern dass sie zunehmend auf den Euro setzen. Das stärkt die Einheitswährung zusätzlich auch gegenüber Währungen wie dem japanischen Yen, dem britischen Pfund und dem Schweizer Franken.

Nach Einschätzung von Günther van Eesbeeck, Firmenkundenexperte bei der Sparkasse Nürnberg, sind „gerade die kleineren und mittelständischen Firmen derzeit noch nicht ausreichend in punkto Finanzrisiko aufgestellt.“ Eesbeeck: „Viele sehen ihre Risiken eher auf den Beschaffungsmärkten, weniger im Absatz oder auf der Finanzierungsseite, obwohl gerade das Wechselkurs- und Zinsänderungsrisiko oftmals existenzielle Folgen haben kann.“ Die Fachleute der Deutschen Bank in Mittelfranken meinen, dass der Grad der Absicherung bei den einzelnen Unternehmen sehr unterschiedlich sei. Eine Sprecherin der Deutschen Bank: „Der überwiegende Teil der Exporteure hat z.B. nur rund 30 Prozent der vom US-Dollar abhängigen Aufträge gesichert. Im Rückblick liegt diese Sicherungsquote angesichts der eingetretenen Schwäche des US-Dollar sicherlich eher zu niedrig.“

Differenz von Exporten und Importen entscheidend
Nach Aussage von Dr. Udo Raab, Volkswirt bei der Nürnberger IHK, sollte aber nicht allein die Höhe der Exporte über die Absicherung entscheiden. Vielmehr komme es auf die Differenz aus Exporten und Importen an, die in einer bestimmten Währung abgewickelt werden. Nur dieser Wert ergebe eine Aussage über das tatsächliche Währungsrisiko: Denn eventuellen Nachteilen beim Verkauf (ins Ausland exportierte Waren werden durch einen höheren Euro-Dollar-Kurs für die Auslandskunden teurer) stehen Vorteile beim Einkauf gegenüber (Einkaufspreise für Rohstoffe, Energie, Industrieerzeugnisse usw. sinken).

Als solide Basis für ein zeitgemäßes Risikomanagement im Währungsbereich schlägt die Deutsche Bank vor, „die Risiken zunächst einmal zu quantifizieren, um damit die Auswirkungen auf die Unternehmensentwicklung abschätzen zu können“. Ausgangspunkt dafür ist in der Regel die Analyse des Cash Flow, mit Hilfe einer Risikomesszahl, z.B. dem Value at Risk, lassen sich Ausmaß und Handlungsbedarf festlegen.

Die Firmenkundenbetreuer der Banken und Sparkassen haben sich bereits auf eine verstärkte Nachfrage nach Derivaten und strukturierten Finanzprodukten eingestellt, damit Unternehmen flexibel auf Zins- und Währungsveränderungen reagieren können.

Zahlreiche Absicherungsmöglichkeiten
Die Schwerpunkte des Geschäfts liegen bei allen Instituten bei klassischen Devisentermingeschäften und im Zinsbereich häufig bei der Absicherung einer Obergrenze. Bei der Deutschen Bank haben Firmenkundenbetreuer eine intensivere Nachfrage nach strukturierten Sicherungsinstrumenten festgestellt, die sich aus Termin-, Options- und Swapgeschäften zusammensetzen und dem Unternehmen die Sicherheit eines festen Kalkulationskurses bieten. Die Absicherung ist gekoppelt mit der Chance, an einer möglichen Kursverbesserung zu partizipieren. Die Sprecherin der Deutschen Bank betont: „Damit kann der Unternehmer seinen Einstandskurs verbessern, falls die Märkte in naher Zukunft für ihn laufen. Er schafft sich damit zusätzliche Flexibilität, die angesichts des enormen Preisdrucks auf den Absatzmärkten immer wichtiger wird.“

Grundlage aller klassischen Devisenhandelsinstrumente ist das Kassageschäft, das mit dem direkten Tausch „Währung gegen Währung" auf zweitägige Valuta das Währungsrisiko schlechthin verkörpert. Um Chancen zu wahren und Risiken überwachen zu können, bieten Kreditinstitute die Möglichkeit, über die Erteilung eines verbindlichen Limits 24 Stunden täglich ihre Interessen auf den Devisenmärkten zu überwachen. Dazu gehören Kauf- bzw. Verkauforder, also Aufträge, einen festgelegten Betrag einer Währung zu einem festgelegten Kurs zu kaufen oder zu verkaufen. Wird der vorher vereinbarte Kurs zu irgendeinem Zeitpunkt erreicht, gelangt die Order automatisch zur Ausführung. Bei einer Stop-Loss-Order handelt es sich um einen Auftrag, einen festgelegten Betrag einer Währung zu kaufen, wenn ein festgelegter Kurs zu irgendeinem Zeitpunkt überschritten wird, oder zu verkaufen, wenn ein festgelegter Kurs zu irgendeinem Zeitpunkt unterschritten wird. Die Ausführung erfolgt auf den nächsten handelbaren Marktpreis, wodurch eine weitere negative Entwicklung für den Kunden ausgeschlossen wird.

Das Outright-Geschäft als klassisches Absicherungsinstrument passt die Valuta des Kassageschäftes an die Bedürfnisse des Kunden an. Die Finanzierung des Valutenunterschiedes wird dabei mit Hilfe der Geldmärkte als Aufschlag bzw. Abschlag auf den Kassakurs gerechnet.

Der Swap dient dazu, einen Valutenausgleich bei Über- oder Unterdeckung in einer Fremdwährung zu schaffen. Dabei wird die Zinsdifferenz zwischen den beteiligten Währungen (die Finanzierungskosten des Valutentauschs) als Auf- bzw. Abschlag auf den Kassakurs berechnet.

Die Kreditaufnahme bzw. Anlage in Fremdwährung ermöglicht die Ausnutzung von internationalen Zinsdifferenzen. Das entstehende Währungsrisiko kann bewusst (spekulativ) offengelassen werden oder bei Bedarf durch die Kombination mit Absicherungsinstrumenten während der Laufzeit gesichert werden.

Noch immer sehen die Experten der Kreditwirtschaft in der systematischen Ausrichtung der Sicherungsstrategien im Zins- und Währungsbereich erheblichen Nachholbedarf. Günther van Eesbeeck schlägt vor: „Sofern ein Unternehmen noch kein qualifiziertes Risk-Management implementiert hat, sollte es schnellstens darüber nachdenken und am besten mit seinem Betreuer darüber reden.“ Die notwendigen Absicherungsinstrumente halten alle Kreditinstitute in der mittelfränkischen Region bereit.

Autor/in: 
hpw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2007, Seite 22

 
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