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Zeitbombe in den Bilanzen

Durch die internationalen Rechnungslegungs-Standards ändert sich die Bewertung der Pensionsverpflichtungen grundlegend.

Früher galten Pensionsrückstellungen als günstige Quelle für die Innenfinanzierung. Doch die oft mangelhafte Finanzierung von Pensionsverpflichtungen, droht heute zu einer Gefahr für den Mittelstand zu werden. Bis heute werden Versorgungszusagen in Unternehmen als liquiditätsschonendes Steuersparmodell und als Altersversorgung zugleich installiert.

Jedes zweite Unternehmen, das Mitarbeitern eine Betriebsrente gewährt, hat seine Pensionsrückstellungen nicht einmal zu 25 Prozent ausfinanziert. Zu diesem Ergebnis kommt eine bundesweite Bestandsaufnahme über Pensionsrückstellungen bei deutschen Unternehmen, die von der Deutschen Gesellschaft für Qualität e.V., der forum! Marktforschung und der Beratungsgesellschaft PensionCapital unlängst vorgelegt wurde.

Die demografische Veränderung, die die gesetzlichen Sozialversicherungssysteme vor schwierige Aufgaben stellt, hat in den meisten Unternehmen bereits stattgefunden. Häufig beschäftigen inländische Unternehmen deutlich weniger Mitarbeiter als noch vor einigen Jahren. Nicht selten sind in der Beratungspraxis Unternehmen anzutreffen, bei denen die Anzahl der Betriebsrentner die der aktiven Belegschaft um ein Vielfaches übersteigt. Ein Mitarbeiter muss oftmals für drei bis sieben Betriebsrentner „aufkommen“, ohne dabei selbst einen Anspruch auf eine vom Arbeitgeber finanzierte Betriebsrente zu erwerben.

Gerade bei den mittelständischen Unternehmen ist der Beratungsbedarf zum Thema Pensionsrückstellungen groß. Die Studie zeigt, dass in den Unternehmen eine große Unsicherheit beim Umgang mit dem Thema herrscht. Die daraus resultierende fehlende Strategie führt häufig zu irrationalem Handeln, Risiken werden unterschätzt.

Probleme beim Unternehmensverkauf
So erschweren oder verhindern nicht gedeckte Pensionsverpflichtungen den Verkauf von Unternehmen bzw. von Unternehmensteilen. Der früher übliche Abzug der Pensionsrückstellungen vom Kaufpreis wird durch den Ansatz nach internationalen Bilanzierungsregeln oder die Kosten der Übertragung (z.B. auf ein Versicherungsunternehmen) abgelöst.

Alleine aufgrund der unterschiedlichen Bewertungsansätze und Rechnungsgrundlagen erhöhen sich die Verpflichtungen in der Regel um 25 bis 50 Prozent. Entsprechend geringer ist dann der Unternehmenswert zu veranschlagen. Für viele Eigentümer-Unternehmer ist dann die Enttäuschung groß, so manche persönliche Lebensplanung gerät plötzlich ins Wanken.

Wurden in der Vergangenheit Pensionsrückstellungen in der Bilanz des Unternehmens von den Kreditinstituten tendenziell dem Eigenkapital zugeordnet, so hat sich diese Sichtweise grundlegend geändert. Die sich verbreitende und künftig sogar vorgeschriebene Anwendung internationaler Bilanzierungsrichtlinien (IFRS, US-GAAP) führt zu einer grundsätzlich anderen Bewertung von Pensionsverpflichtungen. Als Folge dieses Kurswechsels und der strengeren Anwendung der Basel II-Kriterien werden bestimmte Bilanzpositionen heute mit völlig anderen Maßstäben analysiert und bewertet. Nur bedingt kalkulierbare Risiken, die nicht durch entsprechende Aktiva gedeckt sind, beeinträchtigen das Rating und ziehen schlechtere Finanzierungskonditionen nach sich.

Unternehmen mit hohen, nicht ausfinanzierten Pensionsrückstellungen laufen daher Gefahr, bei der Kapitalaufnahme entweder einen höheren Zins zahlen zu müssen oder erst gar keinen Kredit zu bekommen. Banken und Rating-Agenturen drängen daher auf ein Risikomanagement, das oftmals zu einer Auslagerung bestehender Pensionsrückstellungen und zukünftiger Versorgungsverpflichtungen führt.

Grundsätzlich ist jedem Unternehmen zu empfehlen, sich aktiv mit seinen Pensionsverpflichtungen auseinanderzusetzen. Wichtig sind eine neutrale Betrachtungsweise und das Wissen um die unterschiedlichen Handlungsoptionen – unabhängig von irgendwelchen Produkten. Ohnehin gibt es nicht den einen Lösungsweg zur Auslagerung bilanzieller Pensionsrückstellungen. Vielmehr sollten bei aktueller, mittelfristiger Betrachtung geeignete und finanzierbare Maßnahmen festgelegt werden, die dem Unternehmen für die Zukunft größtmögliche Flexibilität sichern.

Externer Kontakt: Thomas Winkler, PenisonCapital GmbH, München, thomas.winkler@pensioncapital.de, www.pensioncapital.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2007, Seite 34

 
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