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Finden Kunst und Design wieder zusammen?

Das „Neue Museum – Staatliches Museum für Kunst und Design in Nürnberg“ gehört mit seinem besonderen Profil zu den kulturellen Leuchttürmen der Metropolregion. Nach kräftiger Anschubfinanzierung über die IHK-Kulturstiftung der mittelfränkischen Wirtschaft wurde es im Jahr 2000 eröffnet. WiM sprach mit der neuen Direktorin Dr. Angelika Nollert, die das Haus seit Oktober 2007 leitet.

Ihr Haus heißt Museum für Kunst und Design. Wie wollen Sie dieser Doppelfunktion künftig wieder gerecht werden?
Das Neue Museum besitzt seit seiner Gründung die zwei Standbeine Kunst und Design, die dem Haus ein herausragendes Profil geben. Diese besondere und attraktive Programmatik fortzuführen und zu stärken ist mir eine wesentliche und wunderbare Herausforderung.

Das Neue Museum verfügt zwar über eine eigene Sammlung Kunst, besitzt aber im Bereich des Designs faktisch kein eigenes Stück. Denn es gab eine frühe Planung, diesen Bereich durch eine Kooperation mit der Neuen Sammlung in München, der weltweit größten Designsammlung, zu realisieren. Seit meinem Amtsbeginn gehörte damit eine Planung für die Rückkehr des 2006 temporär ausgezogenen Designs zu meinen vordringlichsten Aufgaben, und so habe ich gerne die Gespräche mit dem Direktor der Neuen Sammlung Prof. Florian Hufnagl wieder aufgenommen.

Mein Anliegen ist es, die Sicht auf Kunst und Design enger zu verschränken, um die parallelen Entwicklungen, aber auch ihre Unterschiede deutlicher aufzeigen zu können. Weiterhin ist es unser Ziel, zusätzlich zu den Ausstellungen im Bereich Kunst jährlich eine Design-Ausstellung zu realisieren und auch immer wieder disziplinübergreifende Positionen zu thematisieren. Das Neue Museum definiert sich als Symbiose von Kunst und Design!

Welche Pläne haben Sie für die nächsten Jahre?
Zu den Schwerpunkten der Sammlung des Neuen Museums gehören Arbeiten osteuropäischer Künstler, der geometrischen Abstraktion sowie repräsentative Beispiele der Malerei, Skulptur und Fotografie. Ich möchte Akzente der Sammlung stärken und deren Entwicklung mit jüngeren Beispielen vorstellen sowie um weitere Medien wie Film und Installation ergänzen. Ausstellungen sollen immer wieder einen Rückverweis auf die Sammlung ermöglichen. Wünschenswert ist es, durch Ankäufe aus den Ausstellungen die Sammlung weiter fortzusetzen.

Seit Ende April zeigen wir die bislang größte Einzelausstellung von Manfred Pernice, der sich in seinen Arbeiten stark mit dem Skulpturenbegriff auseinandersetzt und die ihn umgebende Architektur reflektiert. Im Sommer folgt eine Designschau, die aktuelle Entwürfe deutscher Designer vorstellt, und im Herbst präsentieren wir mit der Sammlung Block eine der bedeutendsten Fluxussammlungen, die mit zahlreichen Leihgaben – die wir aktuell sogar noch erweitern konnten – in unserem Museum vertreten ist.

Gibt es ein Gesamtkonzept?
Ich möchte die Transparenz des Hauses erhöhen, das Museum zu einem öffentlichen Forum machen, an dem Kultur kommuniziert wird. Durch die wunderbare Glasfassade des Museums und den großen Museumsvorplatz liegen diese Gedanken bereits in der Architektur. Für mich gehört es zur Aufgabe der zeitgenössischen Museen, neben der Pflege ihrer Bestände auch Fragestellungen für die Zukunft zu entwickeln.

Die Staatsregierung hat gefordert, die Besucherzahlen zu verdoppeln. Wie wollen Sie das schaffen?
Mit der von Ihnen zitierten Forderung hat die Politik eine langjährige Diskussion um Besucherzahlen aufgegriffen. Das Neue Museum hatte im Eröffnungsjahr und im darauf folgenden über 100 000 Besucher, dann ging die Zahl kontinuierlich zurück, bis sie sich in den letzten zwei Jahren auf etwa 50 000 Besucher einpendelte, eine im bundesdeutschen Vergleich solide Zahl. Es ist ein Phänomen, das leider auch andernorts zu beobachten ist: Ein neues Museum, noch dazu mit einer phantastischen Architektur, zieht anfänglich überproportional viele Besucher an.

Dennoch gibt es sicherlich noch Potenziale, die wir gewinnen möchten, durch mehr Kooperationen und durch eine stärkere Kommunikation – gleichwohl, 100 000 sind sicherlich keine realistische Größe. Ich möchte, dass sich Nürnberg und die Region stark mit dem Museum identifizieren.

Und der Klarissenplatz – gibt es schon Ideen, ihn besser einzubeziehen?
Die von uns eingeladenen Künstler und Designer werden aktiv auf den Klarissenplatz als möglichen zusätzlichen Ausstellungsort angesprochen, wenn dies für ihr künstlerisches Arbeiten sinnvoll erscheint. In diesem Jahr haben wir für den Klarissenplatz gezielt die Frankfurter Künstlerin Sandra Kranich für eine ihrer Feuerwerksperformances eingeladen. Darüber hinaus werden wir zahlreiche Veranstaltungen auf dem Platz mit Kooperationspartnern realisieren, so u.a. die Blaue Nacht, die Filmnächte oder die Aufführung einer Oper. Wir möchten den Platz zukünftig stärker in die Programmatik des Hauses einbeziehen und damit die architektonische Symbiose von Museum und Platz forciert auf eine inhaltliche ausweiten!

Zeitgenössische Kunst hat nicht selten ein Akzeptanzproblem. Vernachlässigt sie die Universalkategorie des Schönen, wie Irenäus Eibl-Eibesfeldt ("Weltsprache Kunst") meint?
Eibl-Eibesfeldt ist ein Verhaltensforscher, der mit seiner Forderung, die Künstler sollen in ihrer Vorbildfunktion Schönes und damit Gutes schaffen, einem anachronistischen Ideal anhängt. Seit der Moderne ist die Kategorie der Schönheit obsolet geworden und wird heute von Begriffen wie Authentizität oder Relevanz ersetzt. Das Interessante an moderner und zeitgenössischer Kunst ist ja gerade die starke Auseinandersetzung mit ihrer Zeit. Spezifische Fragestellungen fordern einen adäquaten künstlerischen Ausdruck, sei dieser nun schön oder nicht schön. Über diese grundsätzlich ästhetische Ansprache kann sich der Betrachter von Kunst mit Inhalten und Ideen auseinandersetzen, die er ohne diese Kunstwerke so nicht erfahren hätte.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2008, Seite 32

 
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