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Börse

Zugang auch für den Mittelstand

Im Segment „m:access“ der Börse München sind auch zahlreiche Familienunternehmen aus ganz Deutschland gelistet. Was macht die Börse für mittelständische Firmen interessant? Von Dr. Christine Bortenlänger

 

Internationale Mega-Fusionen, Algo Trader, Spekulation mit Derivaten – das sind die bestimmenden Schlagzeilen, wenn es derzeit um das Thema Börse geht. Dabei gerät in Vergessenheit, zu welchem Zweck Börsen eigentlich gegründet wurden und welchen volkswirtschaftlichen Nutzen sie bis heute erfüllen. In erster Linie ist es Aufgabe einer Börse, die Wirtschaft mit Kapital zu versorgen und dem Anleger eine transparente Plattform für die Geldanlage zu bieten. Also Kapitalanleger (Aktionäre oder Investoren in festverzinsliche Wertpapiere) und Kapitalnachfrager (Unternehmen, Staaten etc.) zusammen zu bringen. Die Börse München nimmt ihre Aufgabe als Drehscheibe für die Kapitalbeschaffung und als Motor des Finanzplatzes Bayern sehr ernst. Sie setzt sich dabei für die Bedürfnisse der Emittenten sowie der Marktteilnehmer ein und wahrt die Interessen der Anleger (private wie institutionelle).

Die Börse München ist Heimatbörse für multinational agierende Unternehmen – immerhin sind allein in München sieben Dax-Konzerne ansässig. Gleichzeitig unterstützt sie als Partner den Mittelstand und gründete deshalb bereits 2005 das Segment „m:access“, in dem Unternehmen, auch viele Familienunternehmen, aus ganz Deutschland gelistet sind. Inzwischen sind es fast 40 Firmen mit Umsatzgrößen im ein- bis dreistelligen Millionenbereich aus verschiedensten Branchen. In diesem Jahr rechnen wir – trotz der derzeit angespannten Situation – mit weiteren Börsengängen auch in diesem Segment.

Ein erfolgreicher Börsengang und eine nachhaltige Entwicklung an der Börse setzt aber nicht nur Profitabilität, Innovation und Wachstum der Unternehmen voraus, sondern auch einen interessierten Geldgeber. Deutschland ist allerdings in Sachen Aktienanlage noch immer ein „Entwicklungsland“. Der Anteil der Anleger, die direkt Aktien halten, ist 2010 noch einmal um fast eine halbe Mio. auf gerade noch 3,4 Mio. oder 5,4 Prozent der Bevölkerung zurückgegangen. Aktionäre als schützenswerte Minderheit – das kann nicht das Ziel einer verantwortungsbewussten und zukunftsorientierten Wirtschafts- und Steuerpolitik sein – und trotzdem gibt es in der EU Gedankenspiele um die Einführung einer Börsen- oder Transaktionssteuer, nachdem schon die Einführung der Abgeltungssteuer für die Aktienkultur sicher nicht hilfreich war.

Deutsche bei Aktien zurückhaltend

Selbst wenn Fondsbesitzer und Belegschaftsaktionäre mit in die Statistik einbezogen werden, sind nur rund 13 Prozent der Deutschen in diesen auch für die Altersvorsorge wesentlichen Anlageklassen vertreten. In den Niederlanden sind es beispielsweise 30 Prozent, in Japan 28 Prozent, in den USA 25 Prozent und in Großbritannien 23 Prozent. Vergleicht man die Zahl der börsennotierten Unternehmen in diesen Ländern, zeigt sich eine Wechselwirkung zwischen der Aktienkultur eines Landes mit der Wirtschaft: In Deutschland waren im Jahr 2010 knapp 700 inländische Aktiengesellschaften gelistet – in Japan 2 300, in den USA über 4 300 und in Großbritannien über 2 100.

Warum diese Zurückhaltung bei der Aktienanlage? Keine andere Anlageklasse bietet so reiche Möglichkeiten, so viele Chancen der Streuung: nach Branchen, Unternehmensgröße, Ländern etc. In der Kombination von jährlich ausgeschütteter Dividende mit langfristig wachsender Kursentwicklung schlagen Aktien in Bezug auf die Rendite die meisten Anlageklassen deutlich. Durch eine breite Streuung kann zudem das Risiko eingeschränkt werden. Voraussetzung ist allerdings eine regelmäßige Beobachtung der nationalen und internationalen Märkte oder der Austausch mit dem Kundenberater.

Ein Investment in die Aktie ist eine Investition in die Zukunft, denn sie führt Unternehmen Kapital zu, das sie für Innovationen, Forschung und Entwicklung, Zukäufe, Personalaufbau, Expansion, Übergabe usw. brauchen. Sicherlich haben die Dot.com-Blase des Jahres 2000 und die Finanzkrise seit 2008 ihren Teil dazu beigetragen, dass die Anleger in Deutschland besonders vorsichtig sind. Aber derzeit melden viele Unternehmen gute Zahlen und blicken mit Optimismus nach vorne. Die Konjunkturlokomotive läuft in Deutschland mit einer schon lange nicht mehr gesehenen Geschwindigkeit. Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien werden weiter wachsen. Insofern gibt es viele Gründe, in Aktien zu investieren.

Auch bei Aktien kommt es darauf an, wo sie erworben werden, um Transparenz und Fairness in der Preisfeststellung zu erhalten. Damit Aktionäre beim Ordern ein Höchstmaß an Sicherheit bekommen, hat die Börse München ein System entwickelt, das – in Anlehnung an den Straßenverkehr – die „Order auf Spur“ hält. Kurse mindestens so gut wie der jeweilige Referenzmarkt, ein direkter Draht zur Handelsüberwachung der Börse München bei allen Unklarheiten und die Möglichkeit, Verluste durch Stop-Loss-Aufträge von vorneherein weitestgehend einzugrenzen, zählen dazu. So können an der Börse München über 4 500 Aktien gehandelt werden, darunter 3 900 aus dem Ausland. Das sind 4 500 Unternehmen, die Innovationen vorantreiben und Arbeit schaffen.

 

Autor/in: Dr. Christine Bortenlänger,Dr. Christine Bortenlänger ist Mitglied des Vorstandes der Bayerische Börse AG und Geschäftsführerin der Börse München (www.boerse-muenchen.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2011, Seite 36

 
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