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Faber-Castell

Bleistift schlägt Tastatur

Smartphones, Netbooks und Tablet-PCs – Wer benutzt im digitalen Zeitalter noch Bleistifte und Kugelschreiber? Erstaunlich viele, wie die Geschäftszahlen der Faber-Castell AG in Stein bei Nürnberg zeigen. Bei dem Traditionsunternehmen, das in diesem Jahr sein 250-jähriges Bestehen feierte, ist man sich sicher, dass die digitale Technik die Stifte nicht verdrängen wird. „Das papierlose Büro wird es niemals geben“, sagte Michael Boy, Vorstand Finanzen und Controlling, bei der Bilanzpressekonferenz.

Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Bruttoumsatz im Geschäftsjahr 2010/2011, das am 31. März endete, um 19 Prozent auf 538 Mio. Euro und liegt damit deutlich über den angestrebten 500 Mio. Euro. Klarer Gewinner mit einem Umsatzplus von 30 Prozent ist die Vertriebsregion Asien/Pazifik (Bruttoumsatz: 96,8 Mio. Euro), in der Geschäftsregion Europa/Nordamerika wurden 190 Mio. Euro (plus 13 Prozent) umgesetzt, in Lateinamerika 251 Mio. Euro (plus 21 Prozent). „Das Potenzial ist in Asien aber noch lange nicht ausgeschöpft“, betonte Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell, der das Familienunternehmen in der achten Generation leitet.

Aktiv ist Faber-Castell in den Geschäftsfeldern „Spielen & Lernen“ (Produkte für Kinder von drei bis zwölf Jahren), „Art & Graphic“ (Produkte für Künstler), Premium (exklusive Schreibgeräte und Accessoires) sowie „Allgemeines Schreiben & Markieren“ (Schreib- und Markiergeräte sowie Accessoires für Büro und Privat). Gefertigt werden zudem Produkte für Kosmetikfirmen (z.B. holzgefasste und Kunststoffstifte, Applikatoren und Kapillarsysteme), diese Sparte wuchs im Geschäftsjahr 2010/2011 um 26 Prozent auf 60 Mio. Euro und trug damit rund zwölf Prozent zum Gesamtumsatz bei.

Auch am Investitionsverhalten von Faber-Castell zeigt sich, dass Stifte und andere Schreibgeräte im digitalen Zeitalter Zukunft haben: Insgesamt wurden im vergangenen Geschäftsjahr 25,4 Mio. Euro (Vorjahr: 19,5 Mio. Euro) investiert, ein Großteil davon im Bereich holzgefasste Stifte. Modernisiert wurden die Werke in Brasilien und Indonesien sowie an die deutschen Standorte Stein und Geroldsgrün bei Hof. Für Faber-Castell sind weltweit 7 400 Mitarbeiter tätig, davon über 1 000 in Deutschland.

Das operative Jahresergebnis stieg um rund 50 Prozent auf 42,2 Mio. Euro. Das Jahresergebnis vor Steuern sank jedoch von 46,5 auf 39,5 Mio. Euro, weil im Vorjahr Sonderfaktoren (z.B. Auflösung von Risikorückstellungen und eine hohe Abgabenrückerstattung in Brasilien) für außerordentliche Erträge gesorgt hatten.

Für das laufende Geschäftsjahr 2011/2012 ist ein Umsatzplus von rund fünf Prozent geplant. Der gute Geschäftsverlauf in den ersten Monaten lässt erwarten, dass dieses Ziel auch erreicht wird. Einzig die Verunsicherung der Verbraucher durch die Schuldenkrise in Italien, Spanien und Griechenland bereite dem Unternehmen Sorgen, erklärte Rolf Schifferens, Geschäftsführer Europa und Geschäftsführer der Faber-Castell Vertrieb GmbH. Fortgesetzt werden soll in diesem Jahr das Investitionsprogramm, wobei ein Schwerpunkt auf der Sicherung der Rohstoffversorgung liegt, die insbesondere bei holzgefassten Stiften von großer Bedeutung sei.  

250 Jahre Faber-Castell

Im Jahr 1761 gründete der Schreiner und Bleistiftmacher Kaspar Faber eine Werkstatt mit Sitz in Stein. Dieses Jahr markiert die Geburtsstunde des heutigen Weltunternehmens Faber-Castell, das damit eines der ältesten Industrieunternehmen überhaupt ist. Zum 250. Firmenjubiläum, das am 8. Juli 2011 mit einem großen Fest gefeiert wurde, überbrachte sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel per Videobotschaft ihre Glückwünsche.

Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell, der das Traditionsunternehmen in achter Generation führt, sieht vor allem seinen Ur-Ur-Großvater Lothar von Faber als prägende Persönlichkeit für das Unternehmen. Er hatte im Jahr 1839 die väterliche Bleistiftfabrik übernommen und kennzeichnete die Produkte mit dem Firmennamen „A.W. Faber“. Damit wollte er sich von minderwertigen Produkten der Konkurrenz abheben und schuf gleichzeitig den ersten Markenbleistift der Welt. Da die schon zu seinen Lebzeiten renommierte Marke vielfach gefälscht wurde, reichte von Faber 1874 eine Petition „zur Schaffung eines Markenschutzgesetzes“ ein und wurde damit zum Wegbereiter des Markenschutzes in Deutschland.

Lothar von Faber legte nicht nur die Grundlage für die heute weltweit bekannte Marke, sondern auch für die weltweiten Geschäftsbeziehungen: Die erste Niederlassung gründete er 1849 in New York, es folgten London, Paris, Wien und St. Petersburg. Aber der Unternehmer war auch in anderer Hinsicht mit prägend für die Wirtschaftsregion Nürnberg, die sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts rasch industrialisierte: Er war Mitbegründer des Bayerischen Gewerbemuseums (der späteren Landesgewerbeanstalt Bayern), der Vereinsbank Nürnberg und der Nürnberger Lebensversicherung (heute Nürnberger Versicherungsgruppe). Bekannt wurde er nicht zuletzt als sozialer Unternehmer, der mit Betriebskrankenkasse, Kindergärten, Schulen und Werkswohnungen für seine Mitarbeiter sorgte. Seine Enkelin und Erbin, Freiin Ottilie von Faber, heiratete im Jahr 1898 Graf Alexander zu Castell-Rüdenhausen, wodurch das neue Grafengeschlecht „von Faber-Castell“ entstand. Dieser Name wurde später auch auf die Marke übertragen.

Roland Graf von Faber-Castell, der die Geschäfte von 1928 bis 1978 führte, erweiterte die Basis durch den Zukauf von Unternehmen und forcierte das Auslandsgeschäft. Insbesondere baute er die Geschäfte in Brasilien aus, das heute für das Unternehmen auf Grund der firmeneigenen Baumplantagen, als Produktionsstandort und als Absatzmarkt große Bedeutung hat.

Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell, der 1978 an die Spitze des Unternehmens trat, trieb die Internationalisierung – vor allem in Südamerika und in Asien – weiter voran. Er positionierte die Marke noch stärker als Premiumprodukt und setzte Akzente beim betrieblichen Umweltschutz (u.a. durch nachhaltige Forstwirtschaft in Brasilien) und durch eine Sozialcharta, in der sich das Unternehmen zu fairen Arbeitsbedingungen verpflichtet.

Autor/in: 
am.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2011, Seite 108

 
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