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Ladendiebstahl

Erwischt!

Vorbeugende Maßnahmen gegen Langfinger zahlen sich für die Geschäfte aus. Sorgen bereitet den Händlern jedoch die zunehmende Gewaltbereitschaft mancher Diebe.

Als vor einem Jahr die Polizei in Nürnberg ein Diebesquartett beim Beladen ihres Fahrzeugs dingfest machte, war das nicht nur ein schneller Erfolg im Kampf gegen Ladendiebstahl. Es war auch ein Schlag gegen die bandenmäßige oder organisierte Kriminalität. Immerhin hatte die vier Personen Markenkleidung im Wert von über 2 000 Euro entwendet.

Organisierte Banden schlagen immer häufiger zu und bereiten den Einzelhändlern zunehmend Sorgen. „Wir stellen fest, dass die Gewaltbereitschaft gegenüber Detektiven oder Wachpersonal sogar vor der Tür zunimmt“, konstatiert Uwe Werner, mittelfränkischer Geschäftsführer des Handelsverbandes Bayern. Aber auch ohne körperliche Gefahr ist der Schaden für den mittelfränkischen Einzelhandel immens. Statistisch gesehen zeigen mehr als neun von zehn Geschäften in Mittelfranken Ladendiebe bei der Polizei an. Im Jahr 2010 waren es 7 400 Fälle, ein minimaler Rückgang gegenüber dem Vorjahr, im Fünfjahresvergleich aber immerhin ein Minus von fast 18 Prozent.

Nicht nur Ladendiebstahl als Problem

Ladendiebe machen aber nur etwas mehr als die Hälfte der Inventurdifferenzen aus. Laut Werner geht der Schwund zu 53 Prozent auf das Konto von Kunden. Nach Berechnungen des Handelsverbandes klaut im Schnitt statistisch gesehen jeder deutsche Haushalt jährlich Waren im Wert von 50 Euro. Das bedeutet umgerechnet auf den Lebensmittelhandel: Jeder 200. Einkaufswagen passiert unbezahlt die Kasse.

20 Prozent der fehlenden Bestände am Jahresende gehen auf das Konto der eigenen Mitarbeiter, die heimlich etwas einstecken. 19 Prozent entfallen auf verdorbene und ausrangierte Ware, sonstigen Schwund, falsche Lagerung oder zu hohe Bestellmengen. Die restlichen acht Prozent verschwinden in den Taschen von Lieferanten oder Fremdservicekräften.

Insgesamt summiert sich der Schaden pro Jahr für die mittelfränkischen Händler auf 91,2 Mio. Euro. Zu den am häufigsten geklauten Artikeln gehören im Lebensmittelhandel nach wie vor kleine, teure Waren wie Rasierklingen, Spirituosen, Kosmetik und Tabakwaren. Im Bekleidungshandel werden modische Waren wie Jeans, Jacken, Accessoires, ausgesuchte Markenartikel sowie Dessous bevorzugt. Konsolenspiele, CDs, DVDs, Speicherkarten und Druckerpatronen gehören im Elektronikhandel zu den am häufigsten gestohlenen Waren. Bei dieser Dimension lässt sich laut Werner „keinesfalls von einem Kavaliersdelikt“ sprechen. Der Ehrliche sei der Dumme, denn der Schwund müsse von den Händlern in die Preise einkalkuliert werden.

Den "typischen Dieb" gibt es nicht

Eine harte Typologie der Langfinger gibt es nicht. Immerhin liegt der Anteil der unter 21-jährigen bei über 50 Prozent. Oftmals wird in Gelegenheitsklauer, kriminelle Banden, die teils auf Bestellung losziehen, und Beschaffungskriminalität von Drogensüchtigen unterteilt. Die Praxis ist differenzierter: „Es ist auch schon eine Zahnarztfrau erwischt worden“, weiß Werner. Ein Händler aus der Nürnberger Innenstadt kennt noch mehr Einzelfälle: „Die Frau eines Bankdirektors, eine Lehrerin, die mit ihrer Schulklasse zu Besuch war, ein Politiker.“ In anderen Fällen sollen bekannte Kunden erst einen Verkäufer persönlich begrüßt haben, um sich dann hinterher in einem unbeobachteten Moment Ware einzustecken.

Die Geschäfte rüsten zur Gegenwehr: Warenwirtschaftssysteme werden optimiert, Überwachungskameras installiert, die Artikelsicherung verbessert und Verkaufsträger aufgestellt, die Diebstähle erschweren sollen. Dazu kommen Ladendetektive und sogenannte „Door Men“ am Eingang. Viele Händler lassen sich von der Kriminalpolizei über Tricks und Dreistigkeit von Tätern informieren. Zusätzlich werden Mitarbeiter umfassend geschult und zu konsequentem, aber dennoch vorsichtigem Handeln motiviert.

Unter dem Strich scheint die Rechnung des Handels aufzugehen, wie die stagnierenden Zahlen beim Diebstahl vermuten lassen. Ein erfahrener Händler will aber eine breitere Diskussion in der Öffentlichkeit: „Das ist ein gesellschaftliches Problem.“ Die Werte und die klare Trennung von Mein und Dein seien aus den Fugen geraten. Auch die stärkere Zusammenarbeit von Einzelhändlern bei der Diebstahlsprävention ist ein Vorschlag.

Tipps der Kriminalpolizei

Die Kriminalpolizei berät den Handel, mit welchen Maßnahmen man Straftaten vorbeugen kann. Informationen erteilt u.a. das kriminalpolizeiliche Präventionszentrum der Polizeiberatung Zeughaus (Pfannenschmiedgasse 24, Tel. 0911 2112-5510 und -5520).

Sicherer Einzelhandel

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat eine Publikation mit dem Titel „Sicherheit im Einzelhandel“ herausgegeben. Sie informiert über die wirksame Abwehr von Ladendiebstahl und anderen Straftaten wie Raub, Betrug und Falschgelddelikten. Es werden zahlreiche Tipps und Hinweise gegeben, um die Schwachstellen im eigenen Geschäft zu erkennen. Außerdem wird erläutert, was zu tun ist, wenn ein Ladendieb gefasst wird.

Online-Bestellung: www.dihk-verlag.de

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2012, Seite 12

 
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