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Hotellerie

Zimmer frei?

Hotelier Carlton Hotel © Foto: (C) Thomas Tjiang

Hotelier Werner Rübsamen im Nürnberger Carlton Hotel.

Nürnberg gehört zu den wichtigen Hotel-Märkten in Deutschland. Auch in anderen Städten der Region steigen die Übernachtungszahlen.

Der bayerische Tourismus bietet Besuchern aus nah und fern nicht nur reichlich Erholung und Abwechslung. Er sorgt auch für einen Branchenumsatz von über 31 Mrd. Euro und ist damit ein bedeutender Arbeitgeber und Ausbilder. Ein wichtiges Rückgrat der Branche ist die Hotellerie, die in Mittelfranken im vergangenen Jahr ein Plus von 3,1 Prozent auf 7,45 Mio. Übernachtungen verbuchen konnte. Damit heimst die Region den höchsten Zuwachs unter den sieben bayerischen Regierungsbezirken ein. Auch im fränkischen Vergleich lockten die rund 1 030 mittelfränkischen Hoteliers die meisten zusätzlichen Gäste an.

Allerdings sei das Jahr 2014 für die Branche nicht ganz so gut gelaufen wie geplant, bilanziert Werner Rübsamen, Chef der Nürnberger Carlton Hotelgesellschaft, unter deren Dach neun Hotels im Großraum gebündelt sind – inklusive des Novotel Centre Ville, das Ende des Monats in der Nürnberger Hotelmeile an der Bahnhofsstraße eröffnet wird. Im vergangenen Jahr war das Sorat Hotel Saxx mit 103 Zimmern in exponierter Lage direkt am Hauptmarkt hinzu gekommen. Auch aufgrund hoher Internet-Buchungen „mit vielen guten Bewertungen“ sei das Haus gut angelaufen. Der Umsatz in der Gesellschaft sei auch dank eines guten Messejahres mit vielen Geschäftsreisenden von rund 35 Mio. auf 41 Mio. Euro geklettert. Die Zahl der Mitarbeiter der Gesellschaft lag zuletzt inklusive 25 Azubis bei 360, im neuen Novotel Centre Ville werden zusätzlich etwa 50 Mitarbeiter tätig sein.

Insgesamt verbuchten die Nürnberger Herbergen im Jahr 2014 2,8 Mio. Übernachtungen, das entspricht fast zwei Drittel aller Gäste in Mittelfranken. Über 15 000 Betten offerieren die knapp 150 Nürnberger Betriebe, darunter rund 65 Hotels, über 50 Hotel Garnis sowie jeweils gut 15 Gasthöfe und Pensionen.

Die Hotelzeile an der Bahnhofsstraße erstreckt sich vom Le Méridien Grand Hotel gegenüber vom Hauptbahnhof bis zum NH Nürnberg City Center und Motel One vor dem Marientunnel. Vor zwei Jahren öffnete dort das Doppel-Hotel-Projekt Holiday Inn Express und Hampton by Hilton seine Türen. Letztes Jahr ging außerdem noch das Hotel Numberone mit 86 Zimmern in der Münchner Straße an den Start.

Das frühere Bavarian-American Hotel am Hauptbahnhof wird derzeit zum „Park Plaza“ umgebaut. (Foto: Tjiang)

Am Hauptbahnhof wird derzeit das ehemalige Bavarian-American Hotel entkernt und umgebaut. Es soll als „Park Plaza“ in den kommenden Wintermonaten die ersten Gäste empfangen, so Thomas Borsbach, Regionaldirektor der Hotelgruppe PPHE. Das Hotel war 1936 für die prominenten Gäste der damaligen Nürnberger Reichsparteitage gebaut und ab 1945 von der US-Army genutzt worden, im Jahr 2007 wurde es von PPHE übernommen. Sie restauriert nun behutsam die Bauelemente, die dem Denkmalschutz unterliegen, wie z.B. den Steinfußboden im künftigen Restaurant, das Geländer im Haupttreppenhaus und Deckenfresken im Dachgeschoss. Das Objekt mit 177 Zimmern und Suiten will sich mit seinem Standard im Vier-Sterne-Bereich positionieren.

Den Flair aus Down Under will im nächsten Jahr außerdem das Adina Apartment Hotel, eine Marke einer australischen Hotelgruppe, nach Franken bringen. Das künftige Vier-Sterne-Hotel entsteht mitten in der Altstadt in der ehemaligen Commerzbank-Filiale in der Kurt-Schumacher-Straße. Geplant sind insgesamt 137 Studios und Apartments, die mit dem Service eines Hotels kombiniert werden sollen. Jedes Apartment mit einem, zwei oder drei Schlafzimmern verfügt über eine komplett eingerichtete Küche, einen großzügigen Wohnraum mit Esstisch und Schreibtisch sowie Badezimmer mit Waschmaschine und Trockner. Andere Hotels versuchen, sich zusätzlich durch besondere Themeneinrichtungen in den Zimmern, einem herausragenden Restaurant oder auch im Kulturbereich zu positionieren. Das Nürnberger Maritim, immerhin mit 316 Zimmern das größte Haus vor Ort, hat beispielsweise eine hochkarätige „KulturLounge“ entwickelt, die nun im fünften Jahr „Interessierte aus der gesamten Metropolregion“ anzieht, wie Verkaufsdirektorin Sibylle Übelherr berichtet.

Nürnberg scheint als Hotel-Standort weiter für Investoren attraktiv zu sein. Die Erlanger Gesellschaft für Beteiligungen und Immobilienentwicklungen GBI, ein Beteiligungsunternehmen der Moses Mendelssohn Stiftung, hat erheblichen Anteil an der Entwicklung der Hotellerie an der Nürnberger Bahnhofsstraße. Der Investor und Immobilienentwickler hat neben dem Park Inn by Radisson in der Sandstraße auch in der Bahnhofsstraße mit dem NH Hotel, dem Motel One und zuletzt dem Doppelhotel Hampton by Hilton und Holiday Inn Express vier Objekte realisiert. Das Doppelhotel wurde erfolgreich an einen Fonds weiterverkauft. Nürnberg sei seit Jahren einer der stabilsten Hotelmärkte in Deutschland und lange unterschätzt worden, erklärt GBI-Vorstand Markus Beugel. Inzwischen gehört für ihn die Stadt zu den zehn Top-Standorten der Hotelbranche in Deutschland. Deshalb suche GBI nach wie vor Grundstücke in zentralen Lagen der Stadt. Definitiv noch Potenzial sieht Beugel für die Sonderform Serviced Apartments, bei der sich Geschäftsleute für einige Zeit in hotelartig betreuten Apartments einmieten.

Auch nach Einschätzung von Jones Lang LaSalle (JLL), einem Dienstleistungs-, Beratungs- und Investment- Unternehmen im Immobilienbereich, fährt der deutsche Markt für Hotel-Investitionen weiter auf der Überholspur. In diesem Jahr ist bereits das Nürnberger B&B Hotel als Teil eines bundesweiten B&B-Portfolios an einen französischen Investor verkauft worden. An einem anderen Großprojekt sei man gerade dran, verrät Ursula Kriegl, Bereichschefin für das deutsche JLL-Segment Hotels. Dass im letzten Jahr kein Deal in Nürnberg zustande kam, heiße nicht, dass die Stadt uninteressant geworden sei. Gerade internationale Investoren suchten aktuell gezielt nach Anlagemöglichkeiten in Deutschland, auch außerhalb der großen Metropolen.

Die Stadt Nürnberg tut zumindest ihren Teil, um das Übernachtungsgeschäft weiter anzukurbeln. So soll der Tourismusfonds zur Unterstützung von Hotels und Gastronomie von 2016 bis 2018 um drei Jahre verlängert werden. In diesen Marketing-Etat müssen aber auch Hoteliers und Gastwirte einzahlen. Hotelunternehmer Rübsamen war zwar am Anfang skeptisch, mittlerweile wertet er das Konzept aber als vernünftigen Weg.

Die dynamische Entwicklung auf dem Hotelmarkt wird aber auch skeptisch beobachtet. „Wir sind kein Hotel-Verhinderungsverein“, stellt Dr. Gerhard Engelmann, Chef des Fachbereichs Hotellerie des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, fest. Aber man brauche eine Entwicklung mit Augenmaß, denn der Boom bei den Zimmern verschärfe den Wettbewerb. In der mittelfränkischen Hotellerie liege die Bettenauslastung gerade einmal bei knapp 41 Prozent, im Nürnberger Durchschnitt immerhin über 45 Prozent. „Der Break Even liegt bei 55 Prozent“, erklärt Engelmann. Der Kampf um Übernachtungsgäste treffe daher die mittleren und kleinen Betriebe, „die ihr Haus nicht auf der Höhe der Zeit haben“. Der 67-jährige Rübsamen, mit seiner Erfahrung und seiner Betriebsgröße sozusagen ein Grandseigneur der Branche, hat außerdem beobachtet, dass die Entwicklung häufig zu Lasten der „peripheren Hotels im unmittelbaren Umfeld Nürnbergs“ geht.

Hotellerie außerhalb Nürnbergs

Schwabach scheint davon allerdings ausgenommen zu sein. Der Tourismus der kreisfreien Stadt meldete für das vergangene Jahr mit 65 Prozent die höchste Bettenauslastungsquote in Bayern. Außerdem wurden 85 000 Übernachtungen von Urlaubsgästen und Geschäftsreisenden registriert, das war mit 8,6 Prozent der höchste Zuwachs an Übernachtungen in Mittelfranken. Die Hotels in der Goldschlägerstadt haben auch durch das gute Nürnberger Messejahr gewonnen, zudem profitieren sie von zahlreichen Lehrgangsteilnehmern der Akademie für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, die seit zwei Jahren in Schwabach ansässig ist.

In den gut 1 900 Betten der 34 Hotels und Hotel Garnis in Rothenburg o.d. Tauber übernachten relativ selten Messebesucher und Geschäftsreisende. Die Häuser in der mittelalterlichen Stadt leben fast ausschließlich von Sightseeing-Gästen und Kurzurlaubern, so Johann Kempter vom Rothenburg Tourismus Service. Im letzten Jahr wurden über 515 000 Übernachtungen gezählt, mehr als die Hälfte der Gäste reiste aus dem Ausland an. Dies sei ein Wert, der in Deutschland abgesehen von Frankfurt wohl nicht übertroffen werde.

Innerhalb der Rothenburger Stadtmauern ist es angesichts des Denkmalschutzes und wegen der engen Lage kaum möglich, dass die Hotels ihre Kapazitäten aufstocken. Außerdem gibt es häufig Probleme bei der Anfahrt zu den Hotels, nicht nur für Reisebusse, sondern auch für Pkws. Schon deshalb wurde die geplante Erweiterung des Hotel Rappen vor der Stadtmauer als spürbare Verbesserung der Infrastruktur in der Hotellerie gewertet. Doch das über zehn Mio. Euro teure Projekt erhielt Ende April in einer Bauausschusssitzung noch kein endgültiges grünes Licht, woraufhin der Investor seine Pläne zurückzog.

Mit dem kleinen Rückgang bei Übernachtungen liegt Rothenburg nur knapp hinter der Hotelbelegung in der Siemensstadt Erlangen mit 520 000. In Fürth legte die Übernachtungszahl leicht auf 247 000 zu, Dinkelsbühl weist ein stattliches Plus um ein Viertel auf 141 000 Übernachtungen aus, vielleicht auch, weil Ansbacher Unternehmer ihre Gäste auch gerne dort unterbringen. Ansbach selbst fällt mit einem Minus von sieben Prozent auf 95 000 Übernachtungen deutlich aus der Reihe. Manch einer spricht hinter vorgehaltener Hand schon vom „Sorgenkind Hotellerie“ in der Markgrafenstadt. Zusätzlich zu den inhabergeführten, mittelständischen Hotels und Übernachtungsbetrieben mit insgesamt über 500 Betten fehlt nach Einschätzung der Stadt ein „Platzhirsch“, der die Standards einer Hotelkette durchsetzt. Allerdings winkten bereits verschiedene Hotelbetreiber u.a. wegen der zu geringen Stadtgröße ab. Favorisiert wird auch gemäß eines touristisches Marketing-Konzepts ein zentral gelegenes Hotel, idealerweise angeschlossen an bestehende Tagungsangebote. Zusätzlich wünschen sich Unternehmer und Organisationen weitere kleinere Tagungsmöglichkeiten in einem Hotel. Auf diese Weise sollen die an Betriebe im Landkreis, etwa Herrieden, Dinkelsbühl oder Neuendettelsau, verlorenen Übernachtungen wieder zurückgeholt werden. Dabei wirkt sich ein florierender Messebesuch in Nürnberg dank Autobahnverbindung und S-Bahn positiv auf Ansbacher Betriebe aus.

Das gute Messegeschäft strahlt weit über Nürnberg hinaus in die Hotellerie der Region aus. Bei den besucherstarken Veranstaltungen sorgen bisweilen die hohen Übernachtungspreise für Diskussionen, die sich angesichts der satten Nachfrage teils verdoppeln oder sogar bisweilen verdreifachen. Jedoch hält Dr. Gerhard Engelmann vom Hotel- und Gaststättenverband die Klagen gerade während der Spielwarenmesse für übertrieben.

Mangel an Fachkräften

Sorgen hat die Branche aber noch an einer ganz anderen Front. „Das größte Problem ist der Fachkräftemangel“, spitzt Engelmann zu. Den mittelfränkischen Hotels und Gaststätten mit ihren 48 000 Beschäftigten scheint der Nachwuchs auszugehen. Zuletzt starteten in den HoGa-Berufen 680 Azubis ihre Lehrzeit – ein kontinuierlicher Rückgang seit 2007 von einst 960 Berufsstartern. Auffällig ist auch, dass die Abbrecherquote bei den Azubis in Hotels und Gaststätten zwischen 14 und 24 Prozent liegt, das ist deutlich mehr als der Durchschnitt in den IHK-Berufen mit unter sieben Prozent.

Allerdings setzt der größte Teil der Abbrecher die Ausbildung in einem anderen Betrieb fort oder wechselt in einen anderen Beruf. Udo Göttemann, Leiter des IHK-Fachbereichs Berufsausbildung, registriert zudem, dass die Ausbildungsbetriebe zunehmend auch schwächere Bewerber einstellen, wodurch im Laufe der Ausbildung die Probleme und der Beratungsaufwand zunähmen. Er rät deshalb, beispielsweise Angebote wie die ausbildungsbegleitenden Hilfen (AbH) oder ab nächstem Jahr das Projekt „Assistierte Ausbildung“ in Anspruch zu nehmen. Erste positive Erfahrungen gibt es allerdings mit dem Projekt Ausbildung spanischer Jugendlicher (WiM berichtete). Von den 23 Spaniern in der ersten Gruppe aus dem Auftaktjahr 2013 sind noch 14 dabei, von der zweiten Gruppe 2014 sind noch alle 20 Teilnehmer in Ausbildung.         

Autor/in: 

Thomas Tjiang

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2015, Seite 36

 
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