Telefon: +49 911 1335-1335

Grüner

Eine bewegte Geschichte

Gruener_Planen_Stuhllager_RZ-Ansicht © Stadtarchiv Fürth/Grüner Biere

Historische Aufnahme der Grüner-Brauerei in Fürth.

Seit 2011 gibt es die Fürther Traditionsmarke wieder im Handel, sie erfreut sich seitdem großer Beliebtheit.

Helmut Ell trifft man oft im Grüner Brauhaus bei der Comödie Fürth – und das kommt nicht von ungefähr: Der renommierte Bierkenner, der bereits 2011 eine Ausstellung über die gesamte Fürther Brauereigeschichte kuratierte, ist an der Renaissance des Grüner Bieres nicht ganz unbeteiligt. Die Geschichte der Fürther Traditionsbrauerei kennt er auch deshalb so genau, weil er durch seinen Vater schon als Kind mit ihr erste Berührungspunkte hatte: „Ich bin ein alter Fürther und ging als Kind auf die Rosenschule. Von dort aus konnte man jeden Tag in die Abfüllerei von Grüner-Bräu sehen.“ Sein Vater führte ein eigenes Fliesengeschäft und arbeitete für verschiedene Fürther Brauereien. Deshalb sei er von klein auf in den Sudhäusern ein- und ausgegangen. Seine Leidenschaft verlor er bis ins Erwachsenenalter nicht: „In den ersten Jahren war für mich Bier gleichzusetzen mit Grüner – was anderes haben wir fast nicht getrunken.“

So ist es nachvollziehbar, dass die Schließungswelle der Braustätten in Fürth unter der Patrizier-Aktiengesellschaft (damals Schickedanz) auf wenig Gegenliebe in der Bier trinkenden Bevölkerung stieß. Bei der Grüner AG war es 1977 so weit: Die Fürther Traditionsbrauerei musste nach 268 Geschäftsjahren den Betrieb einstellen. Vorausgegangen waren eine Minderheitsbeteiligung (ab 1969) und eine feindliche Übernahme durch die Schickedanz-Gruppe (1972). Damals habe die Ära der großen Marken oder der sogenannten Fernsehbiere begonnen, so Helmut Ell. Ein Trend, der vor allem zu Lasten der regionalen Mittelständler ging. Unter dem Dach der Patrizier AG wurden neben Grüner auch weitere Aktienbrauereien wie Lederer-Bräu (Nürnberg), Geismann und Humbser (beide Fürth) sowie Kießling (Georgensgmünd) vereint.

Trotz der Zusammenlegung müsse man dem damaligen Besitzer Gustav Schickedanz zugute halten, dass er seine Franken kannte. Es sei geplant gewesen, unter der Marke Patrizier eine deutschlandweite, große Pils-Marke zu etablieren sowie Verwaltung und Logistik zu bündeln. Die Braustellen, Marken und deren Biere sollten aber für den regionalen Markt erhalten bleiben – das geht aus alten Unterlagen hervor. Als Schickedanz 1977 starb, übernahmen Bier-Manager aus Nordrhein-Westfalen die Geschäfte und schlossen die Braustätten. „Wir dachten damals, es wird nie wieder eine Renaissance der Fürther Brauereien geben“, sagt Ell.

Doch es kam anders: Über Umwege gelangten die Markenrechte schließlich zu Tucher, heute Teil der Radeberger-Gruppe. Helmut Ell, zwischenzeitlich Kneipenwirt in der Fürther Gustavstraße, geriet durch einen Zufall Anfang 2011 in Kontakt mit Tucher-Geschäftsführer Fred Höfler – das Gesprächsthema: Bier. Ell witterte eine Chance und schlug Höfler vor, doch einen Probe-Sud nach dem Grüner-Originalrezept zu brauen. Höfler willigte schließlich ein - unter einer Bedingung: „Ich und ein paar andere alteingesessene Fürther mussten das Grüner Bier bei einer Blindverkostung aus anderen Bieren herausfinden“, erinnert sich Ell.

Im Jahr 2011 war die Marke Grüner pünktlich zur Fürther Michaeliskirchweih zurück am Markt und wurde sehr erfolgreich. Dazu trug maßgeblich der Aufstieg der Spielvereinigung Greuther Fürth im Jahr 2012 in die 1. Bundesliga bei. Fußballfans aus der ganzen Republik kamen nun in den Genuss der frischen und zugleich traditionsreichen Marke mit dem grünen Logo, die heute Partner des Vereins ist. Da Grüner über Tucher deutschlandweit vertrieben wird und somit im Getränkegroßhandel bestellbar ist, setzte auch eine gewisse deutschlandweite Nachfrage ein. In der Heimat Mittelfranken schafft es Grüner laut dem Marktforschungsunternehmen Nielsen auf Platz zwei unter allen Hell-Bieren.

Wie blickt man bei Tucher auf diese besondere Biergeschichte zurück? „So eine Sonderkonjunktur wie die, die uns der Grüner-Boom beschert hat, ist mit erheblich mehr Aufwand verbunden, als ich es mir eingangs träumen ließ“, räumt Tucher-Geschäftsführer Fred Höfler ein. Da rund 50 Prozent des Grüner-Absatzes außerhalb des Großraumes erzielt wird, ergeben sich ein paar Herausforderungen. So kann es etwa zu Leergutknappheit infolge einer verlängerten Rotation kommen. Dennoch sei es ein Erfolg, wenn man in einem insgesamt rückläufigen Markt gute Absatzzahlen vorweisen kann (der Pro-Kopf-Konsum von Bier geht seit 40 Jahren zurück). Aktuell wurde in zusätzliche Lagertanks investiert, um dem Grüner auch die vierwöchige Lagerzeit zu gewähren, die es zum Reifen braucht. Außerdem schuf man mit dem „Grünerla“ eine neue Größe: Das Bier ist in 0,25-Liter-Flaschen abgefüllt und wird u. a. von der Szenegastronomie stark nachgefragt. Besonders bei weiblichen Kunden komme diese Flaschengröße gut an, so Höfler.

Autor/in: 

lin.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2017, Seite 88

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick