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Winning Plastics

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Winning Plastics © Christine Popp

Dietmar Berti, Geschäftsführer von Winning Plastics in Diepersdorf, optimiert die Prozesse in der Produktion.

Der Automobilzulieferer in Leinburg blickt nach der Insolvenz mit Zuversicht nach vorne.

Glänzende Ringe, Sterne sowie Löwen für Kofferraumdeckel und Kühlergrill: In den Werkshallen von Winning Plastics im Diepersdorfer Industriegebiet in der Gemeinde Leinburg entstehen dekorative und funktionale Autobauteile wie Zierleisten oder Verkleidungen in einem aufwändigen Herstellungsprozess. Kunststoffspritzguss, Galvanisieren, Lackieren sowie das Montieren von Einzelkomponenten sind die Kernkompetenzen des Automobilzulieferers im Nürnberger Land, der mit rund 1 000 Beschäftigten zu den größten Arbeitgebern im Landkreis zählt.

Das Unternehmen ist seit 1964 in Leinburg-Diepersdorf ansässig, bis zum September 2022 allerdings noch unter dem Namen Bolta Werke GmbH. Diese musste im September 2021 Insolvenz anmelden, weil in der Automobilindustrie wegen Corona die Nachfrage nachgelassen hatte und es zu Lieferengpässen bei Chips gekommen war. Einige Kunden hatten ihre Aufträge verschoben oder waren ganz abgesprungen, was einen großen Umsatzeinbruch zur Folge hatte, den das Unternehmen nicht mehr abfangen konnte. Im September 2022 hat die Winning Group, eine auf Automotive und Hochbau spezialisierte deutsch-tschechische Unternehmensgruppe, mit ihrer Tochtergesellschaft Winning Plastics die Bolta-Werke erworben. Inzwischen ist der Bolta-Schriftzug an allen Werkstoren verschwunden und durch den schwarz-grünen Namen "Winning Plastics" ersetzt worden. Vor dem augenfälligen Verwaltungsrundbau wehen die Fahnen des neuen Eigentümers.

Aus eigener Kraft gesund werden

Das Credo von Sebastian Wagner, dem Vorstandsvorsitzenden der Winning Group, ist es, traditionelle Industrie in Deutschland wieder wettbewerbsfähig zu machen. Die Unternehmen, die er kauft, sollen aus eigener Kraft ohne Finanzspritze des Mutterkonzerns gesund werden und den Umschwung schaffen. Damit dies in Diepersdorf gelingt, hat er einen erfahrenen Manager als Geschäftsführer geholt: Der gebürtige Stuttgarter Dietmar Berti arbeitete zuletzt als "Vice President of Global Manufacturing and Lean Management" beim Automobilzulieferer SMP.

Der Maschinenbauingenieur, der seit 1988 im Bereich Automotive tätig ist und zusätzlich seit über 20 Jahren Erfahrung im Kunststoffbereich hat, sieht Optimierungspotenzial in Diepersdorf, glaubt aber an eine gute Zukunft des Unternehmens am Standort. "Ich komme vom operativen Bereich, deshalb bin ich auch ständig in der Produktion und spreche dort mit unseren Mitarbeitern. Die kennen sich aus und bringen tolle Ideen ein", sagt er. Man sei zwar noch weit von einer gesunden, schlanken Produktion entfernt. Berti habe aber allen Abteilungen Optimierungsaufgaben gegeben, intern "Goldmine projects" genannt. Der Geschäftsführer sei überzeugt, dass man sich damit logistisch und bei den Arbeitsabläufen besser aufstellen könne.

Veränderungen im Produktportfolio

So werden beispielsweise derzeit das Lagern und das zeitnahe Anliefern der Verpackungen, in denen die verchromten oder lackierten Teile bei den Automobilherstellern ankommen, werksintern neu organisiert. "Verpackungen binden auch Kapital, sie sollten nicht so viel herumstehen, das muss besser werden", sagt Berti. Außerdem werde so auch Platz frei und man könne sich von angemieteten Immobilien trennen, erklärt der neue Chef in Diepersdorf. Auch die Ausbildungswerkstatt und die Instandhaltung inklusive Lager hole man aus verschiedenen angemieteten Hallen zurück in das Werk 1.

Aber auch beim Produktportfolio des Diepersdorfer Automobilzulieferers wird es Veränderungen geben. Will man wie Winning Plastics im Automotive-Bereich wettbewerbsfähig bleiben, muss man sich auf neue Entwicklungen auf diesem hart umkämpften Markt schnell einstellen. Die ersten Schritte in diese Richtung hat Dietmar Berti bereits in die Wege geleitet: "Deswegen wird Peter verkauft und wir beschäftigen uns mit Tanja." In den Diepersdorfer Werkshallen haben die Fertigungsstraßen seit jeher Namen, und diese Besonderheit behält auch der neue Eigentümer bei. "Chrom ist nicht mehr so Fashion und wird nicht mehr so nachgefragt", erklärt der Geschäftsführer. Daher habe man bereits eine Galvanisierungsstraße – den Peter – stillgelegt, sie soll abgebaut und verkauft werden werden. Dafür ist gerade eine neue Lackierstraße in Wagenfarbe in Planung, die Tanja heißen soll, so wie die Tochter von Geschäftsführer Berti, wie er mit einem Lächeln bemerkt. Er glaubt, dass ihm seine süddeutsche Mentalität hilft, an seinem neuen beruflichen Lebensmittelpunkt mit den Menschen in den Werkshallen und in den Büros ins Gespräch zu kommen, um gemeinsam nach "Goldminen" zu suchen und Lösungen für die Herausforderungen auf dem Automobilzulieferer-Markt zu finden.

Neue Elemente für die Produktion

So ist nach seiner Einschätzung nämlich nicht nur Chrom weniger gefragt, sondern auch der klassische Kühlergrill, der bei einer steigenden Nachfrage nach E-Fahrzeugen zum Auslaufmodell werden wird. Aber auch hier ist es Dietmar Berti nicht bange: "Dann werden wir eben andere neue Elemente entwickeln, die wir hier produzieren können." Beziehungsweise tut das sein Unternehmen bereits. Zusammen mit Partnern aus der Automobilbranche und anderen Zulieferern arbeitet Winning Plastics an neuen Komponenten, beispielsweise an Elementen für die Autofront, in denen die Radarsysteme für die Abstandselektronik verbaut sind.

Was Umsatzentwicklung und Rückkehr in die Gewinnzone angeht, ist Dietmar Berti ebenso zuversichtlich: Nach 105 Mio. Euro Umsatz im vergangenen Jahr plant man für 2023 mit 130 Mio. Euro. 2024 wird es etwas weniger Umsatz sein, ehe es dann 2025 wieder mehr werden soll. Das liege daran, dass man bei Aufträgen für neue Automodelle rund zwei Jahre Entwicklungszeit habe. "Aber auf jeden Fall kommen wir 2023 in die Gewinnzone zurück", sagt er. "Derzeit haben wir eine hohe Auslastung und kämpfen eher mit Rückständen und fahren Sonderschichten."

Fachkräftemangel macht Sorgen

Etwas Sorge bereitet ihm deswegen auch der momentane Fachkräftemangel in allen Bereichen. Zwar wurde im Zuge der Insolvenz auch Personal abgebaut, aber eher in der Zeitarbeit. Aktuell kommen von den rund 1 000 Beschäftigten etwa 15 Prozent von Zeitarbeitsunternehmen. Diese Quote brauche man, um bei Auftragsschwankungen flexibel reagieren zu können und das Stammpersonal halten zu können, erklärt der Unternehmenschef. Momentan würde er gerne Mitarbeiter einstellen – die Schaukästen an allen Werkshallen sind voll mit unterschiedlichen Stellenausschreibungen. Aber sogar 1 000 Euro Vermittlungsprovision haben bislang keine Erfolge gebracht.

Deshalb liegt Dietmar Berti die Ausbildung im eigenen Haus am Herzen, bei der nicht gespart werden soll – auch wenn das richtig Geld kostet, wie zum Beispiel die Ausbildungswerkstatt mit drei freigestellten Ausbildern. "Aber das ist unsere Zukunft", so seine Überzeugung. Derzeit sind rund 30 Auszubildende bei Winning Plastics in einem runden Dutzend Ausbildungsberufen beschäftigt, von Chemielaboranten und Fachinformatikern bis zu dualen BWL-Studierenden. Für den Herbst sind Bewerbungen noch sehr willkommen. Außerdem ist derzeit auch eine Marketing-Kampagne in Vorbereitung, die ebenfalls zukünftige neue Auszubildende und Mitarbeiter ansprechen soll. In frischem Grün werden Beschäftigte als Fotomodelle demnächst in Anzeigen und auf Plakatwänden zu sehen sein: Der Firmenname und das Wortspiel "Dreamers are winners" sollen für den Automobilzulieferer im Nürnberger Land als Arbeitgeber werben.

Autor/in: 

(cp.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2023, Seite 86

 
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