Telefon: +49 911 1335-1335

Globalisierung als Jobmaschine in Deutschland

„Unser Werk in Indien bringt Arbeitsplätze nach Deutschland“, erklärt Gert Büchel, Direktor des Bereichs Asien-Pazifik der Firma INA Wälzlager Schaeffler oHG in Herzogenaurach, und erteilt damit der Ansicht eine Absage, die Globalisierung vernichte zwangsläufig Arbeitsplätze in Deutschland. Indien sei ein Schwellenland mit leistungsfähiger Wirtschaft und hoch qualifizierten Fachleuten, dessen Wirtschaft sich in den nächsten Jahren schnell entwickeln werde. Man erwarte vom Westen partnerschaftliche Hilfe bei der Überwindung des historisch bedingten Rückstands auf dem Gebiet der Industrialisierung. Eine funktionierende eigene Wirtschaft sei die einzige Möglichkeit, Gegenwerte für die Bezahlung von Waren aus westlichen Nationen zu erzeugen.
Als große Nation mit jahrtausendealter Hochkultur und einem gesunden Selbstbewusstsein belegt das Land Importe mit hohen Zöllen – im Fall von Nadellagern liegt der Satz bei 53 Prozent“. Nach Aussage von Helmut Treffer, bei INA Manager Engineering und Marktentwicklung Automobilindustrie für den asiatisch-pazifischen Raum, sei es Sinn der Zölle, die heimische Industrie vor übermächtiger Konkurrenz zu schützen und Hersteller dazu zu veranlassen, im Land eigene Fertigungsstätten zu errichten. Zudem sei Indien ein Markt von enormer Größe, dessen Automobilindustrie sich in den nächsten Jahrzehnten mit Zuwachsraten von um die sieben Prozent entwickeln werde. Bei der Fertigung von Zweirädern, einem wichtigen Fortbewegungsmittel, werde das Wachstum sogar zehn Prozent betragen. Deshalb habe sich INA entschlossen, in Indien eine eigene Fertigungsstätte für Nadellager aufzubauen. Für die neue Fertigung wurden fünf Hallen des deutsch-indischen Industriepark-Projekts der Industrie-Beteiligungs-Gesellschaft mbH & Co. KG (IBG) in Pune von INA angemietet. Die ersten Montageplätze hat das neue Werk bereits Anfang 2001 in Betrieb genommen. In den nächsten Jahren ist ein Wachstum auf rund 100 Mitarbeiter mit einem Umsatz von rund 17 Mio. DM geplant.

Bessere Technik vermindert
Umweltbelastung

„Mit den Produkten des neuen Werks leisten wir zugleich einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz“, sagt Büchel. Aus Kostengründen habe man in Indien bisher bevorzugt Mopeds und Motorräder mit Zweitaktmotoren eingesetzt. In den engen, chronisch überfüllten Städten führt dies zu erheblichen Umweltproblemen durch Lärm, Abgase und Gestank. Die entsprechende Gesetzgebung werde deshalb verschärft. Als Folge müsse die heimische Zweiradindustrie ihre Produktion in den nächsten Jahren verstärkt von Zwei- auf Viertaktmotoren umstellen. Dies bedinge höhere Ansprüche an die Lager in den Motoren. Die Nachfrage nach höherwertigen Nadellagern – also den Stammprodukten des Hauses INA – werde dadurch stark ansteigen.
„Aufgrund unserer Erfahrungen mit ähnlichen Initiativen in anderen Ländern, beispielsweise in Korea, wissen wir, dass wir damit nicht nur Arbeitsplätze vor Ort aufbauen, sondern zugleich auch solche in anderen Ländern einschließlich Deutschland sichern“, betont Treffer. Das Geheimnis liege im richtigen Mix: So werde man in Indien zwar die Käfige für die Lager lokal fertigen und mit fertigen Nadeln zum Lager komplettieren, die Nadeln selbst kommen jedoch nach wie vor aus Deutschland. Die Montage zum fertigen Lager als Mischprodukt aus deutscher und indischer Fertigung erfolge wiederum vor Ort. Grund für die Arbeitsteilung sei, dass sich bestimmte Produkte in bestimmten industriellen Umfeldern wirtschaftlicher fertigen ließen als anderswo. Niedrige Lohnkosten wie in Indien seien nur eine Seite der Medaille, Deutschland sei dagegen der bessere Standort, wenn es um komplexe, hoch automatisierte Hightech-Maschinen gehe.

Auslandserfolg stärkt deutschen Standort
In Indien werden durch die Zusammenarbeit Arbeitsplätze und damit Einkommen geschaffen, die dem Staat
usätzliche Einkünfte sicheren. Zudem könne Indien die sehr interessanten Märkte der übrigen Anrainerstaaten des Indischen Ozeans bedienen und so Überschüsse erwirtschaften. Letztlich profitierten alle von dieser Arbeitsteilung, auch das Stammwerk in Deutschland, wo sich strategische Abteilungen wie Forschung und Anwendungstechnik für die immer wichtiger werdende Entwicklung hochwertiger, genau auf den Kundenbedarf abgestimmter Produkte befinden. „Wir haben in Deutschland in den letzten beiden Jahren über 1 000 neue Arbeitsplätze aufbauen können – das wäre uns ohne unsere Erfolge bei der Globalisierung nicht möglich gewesen“ stellt Helmut Treffer fest. vol.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 08|2001, Seite 40

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick