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Fit für die "e-Welt"?

Nürnberg wird für zwei Tage zum Mekka der IuK-Branche. Am Montag, 8. Oktober 2001 hält die „Initiative D21“ ihren Jahreskongress und am Vortag ihre Mitgliederversammlung in Nürnberg ab. D21 ist eine Initiative der deutschen Wirtschaft mit der Zielsetzung, den Wandel von der Industrie zur Informationsgesellschaft in Deutschland zu beschleunigen. Dadurch soll der aktuelle Rückstand Deutschlands im Vergleich zu anderen Ländern aufgeholt und die Chancen der Informationsgesellschaft bezüglich Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung besser genutzt werden. WiM sprach mit dem Vorstandsvorsitzenden von D21 und IBM Deutschland-Chef Erwin Staudt über aktuelle Aspekte der Informationsgesellschaft.

D21 Kongress am 8. Oktober in der Messe Nürnberg mit Beiträgen der Vorstände u. a. folgender Unternehmen: Hewlett-Packard, Deutsche Telekom, Bertelsmann, Cisco, AOL, T-Online, Alcatel, Microsoft, Intel, Fujitsu Siemens sowie von Seiten der Politik u. a. Hans Martin Bury, Staatsminister beim Bundeskanzler, und dem Leiter der Bayerischen Staatskanzlei Staatsminister Erwin Huber.


Wie ist der aktuelle Stand von D21?



Die Initiative D21 ist im Juli zwei Jahre alt geworden und zählt über 300 Unternehmen, die sich für den Aufbau der Informationsgesellschaft in Deutschland engagieren. Zur Zeit läuft gerade eine bundesweite Kampagne „Internet für Alle“ an. Die Bundesregierung, D21 und das Forum Informationsgesellschaft möchten mit vielen Aktionen die „Noch-Nicht-Nutzer“ für das Internet begeistern und so eine drohende digitale Spaltung der Gesellschaft erst gar nicht entstehen lassen. Wir möchten mit der Kampagne vor allem ältere Menschen und Bewohner ländlicher Regionen ansprechen. Wir bieten zum Beispiel Internet-Kurse in Kirchengemeinden und beim Roten Kreuz an. Darüberhinaus fährt gerade ein Truck durch deutsche Ferienlager und bringt Kids an die Maus.



Hat die derzeitige Ernüchterung in der IT-Branche Auswirkungen auch auf D21?



Für uns ist es jetzt noch schwieriger als vorher, Unternehmen für Spenden und Sponsoring für Schulen zu gewinnen. Wir haben es in den letzten zwei Jahren geschafft, immer mehr Unternehmen zu finden, die Partnerschaften mit Schulen eingehen. Was vorher Vorreiteraktionen großer Firmen waren, gehört jetzt zum guten Ton unter den Unternehmen. Die Schaffung des besten und modernsten Bildungswesens in Deutschland braucht die richtige Politik und engagierte Unternehmen als Partner. Aber natürlich kommt bei Firmen zuerst das Business, dann das Sponsoring. Aber wir bleiben dran, denn Jammern bringt uns auch nicht weiter.



Welche Zukunftsperspektiven werden Sie in Nürnberg diskutieren?



Die Frage wird sein, wie wir eine zukunftsfähige Wissensgesellschaft in Deutschland schaffen. Wissen wird zum zentralen Produktionsfaktor der Gesellschaft und Wissen im Netz wird die politische Kultur verändern, weil das Internet

dezentral und demokratisch ist. Wir brauchen Weichenstellungen in Deutschland: das lebenslange Lernen beispielsweise durch e-learning muss die Trennung in Schul-, Aus-, und Weiterbildung aufheben und diese verschiedenen Lernphasen miteinander verbinden. Weiterbildung in allen Lebenslagen, egal ob als Beamter oder Mittelständler, muss zukünftig einen viel höheren Stellenwert einnehmen. Zur Umsetzung brauchen wir Wettbewerb und internationale Vergleichbarkeit der Bildungseinrichtungen sowie eine „Eigenverantwortung für Alle“. Das politische System Deutschland hat viele erfolgreiche Grundsätze wie Föderalismus und Gewaltenteilung. Jetzt muss e-government und politische Beteiligung durch das Internet hinzukommen. Die Politik muss ins Netz.



Gibt es besondere Herausforderungen für den Mittelstand?



Der deutsche Mittelstand liegt beim Thema e-business international gesehen nach wie vor im Mittelfeld. Laut einer Umfrage, die IBM gemeinsam mit der Zeitschrift Impulse dieses Jahr durchgeführt hat, nutzen zwar bereits 96 Prozent aller mittelständischen Unternehmen das Internet. Von der Interaktivität des Mediums machen jedoch nur 21 Prozent Gebrauch, indem sie etwa Waren über das Internet ein- und verkaufen. Und genau hier liegen enorme Chancen, die der Mittelstand bisher noch nicht genügend nutzt: Wer beispielsweise an elektronischen Marktplätzen im Internet teilnimmt, kann laut einer Studie der Boston Consulting Group zwischen 10 und 20 Prozent seiner Kosten einsparen. Ein weiteres Beispiel: Bei IBM konnten wir unsere Kosten im vergangenen Jahr weltweit um 377 Mio. Dollar durch den elektronischen Einkauf von Waren und Dienstleistungen senken. Der Idealzustand des e-business ist es, die komplette Wertschöpfungskette vom Auftragseingang über die Bestellung bis zur Auslieferung der Waren im Internet abzubilden - das braucht aber Zeit. Ich rate deshalb jedem Mittelständler: Packen Sie heute das Thema an, damit sie rasch von den Möglichkeiten des e-business profitieren können.



Was sagen Sie Globalisierungsgegnern zum Stichwort „Digital Divide'?

Sie würden sagen, das Internet sei eine Erfindung von Großkonzernen, das Industrieländer reicher macht und Entwicklungsländer technologisch noch stärker in die Abhängigkeit treibt. Ich sage den Globalisierungsgegnern: Globalisierung ist ein Fakt, Internet ein Medium und es liegt an uns, beides so zu gestalten bzw. anzuwenden, dass die Benachteiligten von heute morgen eine bessere Zukunft haben. Entwicklungsländer können zum Beispiel durch Einsatz von e-learning in ihrem Bildungssystem enorme Kosten und Barrieren überwinden, wenn die Bevölkerung so vorbereitet ist, dass Zugang und Ausbildung vorhanden sind. Und das ist keine übertriebene Vision: Internet Cafés finden Sie inzwischen überall zwischen Cairo und Kapstadt.



Wie beurteilen Sie die Standortqualität der Wirtschaftsregion Nürnberg im IuK-Sektor aus schonungsloser Sicht des Branchenriesen IBM ?



Die Wirtschaftsregion Nürnberg ist als Wirtschafts- und Dienstleistungszentrum in Nordbayern für IBM ein wichtiger Standort. Es ist aber nicht zu verkennen, dass in den letzten Jahren massive Strukturveränderungen stattgefunden haben. Deshalb müssen jetzt alle Kräfte in der Region mobilisiert werden, um neue Unternehmen der IuK-Branche anzusiedeln und Nürnberg als eines der Zentren für die Informations- und Kommunikationsbranche in Deutschland zu etablieren.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2001, Seite 8

 
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