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Kultur ist wichtiger Marketingfaktor

Unter dem Motto „Kultur ist nicht alles, aber ohne Kultur ist alles nichts“ lud der Marketing-Club Nürnberg zu einer Podiumsdiskussion in das Faber-Schloss in Stein. Gäste waren die Kulturreferentin der Stadt Nürnberg, Prof. Dr. Julia Lehner, Dr. Franz Sonnenberger, Direktor der Museen der Stadt Nürnberg, Dr. Axel Baisch, Geschäftsführender Direktor des Theaters Nürnberg, Volker Koch von der KochInvest-Unternehmensgruppe sowie Gerd Fischer vom Tassilo Theater und Peter Wyrsch von der Pocket Opera Company.

Binnen- versus Außenwirkung
Axel Baisch betonte, dass man als Theater primär für die Bevölkerung von Stadt und Umland arbeite. Es dürfe nicht vergessen werden, dass das Theater zu rund 80 Prozent von der Stadt Nürnberg finanziert werde. Man müsse sich allerdings schon die Frage nach der künstlerischen Positionierung im nationalen Vergleich stellen, da hiervon positive Impulse zurückwirken könnten. Baisch räumte ein, dass er vor seiner Nürnberger Tätigkeit die Stadt nicht als moderne Kulturstadt gesehen habe. Kulturreferentin Lehner machte deutlich, dass man der Sache der Kultur nur dann diene, wenn man die berechtigten Ansprüche der Bevölkerung berücksichtige, aber gleichzeitig über die Binnenwirkung hinaus gehe. Man solle ihrer Ansicht nach Kulturarbeit nicht in regional und überregional aufteilen. Auch die reinen Besucherzahlen von in Mode gekommenen Events hätten keine große Aussagekraft über die Güte eines Angebots: „Nicht alles, was mit den Füßen abgestimmt wird, hat auch Qualität.“

Auf das Problem der leeren öffentlichen Kassen gingen Dr. Franz Sonnenberger und Gerd Fischer ein: Es sei dadurch schwierig, gleichzeitig eine Innen- und eine Außenwirkung zu erreichen. Zudem werde durch einen gewissen Kulturdünkel die Finanzierung alternativer Kunstformen noch schwieriger. Volker Koch äußerte sich skeptisch zur Außenwirkung des Nürnberger Kulturlebens, da die Stadt ihren Ruf als Kulturstadt aus vergangenen Zeiten beziehe. Er nannte den Immobilienbereich als Beispiel dafür, dass Investoren Nürnberg nur als „B-Adresse“ betrachteten. „Wir stützen uns zu stark auf die kulturelle Vergangenheit. Der Anschluss an die Neuzeit fehlt“, so Koch. Er räumte ein, dass die heutige Größe der Stadt auf dem Industrialisierungsschub der beiden vergangenen Jahrhunderte basiere. Er sehe allerdings in zeitgenössischer Architektur wie dem Neuen Museum einen hervorragenden Ansatz, die Stadt auch international aufsehenerregend zu kommunizieren. Dies würde sich auch positiv auf Standort-Images und Immobilieninvestitionen auswirken.

Albrecht Dürer als Marke
Für Lehner stellt sich vor allem die Frage „Worin unterscheiden wir uns von anderen?“. In diesem Punkt fehle es der Stadt an Prägnanz. Durch das heutige Überangebot seien Unterscheidungen besonders wichtig. Alle Podiumsteilnehmer waren sich einig darin, dass man in der historischen Persönlichkeit Albrecht Dürers eine Gestalt von einzigartiger Leuchtkraft in der Kunst- und Kulturgeschichte habe. Lehner sprach sich für einen Ausbau des „Labels Dürer“ aus. Von allen Seiten gelobt wurde der Ansatz des Opernhauses, mit dem Dürer-Ball einen ersten und weithin beachteten Schritt in diese Richtung getan zu haben. Mit Dürer habe man eine „Marke“ zur Hand, die ungeheuer ausbaufähig sei. Es wurde die Frage aufgeworfen, warum man nicht den Flughafen nach ihm benennen sollte oder den bedauerlicherweise wieder in Vergessenheit geratenen Dürer-Kunstpreis mit neuem Leben erfüllen könnte.

Positiv und zukunftsweisend profiliert sich Nürnberg mit dem vor einigen Jahren aufgegriffenen Thema der Menschenrechte. Sonnenberger bestätigte die positive Wirkung des Dokumentationszentrums auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände auf den Tourismus. Abschließend brachte die Kulturreferentin zum Ausdruck, dass es ihr hierbei nicht um bloßes Marketing gehe, sondern um ein Stück gemeinsamer, gelebter historischer Verantwortung, der man sich als Gemeinwesen stelle. Insgesamt stellte die Veranstaltung einen gelungenen Einstand für den neuen Präsidenten des Marketing-Clubs Theophil Graband dar. Einziger Wermutstropfen des Abends war die langatmige, von Sachkenntnis erstaunlich unbelastete Moderation von Peter Sartorius von der „Süddeutschen Zeitung“, München.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2003, Seite 32

 
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