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Vorsicht vor unberechtigten Rechnungen

Die Masche ist alt, aber offenbar einträglich: Dubiose Absender versenden Angebotsformulare, die wie Rechnungen aufgemacht sind, und täuschen damit eine Zahlungsverpflichtung vor. Erfahrungsgemäß werden von den Betrügern all diejenigen Unternehmen ins Visier genommen, die neu ins Handelsregister eingetragen wurden oder bei denen sich eine Veränderung im Handelsregister ergeben hat. Der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität (DSW), Bad Homburg, bezeichnet diese Vorgehensweise als „Adressbuchschwindel“, da es sich in Wahrheit um Angebote zur Eintragung in obskuren Adressverzeichnissen handelt.

Die aktuelle Variante dieser Vorgehensweise besteht darin, den Betroffenen so genannte „Korrekturabzüge“ zuzuschicken. Den Adressaten wird dabei vorgegaukelt, bei Unterzeichnung dieser Schreiben komme es lediglich zur Bestätigung der bereits voreingedruckten Daten. Ob überhaupt eine Geschäftsbeziehung vorliegt, wird nicht mehr überprüft. Hinzu kommt meist noch ein weiterer Verschleierungsaspekt: Das Formularschreiben enthält mehrere Eintragungsoptionen zum Ankreuzen, wobei der „Grundeintrag“ zunächst als kostenlos bezeichnet wird. Erst aus dem Kleingedruckten, das in der Regel beim Ankreuzen übersehen wird, ist ersichtlich, dass bereits dieser Grundeintrag mit enormen Kosten verbunden ist. Sämtliche Varianten dieser Masche stellen in rechtlicher Hinsicht nicht nur eine grobe Täuschung, sondern auch eine aufgedrängte Leistung dar, die von den Betroffenen - wenn überhaupt - nur kostenfrei erwünscht ist.

Wirft man einen Blick in die teilweise tatsächlich erstellten Verzeichnisse, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese lediglich im Entwurfsstadium stecken geblieben sind und deshalb auch keine Werbewirksamkeit entfalten. Wohlgemerkt: Es handelt sich in erster Linie um Online-Verzeichnisse auf der Grundlage gekaufter Datensätze, deren Erstellung angesichts der abgerechneten Kosten nicht allzu aufwändig ist.

Adressbuchschwindel besitzt aber nicht nur wettbewerbsrechtliche, sondern auch strafrechtliche Relevanz, da von einem Betrugsversuch auszugehen ist. Nach wie vor entsteht durch dieses Massenphänomen erheblicher volkswirtschaftlicher Schaden, der nur durch konsequente Rechtsverfolgung, wie sie der DSW betreibt, aber auch durch Warnhinweise eingedämmt werden kann.

Tipps für die Praxis
Für Betroffene gilt: Nicht jede Rechnung ist echt! Wer Formularschreiben erhält, die wie Rechnungen aussehen, sollte überprüfen, ob ein Auftrag erteilt wurde. Gleiches gilt für Schreiben, mit denen eigene Daten bestätigt oder aktualisiert werden sollen. Ist keine Auftragserteilung feststellbar, lohnt der Blick ins Kleingedruckte der Formulare. Dort befindet sich meist ein versteckter Hinweis auf die Kostenpflichtigkeit des (Achtung!) Angebotes. Auch der Begriff „Offerte“ kann darauf hindeuten. Enthält das Schreiben keinen entsprechenden Hinweis, sollte der Rechnungssteller schriftlich zum Nachweis der Auftragserteilung aufgefordert werden. Ein seriöses Unternehmen dürfte diesen Nachweis prompt und ohne Schwierigkeiten erbringen können.

Drängt sich der Eindruck auf, dass es sich um einen Schwindel handelt, bietet sich die Kontaktaufnahme mit der IHK und/oder der nächsten Polizeidienststelle an. Ebenso können die Formulare im Original dem DSW (Postfach 25 55, 61295 Bad Homburg v.d.Höhe) zugeschickt werden. Dieser überprüft die Formulare auf Ihre wettbewerbsrechtliche Relevanz und leitet im Bedarfsfall entsprechende Untersagungsverfahren ein. Weil sehr viele Beschwerden auf ihn einströmen, kann der DSW allerdings nur seine Mitglieder über den Sachstand des Verfahrens informieren.

Was tun, wenn schon gezahlt wurde?
In vielen Fällen kommt es trotz aller Warnungen zu Zahlungen oder Unterschriftsleistungen auf den Formularen. Der Irrtum wird meist erst dann bemerkt, wenn beispielsweise in den Medien auf solche Massenaussendungen hingewiesen wird. Was ist dann zu tun?

Je nach Zeitablauf empfiehlt sich folgende Vorgehensweise: Wer sich getäuscht fühlt, sollte versuchen, die Überweisung bei der eigenen Bank zu stornieren. Ist dies nicht mehr möglich, kann der Vertrag per Anschreiben wegen arglistiger Täuschung angefochten werden. In diesem Zusammenhang kann auch vorsorglich eine Kündigung des Vertrages ausgesprochen werden. Gleichzeitig sollte die Firma unter Setzung einer Frist aufgefordert werden, den bereits geleisteten Betrag zurückzuerstatten. Wird dies verweigert oder erfolgt keine Reaktion, bietet sich spätestens zu diesem Zeitpunkt die Einschaltung eines Rechtsanwaltes an.

Die Erfolgsaussichten für ein Rückforderungsverfahren, das jeder Betroffene selbst einleiten muss, schätzt der DSW durchaus hoch ein, solange das entsprechende Unternehmen noch greifbar ist. Auch in dieser Hinsicht lohnt eine Nachfrage bei der IHK oder beim zuständigen Handelsregister. Ebenso lohnt die Kontaktaufnahme mit der Empfängerbank, d.h. derjenigen Bank, bei der das Konto der begünstigten Firma eingerichtet ist. Wird der Irrtum erst ca. nach einem Jahr bemerkt, wenn eine Folgerechnung ins Haus flattert, kann ebenfalls noch eine Anfechtung erklärt werden. In diesem Fall bittet der DSW um Zusendung sämtlicher relevanter Unterlagen (ursprüngliche Formularaussendung, aktuelle Rechnung, eventuelle Mahnung) im Original. Auf dieser Grundlage kann dann ein neues wettbewerbsrechtliches Verfahren eingeleitet werden, um die unzulässige Forderungsbeitreibung zu verhindern.


Liste unseriöser Firmen
Gegen folgende Firmen konnte im Vorjahr (Stichtag 31. Dezember 2002) seitens des DSW ein Unterlassungstitel wegen wettbewerbsrechtlich unzulässiger Formularaussendungen erwirkt werden:
? Adwo Firmeneintragungen, 38001 Braunschweig
? ANTL-Data, 14705 Rathenow
? Bau-Gewerbe Zentrale, 65189 Wiesbaden
? Branchen Medien Onlineverlag GmbH, 20148 Hamburg
? D.I.R. Handelsverzeichnis für Gewerbe-Eintragungen, 64836 Münster
? Data Base, 14704 Rathenow
? Easywebgate GmbH, 78628 Rottweil
? EFZ Data GmbH, 74117 Bad Friedrichshall
? Elektronisches Branchenbuch EBB, 73765 Neuhausen
? Gewerbe-Information Zentrale, 65189 Wiesbaden
? IHF Industrie- und Handelsdatenbank e.K., 60491 Frankfurt am Main
? Medi@ Verlags GmbH, 22710 Hamburg
? Mediaprint Werbeverlag GmbH, 40764 Langenfeld
? Medion GmbH & Co. KG, 07318 Saalfeld
? MPC GmbH, 60022 Frankfurt am Main
? Onlinefirmeninseration GmbH, 40104 Düsseldorf
? Rasche & Co. KG, 21224 Rosengarten
? Register für Gewerbe, Handel und Industrie, 38032 Braunschweig
? Tourismus-Marketing Zentrale, 65189 Wiesbaden
? TPS Marketing GmbH, 14770 Brandenburg
? VTR-Wirtschafts-Datenverlag, 79017 Freiburg

Gegen etliche weitere Firmen sind noch Verfahren anhängig. In der Regel handelt es sich hierbei um solche Gerichtsverfahren, bei denen die Versenderfirmen gegen den gerichtlichen Verbotstitel Rechtsmittel – teilweise bis zum Bundesgerichtshof BGH – eingelegt haben. Auf Grund der ständigen BGH-Rechtsprechung zu dieser Thematik weist der Bundesgerichtshof die Revision regelmäßig zurück. Das Ergebnis dieser Verfahren ist deshalb absehbar.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2003, Seite 28

 
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