Passend zur Fußball-WM signalisieren die Laktat-Werte der Wirtschaft eine Fitness, die so gut ist wie lange nicht mehr. Der Global Player Deutschland ist beim Export schon Weltmeister, die Konsumneigung befindet sich auf einem Rekordhoch und auch die Investitionsgüter-Nachfrage im Inland zieht kräftig an. Das heißt: Die Unternehmen schaffen Kapazitäten und Arbeitsplätze, weil die Produktion überdurchschnittlich wächst. Selbst die Bauwirtschaft, in den letzten zehn Jahren notorisch von Zerrungen geplagt, läuft langsam wieder rund.
Aber sind wir wirklich topfit? Die Wahrnehmung unseres Zustands war in den letzten Wochen geprägt von der Leistung unserer Nationalmannschaft. Wenn das Fußball-Fest vorüber ist und die Top-Analysten nicht mehr Netzer und Beckenbauer, sondern Merill und Lynch heißen, werden wir merken, dass in Berlin weiter regiert wurde. Man könnte fast sagen, unter Ausschluß der Öffentlichkeit.
Aus unserem WM-Traum aufgewacht, stellen wir fest: Wir haben nicht nur gegen Costa Rica, Polen und Ecuador drei Punkte geholt, sondern auch bei der Mehrwertsteuer. Sie steigt um 18,75 Prozent von 16 auf 19 Prozent. Es wächst der Block der öffentlichen Abgaben, mit Krankenversicherung und Steuern alles andere als ein Fan-Block. Weder in der Zinskurve noch auf der Reservebank des Arbeitsmarktes besteht Anlass für La-ola-Wellen.
Was wird 2007? Schwierig, nicht nur wegen der Qualifikation für die Europa-Meisterschaft. Aus der Tiefe des Raumes hat sich die große Koalition die Spielräume geschaffen, um Maastricht einzuhalten. Wenn sie nicht ins Abseits laufen will, muss statt klein-klein jetzt der Steilpass für die Strukturreformen kommen. Vertikal spielen, lautet der Auftrag an die Regierungsmannschaft.
Denn bei aller berechtigten Freude über das derzeitige Konjunkturhoch – in der Wirtschaft gilt wie im Fußball: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.
