Telefon: +49 911 1335-1335

Wir brauchen eine wettbewerbsfähige Wirtschaftspolitik

Das Jahr 2006 verspricht erstmals seit fünf Jahren wieder ein akzeptables Wirtschaftswachstum. Soweit die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht lautet: Die Wirtschaftsbelebung ist vor allem auf den harten Sanierungskurs vieler Unternehmen bei brummender Weltkonjunktur zurückzuführen – und weniger auf gute inländische Standortbedingungen.

Eine DIHK-Umfrage bei mehr als 7 000 Industrieunternehmen zu ihren Auslandsinvestitionsplänen bestätigt dies: Deutsche Industriebetriebe bauen ihre ausländischen Produktionsstätten und logistischen Netze 2006 noch stärker aus als in der Vergangenheit. Mehr als 40 Prozent planen einen Kapitaleinsatz außerhalb von Deutschland. Ursache für den Auslandsdrang ist in erster Linie die starke Expansion des Welthandels. Das macht für viele Unternehmen eine Produktion vor Ort oder zumindest den Aufbau von Vertrieb und Kundendienst notwendig. So weit es sich dabei um Markterschließung im Ausland handelt, ist auch das eine gute Nachricht. Denn sie bedeutet auch für das Inland die Sicherung und den Aufbau von Arbeitsplätzen. Doch die Sache hat einen Haken: 39 Prozent der im Ausland investierenden Unternehmen geben an, dass sie diese Investitionen bei besseren inländischen Standortbedingungen in Deutschland tätigen würden. In vier von zehn Projekten ersetzt also die Auslandsinvestition eine Kapitalverwendung im Inland.

Die wichtigsten Motive: 86 Prozent der Unternehmen antworten, dass sie bei geringeren inländischen Arbeitskosten die Ausgaben für ihre Auslandsinvestition im Inland verwenden würden. Immerhin 53 Prozent - und damit der zweitgrößte Anteil - geben an, dass das relativ inflexible deutsche Arbeits- und Tarifrecht den Ausschlag für das Ausland gibt. Ein fast ebenso wichtiges Motiv ist die hohe (Unternehmens-) Steuerbelastung in Deutschland: 46 Prozent der ansonsten zwischen den Standorten indifferenten Unternehmen nennen die Höhe der Steuersätze als Grund, nicht im Inland zu investieren.

Wenn die Wirtschaftspolitik unsere Standortnachteile nicht rasch ausmerzt, dann könnte sich die gute Entwicklung 2006 sehr bald als konjunkturelles Strohfeuer erweisen.

Autor/in: 
IHK-Präsident Prof. Dr. Klaus L. Wübbenhorst
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2006, Seite 3

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick