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Spielwaren

Kinder werden reich beschenkt

Hersteller und Händler sind in Feststimmung: Spielwaren verkaufen sich prächtig, an den Kindern wird nicht gespart.

Mit einem „Geschenke-Feuerwerk“ zu Weihnachten rechnet Willy Fischel, Geschäftsführer des Bundesverbandes des Spielwaren-Einzelhandels (BVS). „Kinderzimmer haben Konjunktur“, weil sich Eltern und Großeltern spendabel zeigen. Das Umsatzplus an den Ladentheken der Fachhändler belief sich bis Oktober auf sieben Prozent, für das Gesamtjahr rechnet der Verbandschef vorsichtig mit einem Plus von drei Prozent auf über 2,5 Mrd. Euro.

Diese positive Einschätzung bestätigen auch die Hersteller: Der Verband der Spielwaren-Industrie, der 210 Mitgliedsfirmen (davon rund 20 aus Mittelfranken) vertritt, berichtet ebenfalls von anziehenden Geschäften. Allerdings sank die Produktion der Branche in Deutschland um etwa zwölf Prozent auf 1,03 Mrd. Euro, weil Fertigung in die östlichen EU-Länder verlagert wurde, so Verbandssprecher Ulrich Brobeil.

Keine Rezession im Kinderzimmer

Trotz der größten Rezession in der Nachkriegsgeschichte und trotz des Geburtenrückgangs gab und gibt es keine Krise im Kinderzimmer, sagte Brobeil aus Sicht der Wirtschaft. Das liege auch daran, dass die Welt der Computerspiele wegen fehlender Innovationen einen starken Rückgang hinnehmen musste. Dieses Budget werde nun für klassisches Spielzeug ausgegeben, das unter dem Motto „leiten, fordern, fördern“ Kindern Lust auf die moderne Gesellschaft macht. Hier geht der Trend zu hochwertiger Verarbeitung, hoher Qualität und schonendem Umgang mit der Natur.

Auch wenn der Konkurrenzdruck groß ist, bleibt der stationäre Spielwaren-Fachhandel nach Auskunft des BVS mit 39 Prozent Umsatzanteil die wichtigste Einkaufsstätte für Spielzeug. 16 Prozent des Branchenumsatzes werden per Mausklick im Internet getätigt, mit weiter steigender Tendenz. Doch die Verbandsvertreter sehen dies mittlerweile entspannt: Denn die Händler erschließen sich über diesen Vertriebsweg auch neue Zielgruppen, die sich nicht in einen Fachgeschäft verirren würden. „Es gibt hier keine Verdrängung“, bestätigte Eurotoys-Marktforscher Alexander Weber. Für das kommende Jahr machte er ebenfalls Mut: „Die positive Entwicklung wird sich weiter fortsetzen.“

Wer noch in diesem Jahr Spielwaren kauft, dürfte im Vorteil sein. Denn spätestens im kommenden Jahr rechnet die Branche mit teils stattlichen Preiserhöhungen, weil im weltweit größten Herstellerland China qualifizierte Mitarbeiter knapp werden. Nach Kenntnis von Brobeil werden dort gute Kräfte mit höheren Löhnen von anderen Branchen abgeworben. Die Löhne in China haben sich bereits im Frühjahr dieses Jahres um bis zu 23 Prozent erhöht, die Frachtkosten hätten sich in der Spitze sogar verdreifacht.

Derzeit allerdings brummt das Spielwarengeschäft. Die Drogeriekette Müller, die als Deutschlands größter Spielwarenhändler gilt, hatte wie jedes Jahr mit einem dicken Katalog für Spiele zu „teils unter Einstandspreis“ geworben. „Die Müller-Aktion merkt man, aber wir fangen das mit unserem Sortiment von 200 000 Artikeln ab“, sagt Klaus Müller, Chef des Nürnberger Fachgeschäfts Spielwaren Schweiger. Für Klagen anderer Händler, dass sie teils ab Oktober nichts mehr von der Industrie nachordern konnten, hat Klaus Müller wenig Verständnis. Trotz der unsicheren Konjunktureinschätzung während der Spielwarenmesse im Februar 2010 habe er dort schon für das Weihnachtsgeschäft bestellt.

Spätestens seit dem ersten Advent brummt das Spielzeuggeschäft auch in der Nürnberger Innenstadt bei der Galeria Kaufhof. „Bei Kindern wird nicht gespart“, bestätigt Standortchef Klaus-Peter Kempf. Das sieht er etwa an dem Star-Wars-Raumschiff „Todesstern“ von Lego, für den Eltern oder Verwandte über 400 Euro berappen müssen und der sich noch besser verkauft als erwartet. Wer auf einen bestimmten Artikel fixiert ist, sollte nicht zu spät kommen, rät Kempf, denn einige Artikel werden ausverkauft sein. Das Nürnberger Internet-Portal Thomas-Shop, offizieller Fan-Shop für die Thomas-Kindereisenbahn mit allen 500 Merchandise-Artikeln im Sortiment, hat bislang ein gutes Weihnachtsgeschäft gehabt. Geschäftsführer Carlos Blank betreibt seit zwölf Jahren Internet-Portale für Spielzeug und sieht zuversichtlich in die Zukunft.

Bei der Nürnberger Vedes, Dienstleister für rund 1 000 angeschlossene Fachhändler, herrscht fast schon Feststimmung, weil das Weihnachtsgeschäft etwa zehn Prozent über dem guten Vorjahr liegt. Besondere Freude macht bei Vedes das Sortiment von Lego und Playmobil.

Der Gabentisch wird in diesem Jahr in den meisten Wohnzimmern reichlich gedeckt sein, prognostizierte der Nürnberger Marktforscher GfK und bezifferte das Budget für Geschenke auf durchschnittlich 245 Euro. Verkaufsschlager sind in diesem Jahr Bücher, Bekleidung/Accessoires und auf Platz drei Spielwaren, die bei einem Drittel aller Deutschen auf der Geschenkliste stehen. Die durchschnittlichen Ausgaben für Spielwaren belaufen sich auf rund 70 Euro, was ein Umsatzpotenzial von knapp 1,57 Mrd. Euro verspricht.

Beliebteste Produkte

„In diesem Jahr fehlt zwar der große Superrenner, wir haben aber ein Renner-Sortiment“, sagte Einzelhandelsexperte Fischel mit Blick auf die Top 10 im bundesweiten Spielwaren-Einzelhandel. Dazu zählt die Umwelt-Batterie, bei der man Zitronen in eine Batterie verwandeln kann, oder die Barbie Video, die in der Halskette eine richtige Kamera und im Rücken einen funktionierenden Bildschirm hat. Darunter findet sich auch aus dem Großraum das Harumika Fashion Designset der Bandai Group Nürnberg, mit dem man ohne Nadel und Faden echte Stoffe in schicke Outfits verwandeln kann. Außerdem punktet Playmobil aus Zirndorf in der Gunst der Spielzeugkäufer mit einer neuen Agentenwelt inklusive Spionage-Kameraset.

Bei der Fürther Simba Dickie Group laufen zurzeit Lizenzartikel wie Hello Kitty besonders gut. Aber auch die Kinderküchen von Frankreichs größtem Spielwarenhersteller Smoby Toys, der seit zwei Jahren zum Fürther Familienunternehmen gehört, rangieren auf der firmeninternen Hitliste ganz oben. Außerdem zeigen die Verkaufszahlen, dass ein Trend wieder zu Gesellschaftsspielen in der Familie geht. Hier sei man insbesondere mit Noris-Spiele und deren jüngster Tochter Zoch gut aufgestellt.

Playmobil ist auch mit den bisherigen Abverkäufen im Handel zufrieden. Jungen bekommen die Spielwelten Top-Agent und Ritterburg, der Favorit der Mädchen ist das neue Puppenhaus. „Wir hoffen jetzt auf einen tollen Endspurt“, zeigt sich Playmobil-Chefin Andrea Schauer zuversichtlich. Da Familien ihre Kaufentscheidungen tendenziell immer weiter Richtung Weihnachten schieben, sind auch für Playmobil die letzten vier Wochen extrem wichtig. Dass die Spielewelten der Zirndorfer in den Regalen ausgehen, glaubt Schauer nicht. Zum einen hat der Handel gut geordert, zum anderen kann Playmobil dank eigener Produktionsstätte in Deutschland auch kurzfristig für den deutschen und die wichtigen europäischen Märkte reagieren.

Zufriedene Gesichter gibt es auch beim Fürther Hersteller Bruder Spielwaren, die ihre Spielwaren mit typischer Funktionalität nach wie vor am Stammsitz entwickeln, produzieren und vermarkten. Die letzten Monate, freut sich Firmenchef Paul Heinz Bruder, seien von einer sehr guten Handelsnachfrage gekennzeichnet gewesen. Und durch die Produktion vor Ort könne man aufgrund der kurzen Lieferzeiten bis zwei Wochen vor Weihnachten Orders bedienen. Aber auch aus seinem Haus könnte zu den Festtagen das eine oder andere Produkt vergriffen sein. Und wegen der schnellen wirtschaftlichen Erholung gebe es manchmal Engpässe bei der Beschaffung von Verpackungsmaterialien und Kunststoffen. „Das ist ein Luxusproblem des Erfolges. Wir gehen mit viel Schwung ins neue Jahr.“

Autor/in: 
Thomas Tjiang
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2010, Seite 12

 
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