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Arbeitsverträge

Klauseln mit Konfliktpotenzial

Wenn Formular-Arbeitsverträge verwendet werden, ist Vorsicht geboten. Denn häufig benachteiligen sie die Arbeitnehmer in unangemessener Weise und sind deshalb unwirksam. Von Jens G. Möller und Dr. Günther Kreuzer

Wann eine ungemessene Benachteiligung vorliegt, ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nachzulesen: Der Arbeitgeber versucht, missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Arbeitnehmers durchzusetzen, ohne von vornherein dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ohne ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Dann wird davon ausgegangen, dass die entsprechenden Passagen im Vertrag unwirksam sind (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Rechtsprechung zur Kontrolle von Arbeitsvertragsklauseln stetig weiterentwickelt (vgl. auch Artikel zu diesem Thema in WiM 12/2009, Seite 30). Denn die Benachteiligung ist ein abstrakter Begriff, der nicht eindeutig definiert, wann die zulässige Grenze mit einer Klausel überschritten wird. Eine Benachteiligung ergibt sich regelmäßig aus unterschiedlichen Einzelverstößen. Das sind z.B. die Verletzung des Transparenzgebotes (§ 307 Abs. 1 BGB) oder ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot (§ 307 Abs.1 S.2 BGB).

Die folgenden Beispiele von problematischen Klauseln verdeutlichen die konkrete Anwendung in der Praxis.

Rückzahlungsklausel: In einem Fall, den das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 14. Januar 2009 (Aktenzeichen 3 AZR 900/07) behandelte, sollte eine Mitarbeiterin die Kosten für eine Ausbildung zurückzahlen, die der Arbeitgeber finanziert hatte. Im Arbeitsvertrag, der eine dreimonatige Ausbildung vorsah, wurde vereinbart: „Für je einen Monat der Beschäftigung nach Ende des Lehrganges werden 1/60 des gesamten Rückzahlungsbetrages erlassen.“

Eine Rückzahlungsklausel an sich ist zwar zulässig. Die Rechtsprechung hat aber zum Schutz der Arbeitnehmer (Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes) Grenzen für die Dauer des „Abarbeitens“ entwickelt. Dabei ist von einer unangemessenen Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben auszugehen, wenn ein Missverhältnis zwischen Ausbildungsdauer und Dauer des Abarbeitens besteht. Die Richter sehen eine Benachteiligung dann als gegeben an, wenn bei einer Ausbildungszeit von etwa drei Monaten eine Bindung von fünf Jahren im Arbeitsvertrag festgeschrieben wird. Im konkreten Fall, den das BAG zu verhandeln hatte, kommt deshalb nach Auffassung der Richter allenfalls eine Bindung von zwei Jahren in Betracht. Möglich wäre demnach beispielweise folgende Formulierung: „…Für je einen Monat der Beschäftigung nach Ende des Lehrganges werden 1/24 des gesamten Rückzahlungsbetrages erlassen.“

Freiwilligkeitsvorbehalt: In Arbeitsverträgen will der Arbeitgeber häufig eine Klausel verwenden, mit der Zusatzzahlungen als freiwillige Leistungen ohne Rechtsanspruch für die Zukunft eingestuft werden. Solche Freiwilligkeitsvorbehalte sind nach dem BAG bei einmaligen Gratifikationen, aber nicht bei laufendem Entgelt zulässig. Die Vorbehalte müssen aber im Wortlaut der Klausel klar geregelt sein. Das Urteil des BAG vom 30. Juli 2008 (Aktenzeichen 10 AZR 606/07) hatte sich mit einer Klausel beschäftigt, in der die Zahlung einer Gratifikation und gleichzeitig der Ausschluss dieses Anspruchs geregelt war. Der Arbeitsvertrag lautete auszugsweise: „§ 5. Sonstige betriebliche Leistungen: Der/Die Angestellte erhält eine Weihnachtsgratifikation in Höhe des Bruttogehaltes (…) Ein Rechtsanspruch auf eine Weihnachtsgratifikation besteht nicht. Wird eine solche gewährt, stellt sie eine freiwillige, stets widerrufbare Leistung des Arbeitgebers dar…“

Eine solche Formulierung der Klausel ist nach BAG widersprüchlich und damit nicht verständlich im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Zum Freiwilligkeitsvorbehalt kommt zusätzlich als Widerspruch ein Widerrufsvorbehalt hinzu. Man könnte in solchen Fällen z.B. besser formulieren:

„Bisher wird den Mitarbeitern neben dem Monatsgehalt eine Sonderleistung (z.B. Weihnachts- und Urlaubsgeld etc.) durch den Arbeitgeber gezahlt, diese erfolgt – wie bisher – freiwillig und mit der Maßgabe, dass auch mit einer wiederholten Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird.“

Befristungsklausel: In einem Fall, den das BAG am 16. April 2008 zu beurteilen hatte (Aktenzeichen 7 AZR 132/07), war eine Befristung missverständlich formuliert worden: „Der/die Arbeitnehmer/-in wird vom 1.11. 2005 bis 31.10.2006 als ……. zeitlich befristet nach § 14 II Teilzeit- und Befristungsgesetz TzBfG…….eingestellt. Die ersten sechs Monate gelten als Probezeit. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf dieser Probezeit, ohne dass es einer Kündigung bedarf.“

Hier lag der Fehler in der widersprüchlichen Gestaltung und dem äußerem Erscheinungsbild. Der Arbeitnehmer muss nicht in Betracht ziehen, dass sich in dem „Kleingedruckten” zur Probezeit eine Vertragsklausel befindet, die das zuvor drucktechnisch Hervorgehobene in erheblichem Umfang ändert, indem die Vertragslaufzeit von einem Jahr auf ein halbes Jahr abgekürzt wird.

Eine Formulierung könnte hier folgendermaßen aussehen:

„Der/die Arbeitnehmer/-in wird vom 1.11.2010 bis 31.10.2011 als …. zeitlich befristet nach § 14 II TzBfG eingestellt. Die ersten sechs Monate gelten als Probezeit. Darüber hinaus kann das Arbeitsverhältnis vorzeitig, also vor dem 31.10.2011, beiderseits durch Kündigung mit einer Frist von zwei Wochen beendet werden….“

Tipp für die Praxis: Wenn ein Unternehmen seine Arbeitsvertragsvorlagen noch nicht auf den aktuellen „AGB-Stand“ gebracht hat, sind folgende Schritte dringend zu empfehlen: Abgleich der verschiedenen Arbeitsvertragsformulare, die im Unternehmen verwendet werden, mit der aktuellen Rechtsprechung. Gegebenenfalls Anpassung in wirksame Regelungen und kontinuierliche Beobachtung der Rechtsprechung.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2010, Seite 34

 
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