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Mikrokredite

Wachstum mit kleinen Beträgen

In der Dritten Welt sind Mikrofinanzierungen schon seit Längerem bekannt. Nun werden die Kleinkredite auch in Deutschland von Bundesregierung und EU gefördert. Von Axel Burkhardt

Für kleine und kleinste Betriebe, die Darlehen zwischen 1 000 und 20 000 Euro benötigen, gestaltet sich die Beschaffung von Finanzmitteln bisweilen schwierig. Auch bei kurzfristigen Auftragszwischenfinanzierungen oder Investitionen berichten kleine Unternehmen von Problemen, ein Darlehen zu bekommen. Gründe für die restriktive Kreditvergabe in diesem Bereich sind zum einen die strengen Vorgaben durch Basel II, denen die Banken unterliegen. Zum anderen steht bei Kleinstkrediten dem Aufwand für Kreditbearbeitung und -abwicklung ein vergleichsweise geringer Ertrag gegenüber, weshalb sich das Geschäft vielfach für die Kreditinstitute nicht lohnt.

Vor diesem Hintergrund haben die Bundesregierung und der Europäische Sozialfonds für Deutschland die GLS Bank in Bochum sowie das Deutsche Mikrofinanzinstitut (DMI) damit beauftragt, den Aufbau von Mikrofinanzinstituten und die Vergabe von Mikrokrediten zu fördern. Das erste akkreditierte nordbayerische Mikrofinanzinstitut ist das bundesweit tätige Kapitalinstitut Deutschland aus Gunzenhausen.

Die Grundidee der Mikrokredite stammt aus der Entwicklungshilfe, insbesondere von Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus und der Grameen Bank. Kreditnehmer sind dort vor allem Frauen, die Kleinstbetriebe gründen und damit ihre Familien ernähren. Allerdings wird das Konzept in Südasien derzeit kritisch betrachtet, weil auch schwarze Schafe als Kreditgeber auftreten oder weil die Kredite von den armen Schuldnern häufig nicht für Investitionen, sondern für lebensnotwendige Ausgaben verwendet werden. Bei sachgerechter Vergabe sprechen in der Dritten Welt jedoch hohe Rückzahlungsquoten der meist weiblichen Kreditnehmer und die Förderung armer Bevölkerungsschichten für dieses Konzept.

In den Industriestaaten werden Mikrokredite erst langsam entdeckt, gleichwohl haben sie auch dort eine Reihe von Vorteilen: Sie schließen eine Lücke für Kreditnehmer, die nicht im Fokus des klassischen Kreditgeschäftes und der bekannten staatlichen Förderkredite stehen. Die Entscheidung über die Kreditvergabe fällt nicht ausschließlich auf der Basis von Zahlen wie beispielsweise Geschäftszahlen der Vorjahre, Eigenkapital oder Schufa-Bewertung. Viel wichtiger sind Persönlichkeit, Motivation und Engagement des Unternehmers sowie dessen Geschäftsidee.

Auch beim Thema Sicherheiten geht die Mikrofinanzierung in Deutschland neue Wege: Denn in enger Abstimmung mit den Gründern und Kleinbetrieben können auch nicht bankenübliche Sicherheiten individuell und flexibel vereinbart werden. Insbesondere Bürgschaften aus dem persönlichen Umfeld des Gründers erhöhen in der Regel die Chancen auf die Vergabe eines Mikrokredits erheblich. Sie signalisieren, dass jemand hinter dem Kreditnehmer steht und an ihn glaubt. In der Regel reicht eine teilweise Absicherung.

Mit Darlehensgrößen von 1 000 bis maximal 20 000 Euro können Mikrokredite dazu beitragen, Existenzgründungen zu ermöglichen, unternehmerisches Wachstum zu realisieren oder die Liquidität zu sichern.

Vergabeprozess

Beantragt werden die Mikrokredite, die übrigens auch als gemeinschaftliche Finanzierungen mit Banken möglich sind (sogenannte Ko-Finanzierungen), direkt bei einem Mikrofinanzinstitut. Der Kontakt entsteht häufig über Unternehmens- und Steuerberater, Kammern sowie Behörden oder auch Banken. In der Regel folgt die Antragstellung einem standardisierten Ablauf: Nach dem ersten Kontakt werden die Eckdaten des Kreditantrages geprüft. Wenn das Projekt prinzipiell finanzierbar erscheint, werden weitere Unterlagen angefordert und das Vorhaben persönlich oder telefonisch mit dem Kreditnehmer besprochen. Fällt die Kreditprüfung positiv aus, spricht das Mikrofinanzinstitut gegenüber der GLS Bank eine Kreditempfehlung aus, für die es gegenüber der Bank haftet. Der eigentliche Kredit wird von der GLS-Bank vergeben, die auch die Abwicklung übernimmt. Im Anschluss an die Kreditgewährung wird der Kreditnehmer vom Mikrofinanzinstitut begleitet. Durch kostenfreie Monitoring- und Reporting-Maßnahmen wird die weitere erfolgreiche Zusammenarbeit sichergestellt.

Mikrokredite können grundsätzlich an alle natürlichen oder juristischen Personen mit Sitz in Deutschland vergeben werden, sofern ein unternehmerisches Interesse besteht. Auch für ein Vorhaben im Nebenerwerb können Mikrokredite verwendet werden. Sie kommen u.a. in Frage bei Unternehmensgründung, Investitionen, Ausgleich saisonaler Schwankungen, Aufstockung des Warenlagers oder Auftrags- und Projektfinanzierungen. Bei juristischen Personen ist immer eine Mithaftung des Unternehmers erforderlich. Die Kredithöhe ist bei Neukunden auf 10 000 Euro pro Person beschränkt, beim zweiten Kredit auf 15 000 Euro und bei allen weiteren Folgekrediten auf 20 000 Euro. Die Laufzeit kann variabel zwischen einem und 36 Monaten gewählt werden. Meist werden Annuitätendarlehen vereinbart, es sind aber auch endfällige Kredite möglich. Die Laufzeit kann darüber hinaus jederzeit durch kostenfreie Sondertilgungen verkürzt werden.

Autor/in: Axel Burkhardt,Axel Burkhardt ist Geschäftsführer der Kapitalinstitut Deutschland GmbH & Co. KG in Gunzenhausen (www.mikrokredit.net).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2011, Seite 40

 
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