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Infrastrukturvorhaben

Transparent und fair

Die Öffentlichkeit früh an geplanten Infrastrukturprojekten beteiligen: Dieses Ziel verfolgt die Bundesregierung mit dem geplanten Planungsvereinheitlichungsgesetz. Von Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich

Die Verwirklichung großer Infrastrukturprojekte wird für Deutschland auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, um die Voraussetzungen für eine funktionierende Wirtschaft zu erhalten und die Lebensqualität der Menschen zu sichern. Es geht dabei zum einen um den Ausbau von Straßen, Bahnhöfen oder Flughäfen. Vor gewaltige Herausforderungen wird uns zum anderen die flächendeckende Versorgung mit Kommunikations- und Stromnetzen auch und gerade im Zusammenhang mit der Energiewende stellen. Es geht um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit, um Wachstum und Beschäftigung.

Schon wegen der dichten Besiedelung in unserem Land bedeutet jedes größere Projekt auch, dass davon viele Menschen betroffen sind, die negative Auswirkungen befürchten und nach verträglicheren Alternativen fragen bzw. die Notwendigkeit von Projekten generell in Frage stellen. Sie ängstigen sich vor der dauerhaften Veränderung ihrer gewohnten Umgebung und befürchten Lärm, Schmutz und Verkehrsbehinderungen während der Bauarbeiten und beim Betrieb. Aber auch Menschen, die nicht unmittelbar betroffen sind, machen sich bei solchen Großprojekten Sorgen um die Umweltverträglichkeit und um die Auswirkungen auf Natur und Landschaft. Gerade umweltfreundliche und ressourcenschonende Politik braucht aber Großprojekte zur Anwendung neuer Technologien und damit auch eine größere Akzeptanz von solchen Großvorhaben.

Frühzeitige Information

Deshalb müssen wir die Planungs- und Genehmigungsverfahren so ausgestalten, dass betroffene und interessierte Bürger sich frühzeitig informieren können und eingebunden werden. Niemand soll das Gefühl haben müssen, dass einfach über ihn hinweg entschieden wird. Die Bereitschaft, Entscheidungen zu akzeptieren, steigt, wenn die Bürgerinnen und Bürger mit ihren Anliegen ernst genommen werden und sie das Verfahren als transparent und fair erlebt haben.

Voraussetzung dafür ist eine effektive Möglichkeit der Beteiligung. Zwar ist eine Öffentlichkeitsbeteiligung bereits in vielen Genehmigungsverfahren spezialgesetzlich vorgesehen, sie findet dort allerdings erst in einem Stadium statt, in dem die eigentliche Planung des Vorhabens bereits abgeschlossen ist. Die bisherigen Beteiligungsformen sind dabei vor allem auf die Klärung von Rechtsfragen ausgerichtet. Andere Aspekte spielen bislang lediglich eine untergeordnete Rolle.

Mit dem „Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren“ (Planungsvereinheitlichungsgesetz) will die Bundesregierung erstmalig an zentraler Stelle eine allgemeine gesetzliche Regelung für eine „frühe Öffentlichkeitsbeteiligung“ schaffen. Sie soll vom Vorhabenträger vor dem eigentlichen Genehmigungsverfahren durchgeführt werden und steht allen Interessierten offen.

Transparenz und frühe Beteiligung

Der Vorhabenträger soll frühzeitig darüber unterrichten, was mit dem Projekt überhaupt erreicht und wie es verwirklicht werden soll und welche voraussichtlichen Auswirkungen es haben wird. Bedenken und Anregungen können dann bereits in der Planungsphase eingebracht werden. Das Ergebnis wird an die zuständige Behörde übermittelt und anschließend im Planungsverfahren berücksichtigt. Diese frühe Beteiligungsmöglichkeit schafft nicht nur Transparenz, sie hilft auch, Konflikte zu vermeiden. Auch der Vorhabenträger kann von wichtigen Anregungen profitieren und auf Aspekte aufmerksam werden, die er sonst übersehen würde. Seine Planung kann im Idealfall sogar optimiert werden, sodass sowohl für die Öffentlichkeit als auch für den Vorhabenträger eine Win-Win-Situation eintreten kann.

Klar ist aber auch, dass selbst die beste Öffentlichkeitsbeteiligung nicht jeden Konflikt lösen kann. Es wird auch in Zukunft Streit über große Projekte geben. Wenn eine breite und frühzeitige Beteiligung aber dazu beiträgt, Konflikte zu entschärfen und für mehr Akzeptanz zu sorgen, hat dies auch positive Auswirkungen auf nachfolgende Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren. Sie können schneller abgewickelt werden, weil viele potenzielle Streitpunkte schon frühzeitig identifiziert und vielleicht sogar schon bereinigt sind.

Keine zusätzliche Bürokratie

Wir wollen jedoch keine zusätzlichen bürokratischen Hemmnisse aufbauen und neue Verfahrenspflichten einführen. Die neue Regelung verzichtet deshalb aus gutem Grund auf staatlichen Zwang. Sie verpflichtet vielmehr die Verwaltung, entsprechend auf den Vorhabenträger einzuwirken. Jeder, der am möglichst reibungslosen Gelingen seines Vorhabens interessiert ist, wird – schon aus eigenem Interesse – gegenüber einer frühen Öffentlichkeitsbeteiligung aufgeschlossen sein. Es geht um Kooperation, nicht um Zwang. Schließlich trägt auch der Vorhabenträger das wirtschaftliche Risiko seiner Unternehmung und damit auch das Planungsrisiko selbst. Es liegt deshalb in seiner Verantwortung, den richtigen Zeitpunkt für eine frühzeitige Bürgerbeteiligung vor Antragstellung einzuschätzen.

Eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung soll es nicht nur bei großen Infrastrukturvorhaben geben, bei denen ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist. Sie soll vielmehr auch bei anderen Großvorhaben erfolgen, die vergleichbare Auswirkungen auf die Belange einer Vielzahl von Menschen haben. Die neue Regelung wurde deshalb sehr weit gefasst und gilt z.B. auch beim Bau größerer Anlagen mit immissionsschutzrechtlicher Genehmigungspflicht. Viele Unternehmen haben bereits in der Vergangenheit positive Erfahrungen mit einer frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung gemacht. Auch hieran wollen wir mit dem Planungsvereinheitlichungsgesetz anknüpfen; diese Vorbilder sollen durch dieses Gesetz zur Regel werden.         

 

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2013, Seite 12

 
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