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Inklusion

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Bettina Kraske - Maria Beyer - Access - Inklusion © Access

Trotz Sehbehinderung eine engagierte Supermarkt-Mitarbeiterin: Bettina Kraske (l.) mit ihrem Job-Coach Maria Beyer.

Menschen mit Behinderungen sind engagierte Mitarbeiter. Was können Betriebe für die Inklusion tun?

Menschen mit Behinderungen müssen oft lange nach einem Job suchen. Wenn sie aber gut in den betrieblichen Alltag integriert sind, gelten sie als überaus engagierte und loyale Mitarbeiter. Deshalb lohnt es sich für die Arbeitgeber, diese oft vergessene Zielgruppe zu fördern und individuelle Lösungen für sie zu finden. Dabei unterstützt die Access gGmbH mit Sitz in Erlangen, ein Fachdienst für die berufliche Inklusion von Menschen mit Behinderungen.

Maßgeschneiderte Arbeitsplätze

Auf der einen Seite verfügen Menschen mit Behinderungen über wertvolle Kenntnisse, Fähigkeiten und Eigenschaften, mit denen sie Unternehmen bereichern können. Auf der anderen Seite passen sie jedoch selten in starr vorgegebene Aufgabenpakete. Es braucht deshalb maßgeschneiderte Lösungen. Beim Ansatz des „Job-Carvings“ geht es darum, Aufgaben im Unternehmen neu zu organisieren, um Fachkräften mehr Raum für ihre Hauptaufgaben zu bieten und gleichzeitig Stellen an die Fähigkeiten von Menschen mit Einschränkungen anzupassen. Man geht also umgekehrt vor als üblich: Nicht nach passendem Personal für ein bestimmtes Stellenprofil suchen, sondern Arbeitsplätze genau an die individuellen Fähigkeiten der Mitarbeiter anpassen. So ein Konzept kann verschiedene Aspekte umfassen, z. B. eigens zugeschnittene Aufgabenbereiche, Arbeitszeiten und Arbeitsdauer sowie individuelle Arbeitsmethoden und Hilfsmittel. Die Inklusionsberater von Access begleiten die Unternehmen und die betroffenen Mitarbeiter, sodass diese ihre Aufgaben optimal erfüllen können. Sie stehen sowohl während der Einarbeitung als auch bei Bedarf darüber hinaus zur Verfügung.

Einige Beispiele für Tätigkeiten, die sich für das „Job-Carving“ eignen und die Menschen mit Behinderungen übernehmen könnten:

  • Aufgaben, die den Arbeitsfluss des Fachpersonals stören, regelmäßig liegen bleiben, sich wiederholen und viel Zeit binden
  • Aufgaben, die nicht der Qualifikation des eigentlichen Stelleninhabers entsprechen und unter Anleitung erlernt werden können
  • Aufgaben, die mit informell erworbenem Wissen und Fähigkeiten ausgeführt werden können

Solche Tätigkeiten könnten aus dem bisherigen Stellenprofil herausgelöst werden, um damit die Stelleninhaber zu entlasten. Auch abseits des „Job-Carvings“ steigen immer mehr Unternehmen von klassischen Stellenprofilen auf sogenannte „Rollen“ um, bei denen Aufgaben für ein klar definiertes Ziel gebündelt werden. Dies regelt Verantwortlichkeiten und ermöglicht mehr Flexibilität, insbesondere im Vertretungsfall. Das Umdenken, das für das „Job-Carving“ erforderlich ist, macht es auch darüber hinaus möglich, unerkannte Potenziale und neue Bewerber-Pools zu erschließen.

Beispiele aus der Praxis

IT-Assistent Peter Müller: Schon immer wollte Peter Müller (Name geändert) im IT-Bereich arbeiten. Allerdings hatte der Rollstuhlfahrer aufgrund seiner kognitiven Einschränkungen weder einen Schulabschluss noch eine Ausbildung abschließen können. Mit Unterstützung einer Access-Mitarbeiterin begann er Langzeit-Praktika in IT-Abteilungen. Dabei sollten Tätigkeiten herausgefunden werden, die er übernehmen kann, um Kollegen zu entlasten. Nach vielen Versuchen und Enttäuschungen fand Müller schließlich einen Mentor, der ihn unterstützte und Aufgaben identifizierte, die zu seinen Fähigkeiten passten: tägliche Updates, einfache Fehlerbehandlungen, Listen- und Tabellenführung. Müller wurde schließlich mit einem Arbeitsvertrag belohnt und sein Traum, IT-Assistent zu werden, erfüllte sich.

Bettina Kraske, die Arbeitsexpertin: Ein weiteres beeindruckendes Praxisbeispiel ist Bettina Kraske, eine Frau Anfang 30 mit einer starken Sehbeeinträchtigung. Sie hat eine Sehkraft von nur acht Prozent und nutzt ein technisches Hilfsmittel namens „Orcam“, das an ihrer Brille befestigt ist und ihr hinterlegte Informationen von Barcodes und Produktetiketten auf Fingerzeig vorlesen kann. Zusätzlich erlernte sie die Brailleschrift, um ihre beruflichen und privaten Möglichkeiten zu erweitern. Sie ist 25 Stunden pro Woche in einem Supermarkt tätig und kümmert sich dort um die Regale in der Molkereiprodukte-Abteilung. Zu ihren Aufgaben gehören das Einräumen von Neuware, das Ordnen von Produkten und das Prüfen von Mindesthaltbarkeitsdaten.

Job-Coach Maria Beyer half ihr, sich nach einem Komplettumbau der Filiale in ihrem Arbeitsumfeld zurechtzufinden. Sie fotografierten über 30 Meter Regal ab, um zu lernen, wo sich welche Produkte befinden. Gemeinsam probten sie Schritte, um sich am Regal zu orientieren. Außerdem übte Kraske mit einem Mobilitätstrainer den Weg von zuhause zu ihrem Arbeitsplatz. Am 1. September dieses Jahres feierte sie ihr zehnjähriges Betriebsjubiläum und wird weiter von Access im Rahmen der Berufsbegleitung unterstützt. Für Job-Coach Maria Beyer ist sie ein Vorbild: „Sie zeigt, was möglich ist, wenn man den Willen dazu hat, und bereit ist, neue Dinge auszuprobieren.“ Diese Bereitschaft führte auch dazu, dass Kraske von Access zur „Arbeitsexpertin“ ausgebildet wurde und nun anderen Betroffenen von ihrem beruflichen Weg berichtet und ihnen Mut macht.

Die Praxisbeispiele zeigen laut Access-Pressesprecherin Phyllis Ros, dass mit Unterstützung und Flexibilität auch vermeintlich benachteiligte Arbeitskräfte erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert werden können. In den Betrieben würden sie als wertvolle und engagierte Mitarbeiter geschätzt. Ros weist auf einen weiteren Aspekt hin: Die Betriebe, die sich für die Inklusion engagieren, profitieren auch von einer wertschätzenden Unternehmenskultur, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch stärker zusammenhalten lässt.

 

Access: Fachdienst für berufliche Inklusion

Die Access – Inklusion im Arbeitsleben gemeinnützige GmbH mit Standorten in Erlangen, Nürnberg, Fürth und Bamberg engagiert sich dafür, Menschen mit Behinderungen und besonderem Unterstützungsbedarf in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren. Sie bietet verschiedene Angebote an, u. a. Berufsorientierung für Schulabgänger, beruflicher Wiedereinstieg und Wechsel von Werkstätten für behinderte Menschen in eine reguläre Beschäftigung. Weitere Tätigkeiten der Experten für Inklusion: Suche nach geeigneten Arbeitsplätzen, Beratung der Unternehmen bei der Schaffung geeigneter Stellen, kontinuierliche Begleitung am Arbeitsplatz (Job-Coaching), Übernahme von Verwaltungsaufgaben, Kontakt zu Kostenträgern und Unterstützung bei Förderanträgen.

Access hat in den vergangenen 25 Jahren mehr als 1 500 Kooperationsbetriebe aus verschiedenen Branchen gewonnen. Auch die IHK Nürnberg für Mittelfranken arbeitet seit Langem mit Access zusammen. Knut Harmsen, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Erlangen, ist Mitglied im Access-Beirat.

Externer Kontakt:

Access gGmbH
Tel. 09131 897 444
arbeit@access-ifd.de
www.access-inklusion.de

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2023, Seite 18

 
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