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Rechtskenntnisse sind für Kreative kein Luxus

Finanzkrise der Stadt Nürnberg auf der einen Seite, wegweisende kulturpolitische Initiativen auf der anderen Seite. „WiM“ befragte Nürnbergs Kulturreferentin Prof. Dr. Julia Lehner, wie dieser Spagat gelingen und wie Nürnberg als Kultur- und Dürerstadt profiliert werden kann.

Immer wieder ist festzustellen, wie groß die Verunsicherung im Umgang mit rechtlichen Bestimmungen rund um das kreative Schaffen ist. Nachfolgend deshalb eine Auswahl wichtiger Grundlagen zum Urheber-, Marken- und Geschmacksmusterrecht, die gerade für Kreative im Bereich Werbung und neue Medien rechtlich relevant sein können.

Da Recht immer etwas sehr Abstraktes ist, bilden Juristen gerne Beispielfälle, um die Probleme konkreter darstellen zu können. Unser Beispielfall heißt Jana (natürlich jung und dynamisch), die als Grafikerin in einer Werbeagentur arbeitet. Für einen Agenturkunden aus dem Stahl verarbeitenden Gewerbe, nennen wir ihn Eisen & Stahl GmbH, hat sie einige Vorschläge zu einem Firmenlogo entworfen. Der Kunde entscheidet sich für einen Entwurf und möchte nun wissen, ob sein neues Logo vor Nachahmern und Nachahmung geschützt ist.

Urheberrecht
Geprüft werden kann zunächst, ob das neue Logo bereits durch Urheberrecht geschützt ist. Dies hätte den großen Vorteil, dass der urheberrechtliche Schutz bereits mit dem Zeichnen des Logos entstanden wäre, womit sich eine eigene Anmeldung oder Eintragung erübrigt.

Nun verlangt das Urheberrecht aber, dass das Werk (in vorliegendem Fall also das neue Firmenlogo der Eisen & Stahl GmbH) eine gewisse Gestaltungshöhe (im Sinne eines besonderen künstlerischen Anspruchs) aufweist. So soll vermieden werden, dass selbst einfache Formen und Symbole einem Urheberrecht unterliegen und damit von der Allgemeinheit nicht mehr genehmigungsfrei verwendet werden könnten; denn dann würde das kreative Schaffen sehr schnell zum Erliegen kommen, da der Vorrat an grundlegenden Formen und Symbolen doch sehr begrenzt ist.

Was Gestaltungshöhe konkret bedeutet, formulierte das Oberlandesgericht Frankfurt bereits 1988 wie folgt: „...für das notwendige Maß an Gestaltungshöhe ist es erforderlich, dass das Werk aus der Masse des Alltäglichen als etwas Besonderes, Herausragendes und nicht Landläufiges hervortritt“, was Juristen auch gerne als „kreativen Überschuss“ interpretieren.

Dieser „kreative Überschuss“ wird innerhalb der einzelnen Werkgattungen weiter differenziert: So ist der Maßstab bei den klassischen Werktypen der Literatur, Kunst und Wissenschaft eher niedrig angesetzt – womit bereits der banalste Groschenroman urheberechtlichen Schutz genießt. Dagegen liegt im Bereich der angewandten Kunst (u.a. Gestaltung von Gebrauchsgegenständen, Grafiken) die Messlatte deutlich höher. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Anforderungen für diese Werkgattung so hoch sind, dass mit unter zehn Prozent aller Gebrauchsgegenstände nur selten ein urheberrechtlicher Schutz besteht.

Markenrecht
Ganz anders sieht es dagegen im Markenrecht aus, wo es die Hürde der Gestaltungshöhe erst gar nicht gibt. Das neue Firmenlogo könnte also ohne weiteres als Marke eingetragen werden und wäre damit geschützt – allerdings erst nach Eintragung beim Deutschen Patentamt, was ein gebührenpflichtiges Eintragungsverfahren erfordert. Dabei prüft das Patentamt grundsätzlich, ob die einzutragende Marke unterscheidungskräftig ist und kein Freihaltebedürfnis besteht.

Unterscheidungskräftig bedeutet, dass sich die Marke von anderen Marken abheben muss und zwar zunächst für die Waren- oder Dienstleistungskategorie, für die sie verwendet werden soll. Das neue Logo der Eisen & Stahl GmbH darf also nicht mit anderen Firmen, die ebenfalls im Stahl verarbeitenden Gewerbe tätig sind, verwechselt werden können.

Dagegen besteht ein Freihaltebedürfnis immer dann, wenn die Marke Produkt immanent ist oder zum Allgemeingut gehört. Ein Milch erzeugender Betrieb kann ebenso wenig die naturgetreue Abbildung einer Kuh markenrechtlich schützen lassen wie ein Spirituosenhersteller die Bezeichnung „Sekt“. Auch der Firmenname Eisen & Stahl GmbH wäre als solcher viel zu allgemein und damit keine schutzfähige Marke im Sinne des Markenrechts.

Da das neue Firmenlogo der Eisen & Stahl GmbH weder die naturgetreue Abbildung einer Sache ist, noch einem allgemein gültigen Zeichen ähnelt, sind alle wichtigen Voraussetzungen für eine Eintragung erfüllt. Zudem besteht jetzt die Möglichkeit, Firmenlogo und -name zu einer so genannten „Wort-Bild-Marke“ zu verbinden, was dem Firmennamen zumindest in Kombination mit dem Firmenlogo markenrechtlichen Schutz verleiht.

Geschmacksmusterrecht
Nun soll für die Eisen & Stahl GmbH auch noch ein Internet-Auftritt gestaltet werden. Jana entwirft mehrere Layouts, der Auftraggeber entscheidet sich schließlich für eine extravagante Variante mit aufwendiger Navigation und vielen animierten Produktpräsentationen. Da sehr viel Arbeit in der Erstellung steckt, möchte der Kunde auch hier sichergehen, dass sein Internet-Auftritt nicht von Dritten einfach übernommen werden kann.

Die Überlegungen gehen zunächst wieder in Richtung Urheber- und Markenrecht. Allerdings ist bereits fraglich, ob eine Webseite überhaupt ein Werk im Sinne des Urheberrechts darstellt, mit Sicherheit aber scheitert der urheberrechtliche Schutz spätestens am Anspruch der Gestaltungshöhe. Auch das Markenrecht greift nicht, da es sich bei einer Webseite nicht um die Bezeichnung oder Verkörperung eines Produktes oder einer Dienstleistung, die lediglich präsentiert werden, handelt. Natürlich genießt unser Logo samt Firmenname auch im Rahmen der Webseite markenrechtlichen Schutz. Layout und Gestaltung der Webseite sind aber vor Nachahmung nicht geschützt.

Diese Lücke schließt das Geschmacksmusterrecht, das den Schutz eines bestimmten Geschmackes, genauer den Schutz von Mustern und Modellen, unter die auch das Layout von Webseiten fällt, schützt.

Zwar liegt der Maßstab der Kreativität deutlich niedriger als im Urheberrecht; dennoch fordert der Gesetzgeber auch im Geschmacksmusterrecht ein überdurchschnittliches Maß an Kreativität, was derzeit rund 30 Prozent aller Webseiten als schutzfähige Geschmacksmuster ausweisen würde. Vergleichbar dem Markenrecht bedarf es auch beim Geschmacksmusterrecht einer Anmeldung beim Deutschen Patentamt, die ebenfalls gebührenpflichtig ist.

Da es sich bei Janas Webseite um ein besonders kreatives Exemplar handelt, könnte diese tatsächlich als Geschmacksmuster angemeldet werden und wäre so vor Nachahmung geschützt.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass sich gerade für Kreative ein Blick auf die einschlägigen Bestimmungen durchaus lohnt: So lässt sich einerseits feststellen, ob tatsächlich eine Verletzung der eigenen Rechte durch Dritte vorliegt, andererseits steigt das Bewusstsein dafür, was erlaubt ist und was nicht. Vor diesem doppelten Mandat ist Recht nicht nur hinderlich, sondern hilft, den Wert mühsam erarbeiteter Kreativität ausreichend zu schützen.

RA Farid Mahmood / Ingo Fische
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2003, Seite 18

 
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