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Weltmarke Olympia

Auf eine große Karriere als Leistungssportler und als Sportpolitiker kann Dr. Thomas Bach zurückblicken: Bei Olympia 1976 in Montreal war er Florett-Olympiasieger mit der Mannschaft, 1976 und 1977 außerdem Mannschafts-Weltmeister. Schon während seiner sportlichen Laufbahn engagierte sich der promovierte Jurist als Athletensprecher. Das sich daran anschließende sportpolitische Engagement führte den Franken in das Internationale Olympische Komitee (IOC), dessen Vizepräsident er seit 2000 ist. Beim 116. „Kammergespräch“ – dem ersten zu einem Thema des Sports – referierte er über die Leipziger Olympia-Bewerbung, die Spiele 2004 in Athen, aber auch über Kommerzialisierung und Doping.

Kein anderes Ereignis vereint die ganze Welt wie Olympia, keine Marke ist globaler und positiver belegt. Dies ist der Grund dafür, dass unzählige Unternehmen durch Werbung mit Olympia ihr Image verbessern wollen und dass sich die TV-Stationen weltweit um Senderechte bemühen. 4,5 Mrd. US-Dollar nimmt das IOC während einer Olympiade – also in den vier Jahren zwischen den Spielen – ein.

Nur die Fußball-WM könne es annähernd mit Olympia als weltumspannendes Ereignis aufnehmen. Die Fußball-WM 2006 in Deutschland sei deshalb eine riesige Chance für Nürnberg, sich international als weltoffene und attraktive Region zu präsentieren, aber auch um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen und um innovative Produkte und kulturelle Veranstaltungen zu bewerben. Es sei eine einmalige Möglichkeit, den in der Kommunikationsgesellschaft so wichtigen Wirtschaftsfaktor Image zu stärken.

Ein wesentliches Ziel der Olympischen Bewegung ist es nach Worten Bachs, die Chancengleichheit zwischen reichen und armen Ländern zu verbessern. So wurden in den letzten Jahren 230 Mio. Dollar investiert, um Athleten der Dritten Welt zu fördern. Eine weitere Aufgabe, der sich das IOC in den nächsten Jahren intensiv widmen wird, ist die Gestaltung des Olympischen Programms: In Athen wird wie in Sydney vier Jahre zuvor in 28 Sportarten um die Medaillen gekämpft, diese Zahl wird vom IOC laut Bach „als mehr oder weniger feste Größe“ betrachtet. Nach den Sommerspielen 2004 wird dann diskutiert, ob neue Sportarten hinzukommen und dafür bisherige Disziplinen herausfallen. Neue Sportarten müssen laut Bach im Wesentlichen zwei Kriterien erfüllen: Universelle Ausübung (Sportarten werden in mindestens 75 Ländern auf drei Kontinenten betrieben) und Telegenität. Denn „universal“ und „jugendgerecht“ könne eine Sportart nur sein, wenn sie für die Fernsehausstrahlung attraktiv sei.

Was die Vorbereitung auf die Spiele 2004 in Athen angeht, zu denen 10 500 Athleten aus rund 200 Ländern erwartet werden, ist Bach optimistisch: Das IOC habe vor Ort einen sehr guten Eindruck gewonnen; man gehe davon aus, dass alle Bauarbeiten rechtzeitig abgeschlossen werden. Auch organisatorisch hätten die Griechen große Fortschritte gemacht, was sich in einer Reihe von Testwettbewerben erwiesen habe.

Zur Olympia-Bewerbung 2012 von Leipzig wollte sich das IOC-Mitglied nicht mit einer Bewertung äußern. Auf jeden Fall seien die personellen Querelen nicht hilfreich gewesen. Bei der anstehenden ersten Stufe des zweiteiligen Bewerbungsverfahrens, für die die Unterlagen bis 15. Januar eingereicht werden müssen, gehe es jedoch ausschließlich um harte Fakten wie Infrastruktur, Flugverbindungen, öffentlicher Nahverkehr und Hotel-Kapazitäten. Wenn diese Hürde überwunden ist, könnte Leipzig als kleinerer Bewerber im Feld zahlreicher Weltstädte durchaus mit Charme punkten.

Keine Toleranz will Bach beim Doping zulassen: Athleten, bei denen verbotene Substanzen nachgewiesen werden, müssten bei Olympia sofort disqualifiziert werden. Bei den nationalen Fachverbänden liege es dann, über Strafen und Sperren zu entscheiden, wobei sorgfältig jeder Einzelfall betrachtet werden müsse. Denn die Gefahr, ungewollt positiv getestet zu werden, sei durchaus gegeben (etwa bei der Einnahme scheinbar unverdächtiger Schnupfenmittel). Es gebe aber auch zahlreiche Athleten, die aktiv am Betrug mitwirkten. Insofern sei der aktuelle Doping-Skandal in der US-Leichtathletik heilsam, weil er eine überfällige Diskussion in Gang setze.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2003, Seite 28

 
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