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Die Auslagerung an Dienstleister wird salonfähig

Bisher zählten Bereiche wie die betriebliche Personalwirtschaft zu den hausinternen Verwaltungsaufgaben eines Unternehmens, deren Auslagerung an externe Dienstleister kaum in Frage zu kommen schien. In den vergangenen zwei Jahren hat sich dies geändert. Ausgehend von den USA und Großbritannien breitet sich der Trend zum Business Process Outsourcing (BPO) mittlerweile auch in Deutschland aus. Dies betrifft z. B. das Personalwesen, ebenso wie Kundenmanagement, Beschaffung oder Logistik.

Dass solche Unternehmensbereiche bislang nicht im Fokus ökonomischer Konzentration standen, dafür gibt es Gründe: Zunächst fehlte es an der kommunikationstechnischen Grundlage, welche heute die standardisierten e-business-Lösungen in Verbindung mit dem Internet bieten und effektive firmenübergreifende Zusammenarbeit ermöglichen. Zum anderen hat der anwachsende wirtschaftliche Druck den Blick auf die Rentabilität der Prozesse im Unternehmen gelenkt. Auch im Mittelstand lautet die Frage heute: Welche Prozesse tragen wirklich zur Wertschöpfung bei und was kann ausgelagert werden, weil andere das besser und günstiger erledigen?

Es ist daher nicht verwunderlich, dass nach den USA auch in Europa der BPO-Markt im Bereich Human Resources (HR) stark wächst, wobei mit HR das gesamte Spektrum der Personalwirtschaft gemeint ist, angefangen bei der Personalverwaltung bis zur Personalentwicklung und personalwirtschaftlichen Projekten. Analysten der Gartner Group prognostizieren für Europa ein Volumen für BPO, das von rund 38 Mrd. im Jahr 2002 auf 64 Mrd. Dollar im Jahr 2005 steigen soll. Die Münchner Tochter des französischen Marktanalysten Pierre Audoin Conseil beurteilt das vorsichtiger, schätzt aber den deutschen BPO-Markt für 2005 immerhin auf rund zwei Mrd. Euro.

Selbst wer solchen Prognosen misstraut, der wird doch sehen müssen, dass sich hier eine Entwicklung zeigt, die in den nächsten Jahren auch im HR-Bereich Niederschlag finden wird. Denn die Rechnung ist einfach: Wo können heute und morgen im Unternehmen Fixkosten durch variable Kosten ersetzt werden? Zum Beispiel in der Personalwirtschaft. In Benchmarks wurde klar festgestellt, dass durch das Auslagern von personalwirtschaftlichen Aufgaben im Schnitt 20 Prozent und mehr an Kosten eingespart werden. Den Erfahrungen von HR-Dienstleistern zufolge gibt es bei reinen Abwicklungsaufgaben wie der Gehaltsabrechnung sogar noch höhere Einsparungsmöglichkeiten. Auch wenn die externe Lohn- und Gehaltsabrechnung hierzulande als bereits etabliert angesehen werden kann, so dürfte dieses Einsparpotenzial bei manchem mittelständischen Unternehmen noch nicht ausgeschöpft sein.

Es ist nicht nur eine Frage der Kostenreduktion, wenn sich Unternehmen zur Auslagerung von Geschäftsprozessen entschließen. Vielmehr steckt dahinter auch die Konzentration auf die Kernkompetenz des Unternehmens. Diese Fokussierung auf den eigentlichen Kern der Wertschöpfung, so lautet das Credo, macht das Unternehmen schlagkräftiger, effizienter und wettbewerbsfähiger.

Der HR-Dienstleister seinerseits wird nur dann besser und günstiger arbeiten können, wenn er die ausgelagerten Aufgaben in die volle eigene Verantwortung nimmt. Dieses Kriterium unterscheidet das Business Process Outsourcing wesentlich von herkömmlichen Dienstleistungen, die sich im Umfeld des Unternehmens bewegen. Für die Auslagerung von HR-Abteilungen bedeutet diese Übernahme der Verantwortung auch: Niemand muss auf gewohnte Ansprechpartner verzichten, weil HR-Dienstleister in der Regel die betreffenden Mitarbeiter übernehmen. Dazu gehört auch die Einbeziehung des Betriebsrats von Beginn an.

Elektronische Personalakte
Somit kristallisiert sich heraus, dass es bei der Auslagerung von personalwirtschaftlichen Prozessen um durchaus wesentliche Veränderungen im Unternehmen geht. Ein Beispiel: Die elektronische Personalakte. Sie ist gleichsam die Drehscheibe, mit der einerseits der HR-Dienstleister in der Lage ist, die Personalverwaltung zu übernehmen, und mit der andererseits der Unternehmer weiterhin und – dank der Kommunikationstechnik – rund um die Uhr Zugang zu den Akten seiner Mitarbeiter hat.

Abgesehen von dieser Voraussetzung, der Verfügbarkeit elektronischer Personalakten, fällt meist kein weiterer technischer Aufwand an, davon ausgehend, dass jedes Unternehmen heute über entsprechende Zugänge zum Internet verfügt. Denn die gemeinsame technische Grundlage der Zusammenarbeit besteht in der Kommunikation über das Netz und den notwendigen Zugängen zu den IT-Strukturen, die der Dienstleister bereithält. Darin liegt der Vorteil, unabhängig von anderen, nicht standardisierten Strukturen zu werden, die noch vielfach im Personalbereich von mittelständischen Unternehmen zu finden sind.

Auf der anderen Seite handelt es sich um vertrauliche, sensible Daten, die nun außerhalb, bei einem Dienstleister gepflegt, vorgehalten und über ein öffentliches Medium, das Internet, kommuniziert werden. Hierzu verweisen HR-Dienstleister auf die Sicherheitsstandards, die denen des etablierten Online-Bankings gleichgestellt sind. Ebenso wie bei Zahlungsabwicklungen werde mit den bewährten Verschlüsselungsverfahren, Passwort- und Schlüsselabgleichen der Schutz vor unbefugtem Datenzugriff sichergestellt. Weiter wird darauf verwiesen, dass sich der Datenaustausch etwa in der Lohn- und Gehaltsabrechnung über gesicherte Datenverbindungen bewährt habe.

Allerdings ersetzt die technische Kommunikation gerade bei HR-Aufgaben wie etwa der Personalbetreuung keinesfalls die direkte Kommunikation. Mitarbeiter werden weiterhin einen Ansprechpartner für ihre Fragen und Anliegen brauchen. Das heißt, Mitarbeiter des Dienstleisters sind zumindest zeitweise direkt im Unternehmen ansprechbar, selbstverständlich muss der Dienstleister für die Mitarbeiter des Kundenunternehmens stets auch telefonisch erreichbar sein. Denn der Dienstleister trägt die Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern, den Behörden oder den Leistungsträgern. Das Angebot muss über das einer eher schwach besetzten Personalabteilung hinausgehen. Denn mit der Auslagerung wird ja beides verfolgt, die Kostenreduzierung und die Qualitätsanhebung der Personalarbeit.

Zu diesen Anforderungen für HR-Auslagerung – Kommunikationstechnik, Übernahme von Verantwortung und Präsenz – kommt eine weitere wichtige Voraussetzung: Es müssen organisatorische Strukturen geschaffen werden, die es dem Dienstleister erlauben, zur Schnittstelle zwischen dem Unternehmen und allen personalwirtschaftlichen Fragen zu werden. Daher ist ein wichtiges Kriterium für die Auswahl eines HR-Dienstleisters, dass er über entsprechende Beratungskompetenz verfügt, um mit dem Kunden eine gemeinsame Basis für die extern geführte Personalabteilung zu erarbeiten.

Markus Birk
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2003, Seite 18

 
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