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Neue Regelungen für die Anbieter

Finanzdienstleister übernehmen im Zuge des Outsourcing vielfältige Aufgaben für Unternehmen. Im Zuge des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen, den die Europäische Kommission am 11. Mai 1999 vorgelegt hat, kommen jedoch zahlreiche neue Regelungen auf die Anbieter zu. Festgelegt wird, wer unter welchen Voraussetzungen künftig Finanzdienstleistungen vermitteln darf. Die Neuregelungen werden sich auf die Tätigkeit der Finanzdienstleister und ihre Produkte niederschlagen.

Der Aktionsplan sieht bis 2005 spezielle Maßnahmen zur Verbesserung des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen vor. Ziele des Aktionsplans ist es,
? einen einheitlichen Firmenkundenmarkt für Finanzdienstleistungen zu gewährleisten,
? offene und sichere Privatkundenmärkte zu schaffen,
? Aufsichtsregeln und Überwachung zu modernisieren.

Um den Binnenmarkt der Europäischen Gemeinschaften auch im Bereich der Finanzdienstleistungen zu schaffen, müssen einige Hemmnisse und Schranken beseitigt werden. Sie betreffen sowohl den grenzüberschreitenden Handel mit Finanzdienstleistungen als auch die Möglichkeit des mitgliedstaatenübergreifenden Arbeitens der Finanzdienstleister. Zudem soll der Aktionsplan den Verbraucherschutz stärken. Die Entwicklung und Stärkung des europäischen Kapitalmarktes ist aus Sicht der IHK-Organisation grundsätzlich positiv zu bewerten, eröffnet er doch auch für deutsche Finanzdienstleister neue Perspektiven und Tätigkeitsgebiete. Doch einzelne Regelungen des Aktionsplans, die Berufszugang und Ausübung betreffen, belasten kleine und mittelständische Finanzdienstleister.

Der Aktionsplan enthält verschiedene Maßnahmen. Drei für die deutschen Finanzdienstleister besonders wichtigen Vorhaben bzw. Richtlinien sollen im Folgenden angesprochen werden.
? Richtlinie über den Fernabsatz für Finanzdienstleistungen
? Richtlinie über die Versicherungsvermittlung
? Vorschlag zur Änderung der Richtlinie über Wertpapierdienstleistungen

Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen
Die in der Richtlinie enthaltenden Vorschriften müssen bis spätestens Oktober 2004 in deutsches Recht umgesetzt werden. Werden Finanzdienstleistungen über Telefon, Fax oder Internet (so genannter Fernabsatz) verkauft bzw. vermittelt, so muss sich der Finanzdienstleister an diese neue Vorschriften halten.

Wesentlich sind hierbei u.a. die Informationspflichten des Finanzdienstleisters gegenüber dem Kunden vor Abschluss des Vertrages, die er in Textform auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger über sich selbst, seinen Gewerbebetrieb und seine Aufsichtsbehörde erbringen muss. Die Finanzdienstleistung muss in ihren wesentlichen Merkmale beschrieben und der Gesamtpreis angegeben werden (inklusive Provisionen, Gebühren, Abgaben, Steuern etc. oder die Grundlage für deren Berechnung). Aufgeführt werden müssen auch die Risiken der Finanzdienstleistung und Einzelheiten zur Zahlung und der Erfüllung des Vertrages. Auch die Rechte des Kunden bei Abschluss eines Fernabsatzvertrages müssen klar hervorgehen (z.B. Bestehen oder Nichtbestehen des Widerrufsrechts, Frist und Ausübungsvoraussetzungen des Widerrufs, Betrag, der bei Widerruf gezahlt werden muss, Angaben über die Kündigungsmöglichkeit, Mindestlaufzeit des Fernabsatzvertrages). Schließlich ist auch über die Möglichkeiten des Rechtsbehelfes zu informieren (z.B. Verfahren, Voraussetzungen, Entschädigungsmöglichkeiten).

Richtlinie über die Versicherungsvermittlung
Die Richtlinie über die Versicherungsvermittlung wird zu einer gravierenden Änderung der Vorschriften für die Versicherungsvermittler führen. Sie muss bis zum 15. Januar 2005 in deutsches Recht umgesetzt werden. Folgende Änderungen werden sich im deutschen Recht ergeben:

Eine zentrale Rolle spielt die Erlaubnispflicht für die Ausübung der Versicherungsvermittlung. Die Erlaubnis wird erteilt, wenn der Vermittler angemessene Kenntnisse und Fertigkeiten darlegen kann, einen guten Leumund hat, eine Haftpflichtversicherung, die bestimmte Bedingungen erfüllt, vorlegen kann bzw. die Haftung von einem Dritten übernommen wird, und wenn die Kundengelder gesichert sind. Außerdem wird der Vermittler in einem Vermittlerregister geführt. Die Richtlinie regelt zudem Informationspflichten des Vermittlers gegenüber seinem Kunden sowie Niederlegungspflichten des Vermittlers bei bestimmten vom Kunden erhaltenden Informationen.

Richtlinie über Wertpapierdienstleistungen
Diese Richtlinie regelt u.a., wer unter bestimmten Voraussetzungen Wertpapiere vermitteln kann. Bisher waren die Anlageberatung und die Vermittlung von Investmentfonds nicht von dieser Richtlinie erfasst. Die geplante Ausweitung des Anwendungsbereiches der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie auf die Anlageberatung würde in Deutschland zu Veränderungen in der Struktur der Finanzdienstleister führen. Die Anlageberatung wird in Deutschland z.B. auch im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsprodukten angeboten. Sie unterliegt derzeit noch nicht den Vorschriften der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, soweit sie nicht von einem Finanzdienstleistungsinstitut oder einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen als Nebendienstleistung angeboten wird, da die „alte“ Wertpapierdienstleistungsrichtlinie hier eine Ausnahme ermöglicht hat. Viele Finanzdienstleister bzw. Versicherungsvermittler vermitteln zudem Investmentfonds bzw. fondsgebundene Lebensversicherungen, die bisher zwar schon begrifflich als Wertpapierdienstleistung gelten, deren Vermittlung jedoch bisher nach § 2 Abs. 6 Nr. 8 Kreditwesengesetz von der umfassenden Genehmigungspflicht nach dem Kreditwesengesetz befreit ist (zu beachten aber § 34c
Gewerbeordnung GewO). Werden Anlageberatung und Vermittlung von Investmentfonds dann durchgeführt, so braucht der Finanzdienstleister, der nach der Richtlinie für die Versicherungsvermittlung ab 2005 eine Erlaubnis benötigt, vermutlich noch eine zusätzliche Erlaubnis. Dies wäre mit weiteren finanziellen Auswirkungen, Berichts- und Auskunftspflichten verbunden.

Annika Böhm, Bianca Biwer (DIHK)

Wie ist was geregelt?
Finanzdienstleistungen sind in verschiedenen Vorschriften geregelt. Je nachdem, welche Finanzdienstleistung gewerbsmäßig vermittelt werden soll, gibt es unterschiedliche Erlaubnisvorschriften in § 34c Gewerbeordnung und im Kreditwesengesetz. Diese betreffen die Frage, wer Finanzdienstleistungen gewerbsmäßig anbieten darf. Die alleinige Vermittlung von Versicherungen durfte bisher mit einer Anzeige beim Gewerbeamt nach § 14 Gewerbeordnung vorgenommen werden. Sobald aber neben dieser reinen Versicherung Investmentfonds bzw. Investmentanteile, Anlage- und Abschlussvermittlung von sonstigen öffentlich angebotenen Vermögensanlagen oder andere Finanzdienstleistungen betrieben werden sollen, ist eine Erlaubnis nach § 34c Gewerbeordnung oder § 32 Kreditwesengesetz erforderlich. Im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten bestehen derzeit in Deutschland daher relativ wenige Regelungen. Im Wesentlichen wird auf die Eigenverantwortung des Finanzdienstleisters gebaut. Im Sinne der Gewerbefreiheit werden hiernach nur dann Regelungen aufgestellt, die zur Sicherung von besonders wichtigen Gemeingütern auch wirklich erforderlich sind. Neben den Vorschriften über die Erlaubnis bestehen noch weitere Vorschriften, die die Art und Weise der Berufsausübung etc. (z.B. die Makler- und Bauträgerverordnung) regeln.

Definitionen
Finanzdienstleister sind unter anderen Banken, Wertpapierhäuser, Finanzdienstleistungsinstitute, Versicherungsunternehmen, Versicherungsvermittler etc.
Finanzdienstleistungen sind Anlage- und Abschlussvermittlungen von Finanzinstrumenten, Finanzportfolioverwaltung, Eigenhandel, Drittstaateneinlagenvermittlung, Finanztransfergeschäfte, Sortengeschäfte und Kreditkartengeschäfte.
Zu den Finanzinstrumenten zählen Wertpapiere (u.a.) Aktien, Zertifikate, die Aktien vertreten, Schuldverschreibungen, Genussscheine, Optionsscheine und andere vergleichbare handelbare Wertpapiere, Geldmarktinstrumente (zum Beispiel kurzfristige Schuldscheindarlehen, Deposit Notes, Finanz-Swaps, Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate), Derivate, Devisen und Rechnungseinheiten.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2003, Seite 16

 
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