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Optimistische Aussagen zur Konjunktur

Die mittelfränkische Wirtschaft ist im Herbst 2004 auf den Kurs einer moderaten Erholung zurückgekehrt. Industrie und Dienstleistungen zeigen sich von der konjunkturellen Atempause zur Jahresmitte wenig beeindruckt und berichten von einer anhaltenden, allerdings nur langsamen Besserung ihrer Geschäftslage. Auch die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate sind nach oben gerichtet – nicht mehr mit der Euphorie wie zu Jahresbeginn, aber deutlicher als zu Beginn des Sommers. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse der Ende September abgeschlossenen IHK-Herbstumfrage zur Konjunktur, die IHK-Volkswirt Dr. Udo Raab in der Vollversammlung vorstellte. Die Mitglieder des IHK-Parlaments bestätigten in ihren branchenbezogenen Beiträgen die Ergebnisse der Konjunkturumfrage.

Der vornehmlich durch die Auslandsnachfrage nach Industriegütern getragene Aufschwung erscheint aber trotz der positiven Signale aus den Urteilen zu Geschäftslage und -aussichten noch nicht gefestigt: Schwachpunkt bleibt der IHK-Umfrage zufolge die Inlandsnachfrage. So herrscht in den Unternehmen Zurückhaltung bei den Investitionen, unter den Verbrauchern ist die Anschaffungsneigung nur gering. Immerhin deutet sich ein allmähliches Ende der Konsumzurückhaltung an: Gastgewerbe und Freizeitwirtschaft berichten bereits über gestiegene Umsätze, noch nicht jedoch der Einzelhandel. In den Beschäftigungsplänen für das kommende Jahr zeigen sich nur langsam erste Anzeichen für eine zunehmende Neigung zu Neueinstellungen – am deutlichsten noch im Dienstleistungssektor.

Geschäftslage gefestigt, Zuversicht kehrt zurück
Über alle Branchen hinweg berichten 25 Prozent der Befragten von einer „guten“ und 49 Prozent von einer „befriedigenden“ Geschäftslage, 26 Prozent beurteilen sie als „schlecht“. Für die kommenden Monate erwarten 22 Prozent der Befragten eine weitere Verbesserung, elf Prozent befürchten einen Rückschlag für ihre Geschäfte.

Mit dem nahezu ausgeglichenen Saldo von „gut“- und „schlecht“-Urteilen gelingt der mittelfränkischen Wirtschaft ein weiterer Schritt aus der konjunkturellen Talsohle der Jahre 2002 und 2003 heraus. Seit gut einem Jahr profitierte insbesondere die Industrie von einer außenwirtschaftlich bedingten Belebung ihrer Umsätze. In ihrem Gefolge hatte sich zu Beginn des Jahres 2004 das Geschäftsklima in den übrigen Branchen ebenfalls verbessert. Dieser positive Trend hat sich im Frühsommer 2004 zunächst nicht fortsetzen können. Nun scheint die Sommer-Delle überwunden, und mit der weiter gefestigten Geschäftslage ist auch Zuversicht zurückgekehrt, die zwar nicht das hohe Ausmaß wie zu Jahresbeginn erreicht, doch stärker als noch zu Beginn des Sommers ausgeprägt ist. Der Schluss liegt nahe, dass sich die mittelfränkischen Unternehmen auf eine sich weiterhin nur in mäßigem Tempo erholende Konjunktur eingestellt haben.

Ergebnisse nach Branchen
Die Aufwärtsentwicklung vollzieht sich nicht gleichmäßig über alle Branchen hinweg. Die Industrie kann mit einem nochmals verbesserten Lageurteil (Saldo plus zehn Prozentpunkte) ihre führende konjunkturelle Rolle behaupten. Wie schon während des vergangenen Jahres verdankt sie dies jedoch vor allem dem guten Auftragseingang aus dem Ausland. Auch die Erwartungen sind weiter nach oben gerichtet, am deutlichsten unter den Herstellern von Investitionsgütern. In der Bauwirtschaft dagegen trübt die saisonal bedingte Verschlechterung das Lageurteil und die Erwartungen der Befragten. Nach wie vor sorgenvoll betrachtet der Einzelhandel die derzeitige und auch die zukünftige Geschäftsentwicklung, während Großhändler und Handelsvertreter zwar über stagnierende Umsätze berichten, doch immerhin auf Besserung hoffen. Innerhalb der Dienstleistungen bleibt für Unternehmen aus dem Güterverkehr die Lage angespannt, gerade angesichts der hohen Treibstoffpreise und des intensiven Wettbewerbs. Auch die Immobilienwirtschaft sieht sich im Gefolge der Bauwirtschaft noch nicht im Aufschwung. Dagegen haben Hotel-, Gast- und Reisegewerbe sowie Dienstleister der Freizeitwirtschaft die konjunkturelle Wende sehr rasch vollzogen: Sie berichten von einer guten Geschäftslage und hoffen, dass der Tiefpunkt der Ausgabenzurückhaltung nachhaltig überwunden ist.

Investitionen und Beschäftigung
Die inländischen Investitionspläne der mittelfränkischen Wirtschaft sind noch immer von abwartender Zurückhaltung gekennzeichnet. Trotz der bereits recht optimistischen Geschäftserwartungen halten sich die Zahlen von Unternehmen mit wachsendem und mit schrumpfendem Investitionsvolumen in etwa die Waage. Auch in den Investitionsmotiven spiegelt sich die gegenwärtige – insgesamt im Zeitvergleich nur durchschnittlich hohe – Kapazitätsauslastung ebenso wie die angespannte Ertragslage, durch die selbst finanzierte Investitionen erschwert werden. Entsprechend dominieren neben
Ersatzbeschaffungen insbesondere Rationalisierungsinvestitionen, die eine kostengünstigere Produktion ermöglichen.

Noch zurückhaltender als in den Investitionsplänen zeigt sich die mittelfränkische Wirtschaft in den Beschäftigungsabsichten. Zwar ist auch hier eine moderate Besserung gegenüber dem schwachen Jahr 2003 unverkennbar, doch überwiegt in fast allen Branchen die Zahl der Unternehmen, die mit geringeren Belegschaften planen müssen. Mit einem immerhin fast ausgeglichenen Saldo und geplanten Zuwächsen bei jedem sechsten Befragten präsentieren sich die unternehmensnahen Dienstleistungen erneut als Vorreiter bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze, gefolgt vom Gastgewerbe. Für Handel, Bauwirtschaft und Industrie muss dagegen mit einer weiterhin sinkenden Zahl an Arbeitsplätzen gerechnet werden. Insgesamt schlägt sich der langsame Aufschwung der Geschäftsentwicklung noch nicht in ausreichendem Maße am Arbeitsmarkt durch.

Untypischer Konjunkturzyklus
In den drei Jahren der Stagnation 2001 bis 2003 konnte sich die mittelfränkische Wirtschaft der Wachstumsschwäche in Deutschland nicht entziehen. Erst seit der zweiten Jahreshälfte 2003 sorgten Impulse aus dem Exportgeschäft für Belebung. Nach typischem konjunkturellen Muster hätte man ein Übergreifen dieser auslandsgetriebenen Erholung auf die inländische Nachfrage nach Investitions- und Konsumgütern erwarten dürfen. Statt dessen fehlt es der Inlandsnachfrage auch im Herbst 2004 noch an Schwung: Die Unternehmen halten sich bei Investitionen im Inland zurück, und zugleich ist die Lage im Einzelhandel nahezu unvermindert von Kaufzurückhaltung der Verbraucher geprägt. Erklärungen für beide Phänomene liegen nahe:

? Die Industrie muss im globalen Wettbewerb zur Markterschließung ebenso wie zur Kostensenkung vermehrt Investitionen im Ausland tätigen. In einer Situation rückläufiger Erträge, die zur Selbstfinanzierung dieser Investitionen dienen können, stehen bei schwacher Binnennachfrage Inlandsinvestitionen oft zurück.

? Die Kaufzurückhaltung der Konsumenten geht auf reale ebenso wie auf psychologische Faktoren zurück: Zur tatsächlichen Stagnation der Realeinkommen während des konjunkturellen Abschwungs treten Sorgen um den Arbeitsplatz sowie Verunsicherung über die künftige Wirtschaftsentwicklung und die Bezahlbarkeit der sozialen Sicherungssysteme. Langwierige Diskussionen über Reformen von Steuer- und Sozialsystemen mit unklaren Be- und Entlastungswirkungen prägen noch immer die öffentliche Diskussion.

Typische Begleiterscheinungen einer konjunkturellen Belebung wie die Gefahr von Zinserhöhungen oder gestiegene Rohstoffpreise können weitere mögliche Risiken für den Aufschwung darstellen. Sofern insbesondere beim viel beachteten Ölpreis spekulative Übertreibungen ausbleiben, treten diese Faktoren gegenüber dem Risiko einer schwach bleibenden Binnennachfrage sogar eher in den Hintergrund. Damit Wachstum und Beschäftigung auch in Mittelfranken wieder kräftiger steigen können, benötigen also die Verbraucher vor allem mehr Sicherheit und die Unternehmen bessere Ertragsperspektiven für Investitionen am heimischen Standort.

Weitere Themen der Vollversammlung
Die Mitglieder der IHK-Vollversammlung beschäftigten sich in ihrer jüngsten Sitzung zudem mit den IHK-Wahlen, dem aktuellen Stand von Ausbildungspakt und Metropolregion sowie mit den Gründer-Aktivitäten der IHK. Über die Arbeit des IHK-Kommunikationsausschusses berichtete Ausschussvorsitzender Dirk von Vopelius.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2004, Seite 16

 
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