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Auslandstätigkeit

Verirrt in Deutschland

Die Entsendung ins Ausland war für die Führungskraft ein voller Erfolg – bis zur Rückkehr. Was ist schief gelaufen? Von Rainer Mayer

Akribisch wird von vielen Unternehmen die Entsendung von Fach- und Führungskräften ins Ausland geplant. Um ihren Mitarbeitern die Eingewöhnung in die neue Umgebung und die Anpassung an eine andere Kultur zu erleichtern, bieten sie Sprachkurse, interkulturelles Training, konkrete Unterstützung bei Behördengängen vor Ort und vieles mehr an. Damit wird ein Kulturschock abgemildert – doch der kommt häufig bei der Rückkehr nach Deutschland um so massiver, wenn dem im Ausland so erfolgreichen Manager „zuhause“ keine Perspektive geboten wird oder das Umfeld im Unternehmen nicht mehr stimmt. Ein Beispiel soll dies verdeutlichten:

Walter M. war nach drei Jahren als Geschäftsführer einer mexikanischen Tochtergesellschaft nach Deutschland in die Stammorganisation zurückgekehrt. Die Rückkehr erfolgte, weil nach den drei Jahren ein Mexikaner, der bisherige Stellvertreter von Walter M., zum Geschäftsführer bestellt worden war. Die Unternehmensleitung in Deutschland war mit der Arbeit von Walter M. in Mexiko sehr zufrieden, wollte aber auf Dauer in allen ausländischen Tochtergesellschaften lokales Management. Nach seiner Rückkehr erhielt Walter M. die kurzfristig neu geschaffene Aufgabe „Leitung Kundenprojekte International“.

Die Ehefrau von Walter M. und die jetzt dreizehnjährige Tochter hatten ihn nach Mexiko begleitet. Seine Frau und seine Tochter liebten Mexiko und ihren Lebensstil dort. Beide sprachen zwischenzeitlich fließend Spanisch und wegen der zahlreichen Amerikaner in ihrer ehemaligen Nachbarschaft auch Englisch. Seine Tochter hatte in Mexiko Reiten gelernt und an Turnieren für Jugendliche teilgenommen.

Familie mit einbinden
Der Arbeitgeber von Walter M. hatte weder Aufwand noch Mühen gescheut, um aus dieser Entsendung einen Erfolg zu machen –man wusste ja von Entsendungen, die frühzeitig abgebrochen wurden. Nicht nur Walter M., sondern auch seine Familie, bekam vor der Abreise Sprachunterricht bei einer Mexikanerin. Zudem hatte die Familie Gelegenheit, sich auf einer Erkundungsreise vor der eigentlichen Entsendung mit ihrer neuen Umgebung anzufreunden. Ein Training zur mexikanischen Kultur und den Unterschieden zu Deutschland hatte Familie M. sehr geholfen, sich in Mexiko einzuleben und den „Kulturschock“, die typischen Anpassungsprobleme der ersten Wochen und Monate, leichter zu überstehen.

In Mexiko hatte Walter M. sich richtig ins Zeug gelegt. Immerhin war der Aufstieg vom mittleren Management in Deutschland in eine Geschäftsführungsposition in Mexiko ein toller Karriereschritt für ihn. Mit seiner neuen Aufgabe in Deutschland war Walter M. allerdings nicht sehr glücklich. Auch mit den Kollegen hatte er Probleme. Er verließ sechs Monate nach seiner Rückkehr das Unternehmen. Von seiner Familie lebt er zwischenzeitlich getrennt. Seine Frau und er hatten nach der Rückkehr nach Deutschland immer öfter gestritten.

Wie das realitätsnahe Beispiel von Walter M. zeigt, ist das Augenmerk auf die Rückkehrvorbereitungen und die Reintegration häufig zu gering, auch dann, wenn Unternehmen eine Entsendung gut vorbereiten und begleiten. Zu einer professionell gemanagten Entsendung gehören auch Vorbereitung der Rückkehr und Wiedereingliederung. Wie wichtig gerade dieser Teil ist, sieht man da-ran, dass viele Rückkehrer – auch „Repatriates“ genannt – erhebliche Anpassungsprobleme haben, die teilweise von ihnen als schwerwiegender und belastender empfunden werden als die Herausforderungen der ersten Monate im Ausland. Sowohl Expatriates selbst als auch Unternehmen unterschätzen dieses auch „Rückkehrerschock“ genannte Phänomen. Gemeinhin erwartet man, dass die Anpassung an eine fremde Kultur schwierig sein kann. Bei der eigenen Kultur erwarten das nur wenige.

Außerdem kann ein langer Auslandsaufenthalt die persönliche Entwicklung der Expatriates und ihrer Familienmitglieder stark prägen. Viele Rückkehrer fühlen sich mit dieser Erfahrungen als etwas Besonderes und sind enttäuscht, dass ihr wiedergewonnener Freundes- und Bekanntenkreis viel weniger Interesse an ihren Erlebnissen und Erzählungen hat, als sie erwartet hatten. Zudem wird der Anpassungsprozess in Deutschland noch dadurch erschwert, dass gerade dann, wenn man sich im Ausland wohlgefühlt hat, bestimmte deutsche Kultureigenschaften kritisch, mitunter sogar ablehnend, betrachtet werden.

Die Karriereerwartungen der Rückkehrer sind in der Regel hoch: „In Mexiko war ich Geschäftsführer, warum sollte ich ins mittlere Management zurück?“ Wenn die Entsendung selbst und die Zeit danach nicht Teil eines Personalentwicklungskonzeptes sind und der nächste Karriereschritt frühzeitig besprochen und vorbereitet wird, können daraus Konflikte und wechselseitige Enttäuschungen zwischen Unternehmen und Expatriate entstehen, die in einer Trennung enden können.

 


Erfolgsfaktoren für Entsendungen

  • Rückkehrvorbereitungen und Reintegration sind wesentlicher Teil einer Entsendung.
  • Die Entsendung wird nicht nur als Besetzung einer Stelle im Ausland betrachtet, sondern zum Teil des Personalentwicklungsprozesses gemacht.
  • Erwartungen und Einsatzmöglichkeiten für die Zeit nach der Rückkehr werden frühzeitig mit dem entsandten Mitarbeiter abgeglichen und besprochen.
  • Das Unternehmen nimmt den Rückkehrer-Schock ernst und bietet den Expatriates und ihren Familien dieselbe umfassende Unterstützung an wie vor der Abreise ins Ausland.
  • Den Rückkehrern werden Möglichkeiten und Plattformen dafür geboten, ihre Erfahrungen und Erlebnisse zu teilen. So können diese Mitarbeiter und eventuell auch Ihre Familien bei Trainings oder bei Ausreisevorbereitungen für Kollegen eingebunden werden.
Externer Kontakt: Rainer Mayer, M.B.A. (USA), Rainer Mayer Advisory – wirtschaftliche und kulturelle Strategien, Ellingen (www.rainer-mayer-advisory.com)
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2010, Seite 38

 
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