Telefon: +49 911 1335-1335

Headhunter

Wer sucht noch Fachkräfte?

Auch wenn die Geschäftslage wieder etwas besser ist, sehen die deutschen Personalberater weiterhin keinen Anlass zur Euphorie.

So beschreibt der Sprecher des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU), Klaus Reiners, die aktuelle Stimmung im Markt. Noch im Jahr 2008 setzte die gesamte Branche rund 1,5 Mrd. Euro mit Auswahl und Vermittlung von Fach- und Führungskräften – landläufig gern auch als Headhunter tituliert – um. Im vergangenen Jahr dürfte der Umsatz zweistellig eingebrochen sein, genauer mag Reiners nicht spekulieren. Zumal nur jeder vierte Personalberater im BDU organisiert ist. Der Bundestrend aber dürfte sich auch in Mittelfranken widerspiegeln.

Das will beispielsweise der Personalberater Maisel Consulting aus Schwaig nicht bedingungslos unterschreiben. Das Unternehmen hat sich auf die Branchen Metallindustrie und Medizintechnik spezialisiert. Zwar gelten auch bei Headhuntern die Metall- und Kfz-Sparten ebenso wie der Finanzsektor als schwer gebeutelt, Maisel Consulting hat sich aber europaweit auf Gießereien spezialisiert. „Es gab zwar einen Einbruch, aber das Geschäft zieht an und die Stimmung ist positiv“, sagte Personalberater Christop Helm. Die Fokussierung habe sich auf jeden Fall ausgezahlt, daher konnte man trotz eines Umsatzrückgangs von zehn Prozent auch auf Kurzarbeit und Entlassungen verzichten. Zumal man im Geschäft in der Medizintechnik „mit einem blauen Auge“ davongekommen sei. Wettbewerber hätten teilweise 40 Prozent weniger Geschäft.

Hinter vorgehaltener Hand ist von Headhuntern im Großraum zu hören, dass die Wirtschaftskrise zahlreiche Mitbewerber zum Aufgeben zwingt. Etwa jeder fünfte Betrieb könnte die wirtschaftliche Erholung nicht mehr erleben, so die Einschätzung der Branchen-Experten.

Auch Bernd Stroh, Personalberater der Nürnberger Consulting-Gruppe Mentis, hat beobachtet, dass viele kleine Beratungen aufgeben mussten, während aber gleichzeitig auch die Großen am Markt „Federn lassen mussten“. Auch an Mentis sei das vergangene Jahr nicht spurlos vorbeigegangen. „Wir haben aber dank unserer starken Diversifizierung Glück gehabt“, freut sich Stroh. Insbesondere Kunden aus dem Mittelstand seien eine Stütze gewesen, daher habe man auch keinen Mitarbeiter entlassen müssen. Das Hauptgeschäft von Mentis wird im süddeutschen Raum gemacht, für deutsche Kunden ist man aber auch rund um den Globus aktiv. Hierbei hat Stroh zwei Trends beobachtet: Zum einen hätten große Unternehmen einen „radikalen Einstellungstopp“ erlassen. Freie Stellen würden – wenn überhaupt – nur mit vorhandenen Mitarbeitern besetzt. Zum anderen nützten gerade Mittelständler die Gunst der Stunde, um an neue Mitarbeiter zu kommen, die vorher nicht oder nicht zu einem bestimmten Gehalt zu bekommen waren. Zugleich ist der Mentis-Berater erstaunt, dass sich die berufliche Mobilität – also die Bereitschaft, in eine andere Stadt umzuziehen – trotz der Krise nicht erhöht hat: „Selbst in Zwangssituationen wird im Zweifel auf eine attraktivere Stelle verzichtet.“

Marktbereinigung
Gegen den Trend ist das Geschäft bei dem Düsseldorfer Beratungsunternehmen im Personalmanagement, Rundstedt & Partner, gelaufen. „Sowohl für die gesamte Gruppe aber auch speziell für Nürnberg war 2009 ein erfolgreiches Jahr“, sagte der Nürnberger Niederlassungschef Christian Summa. Im klassischen Headhunter-Geschäft rechnet auch er mit „ziemlichen Marktbereinigungen“ und auch für Rundstedt sei diese Sparte „überschaubar“ gewesen. Allerdings sei man auch stark in den Bereichen Coaching, Organisationsberatung, Management-Diagnostik sowie ein Pionier in Sachen Outplacement – also eine Art professionelles Trennungsmanagement, das weit über Abfindung oder Bewerbertraining hinausgeht. So unterstützt Rundstedt Unternehmen, die sich in einer Restrukturierung befinden, bei der Frage, von welchen Mitarbeitern man sich trennen sollte. Genauso wichtig sei aber auch die Frage zu beantworten, wie man danach die „vorhandenen Mitarbeiter an Bord weiterentwickeln“ könne. Zumal man von der verbliebenen Mannschaft nicht einfach „business as usual“ verlangen könne. Oft herrsche Unsicherheit oder Erstarrung – die „Folgen der Nicht-Kommunikation in der Krise werden vielfach unterschätzt“. Die Geschäftsführung müsse sich zudem der Frage stellen, wie sie wichtige Experten und Leistungsträger an das Unternehmen binden könne.

Summa rechnet für den Sommer mit der entscheidenden Phase für die Personalbranche. Wenn die Schwierigkeiten in Maschinenbau und Automobilindustrie anhalten und auch noch der Handel durch Konsumverzicht der Verbraucher stärker unter Druck geraten sollte, seien die Aussichten verhalten. Er registriere verstärkte Anfragen nach Transfermaßnahmen.

„Unsere Kunden aus der Energietechnik halten uns über Wasser“, unterstreicht Bernd Wichmann, Chef der Wichmann & Partner Personal- und Unternehmensberatung aus Gunzenhausen. Obwohl der Umsatz fast um die Hälfte eingebrochen ist, zeigt er sich „relativ zuversichtlich“. Aus seiner Sicht ist die Beratung erheblich aufwändiger geworden. Für eine Position als kaufmännische Führungskraft gehen schon einmal 100 Bewerbungen ein, „das wäre vor zwei Jahren nicht denkbar gewesen“. Außerdem würden sich Auftraggeber bei ihrer Entscheidung oft so viel Zeit lassen, dass sich der Bewerber für eine andere Offerte entscheidet. „Wir haben dann zwar unseren Job gemacht, gehen aber leer aus“, moniert er.

Dagegen lässt sich BDU-Mitglied Michael U. Rohrbach, Chef des Nürnberger AeraTeam, die Beratungsleistung vergüten und nicht die Personalvermittlung. Das AeraTeam hatte einst seinen Fokus allein auf Banken und Automotive, hatte sich aber noch vor der Krise auf die Wachstumsbranchen Energieversorger und Gesundheit spezialisiert. „Insgesamt haben wir Kunden gewonnen.“

Das Nürnberger Zeitarbeitsunternehmen Hofmann, das ebenfalls Fach- und Führungskräfte vermittelt, registrierte 2009 vor allem Anfragen im Ingenieursbereich. „Die Nachfrage nach hoch qualifizierten Mitarbeitern ist nach wie vor groß“, betont Chefin Ingrid Hofmann. Für das laufende Jahr rechnet sie allerdings eher mit Nachfragen in der Arbeitnehmerüberlassung. „Aufgrund der Wirtschaftskrise wurden Planstellen gestrichen und man wird mit Einstellungen sehr zurückhaltend sein.“

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2010, Seite 42

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick