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Finanzierung im Mittelstand

Auch Alternativen nutzen

Viele kleine und mittlere Unternehmen beschränken sich bei der Kapitalbeschaffung auf wenige bekannte Möglichkeiten. Welche Finanzierungsformen gibt es? Von Michael Roth

Kleine und mittlere Unternehmen finanzieren sich häufig ausschließlich über eine Kontokorrentlinie bei ihrer Hausbank. Eigentlich ist der Kontokorrentkredit dafür gedacht, die periodischen (monatlichen) Belastungen im operativen Geschäft auszugleichen. Häufig wird er aber auch beispielsweise für Investitionen und für die Vorfinanzierung von Projekten zweckentfremdet. Das führt in vielen Fällen dazu, dass die freie Liquidität für das laufende tägliche Geschäft stark eingeschränkt ist. Dabei gibt es etliche Alternativen, um sich zum einen finanziellen Freiraum zu verschaffen und zum anderen die Eigenkapitalquote und somit das Rating bei der Bank zu verbessern.

An erster Stelle sind die Betriebsmittel- und Investitionsdarlehen zu nennen, die zudem bedeutend günstigere Zinssätze als der Kontokorrentkredit haben. Diese Darlehen dienen dazu, das mittel- und langfristig gebundene Vermögen zu finanzieren, und werden häufig über speziell aufgelegte Förderprogramme der KfW und der LfA gefördert. Es ist zu empfehlen, Angebote auch von anderen Banken als der Hausbank einzuholen und die Konditionen zu vergleichen.

Zahlungsziele nutzen

Daneben können auch die Lieferanten in die Bemühungen einbezogen werden, um die Liquidität zu verbessern: Zum einen sollte man die vorhandenen Zahlungsziele konsequent ausnutzen und auf diese Weise den sogenannten Lieferantenkredit nutzen. Zum anderen können Neuverhandlungen mit den Lieferanten angegangen werden, um durch die Verlängerung der Zahlungsziele weitere Liquiditätsreserven zu schaffen.

Kleine und mittlere Unternehmen schöpfen oft auch nicht die Möglichkeiten aus, die in der Optimierung des Forderungsmanagements liegen. Die Liquidität lässt sich verbessern, indem die mit den Kunden vereinbarten Zahlungsziele auch durchgesetzt werden (stringentes Mahnwesen). Die Zahlungsbereitschaft der Kunden kann gegebenenfalls verbessert werden, wenn durch die Gewährung von Skonto Anreize geschaffen werden. Eine wichtige Ergänzung des Forderungsmanagements kann auch das Factoring von Kundenforderungen sein. Beim Factoring werden die Forderungen vor deren Fälligkeit an Factoring-Gesellschaften verkauft, die dem Unternehmen den Forderungsbetrag mit einem gewissen Abschlag überweisen und sich dann selbst um den Einzug der Forderungen bei den Kunden kümmern. Durch beide Maßnahmen wird der Forderungsbestand abgebaut und somit der Kassenbestand erhöht. Dies wiederum kann die Eigenkapitalquote erhöhen und das Rating bei den Banken verbessern.

Ein weiteres Instrument der Kapitalbeschaffung ist es, den Bestand an Vorratsvermögen abzubauen. Jedes Unternehmen hat es in der Hand, seine Bestände für Rohstoffe, Handelswaren oder Fertigerzeugnisse zu reduzieren. Die Bestände können beispielsweise dadurch verringert werden, dass man die Prozesse im Betrieb optimiert oder die Vielfalt an Artikeln reduziert.

Liquide durch Beteiligungen

Ein nicht zu unterschätzendes und viel zu selten genutztes Potenzial ergibt sich mit der Eigenkapitalbeschaffung durch Beteiligungen. Eigenkapital muss nicht immer vom Unternehmer selber kommen, möglich ist z.B. der Rückgriff auf Familienangehörige, Freunde oder Kunden und Lieferanten. Diese kennen oft aufgrund langjähriger Partnerschaft das Geschäftsmodell des Unternehmens und können die Chancen und Risiken in den meisten Fällen besser abschätzen als eine Bank, die das Marktgeschehen nicht so detailliert kennt. Es gibt unterschiedliche Formen der Eigenkapitaleinbringung, die über eine unternehmerische Beteiligung, bis hin zu verschiedenen Formen der stillen Beteiligung gehen. Bei den derzeit niedrigen Renditen auf dem langfristigen Kapitalanlagemarkt kann eine Beteiligung an einer Gesellschaft eine gute Alternative sein. Der Kapitalgeber kann nicht nur eine gute Verzinsung des eingebrachten Kapitals erhalten, sondern nimmt auch am Wertzuwachs des Unternehmens teil.

Abschließend ist noch die Mezzanine-Finanzierung zu erwähnen. Mezzanine-Kapital wird bei entsprechender Ausgestaltung von den Kreditinstituten wirtschaftlich als Eigenkapital gewertet und kann somit das Rating des Unternehmens verbessern. Es wird meistens von spezialisierten Beteiligungsgesellschaften in Form von Nachrangdarlehen, stillen Beteiligungen, Genussrechten oder Wandel- und Optionsanleihen zur Verfügung gestellt. In Betracht kommt diese Finanzierungsform vorrangig für Unternehmen mit solider Ausgangsposition und einem hohen Wertsteigerungspotenzial.

Freiräume schaffen und nutzen

Dem einzelnen Betrieb steht es frei, eine oder mehrere Änderungen in seiner Kapitalstruktur durchzuführen. Die positiven Effekte, die daraus entstehen, sollten genutzt werden. Durch eine Bilanzverkürzung und/oder mit einer höheren Eigenkapitalquote verbessert sich das Rating der Gesellschaft. Dadurch werden die Konditionen für die Aufnahme von Fremd- und Eigenkapital günstiger. Desweiteren schafft man die Voraussetzung für eine dauerhafte Stabilität und somit auch die finanzielle Grundlage für das Wachstum des Unternehmens. Nicht zuletzt kann durch Zinsersparnis und durch eine starke Verhandlungsbasis mit den Geschäftspartnern das Ergebnis verbessert werden.

Autor/in: Michael Roth, ist Geschäftsführender Gesellschafter der ROM Consulting GmbH - Betriebswirtschaftliche Beratung für den Mittelstand in Lauf a.d. Pegnitz (michael.roth@romconsulting.de, www.romconsulting.de)
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2012, Seite 30

 
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