Telefon: +49 911 1335-1335

Finanzvermittler

Der lange Weg zum Kunden

Die privaten Anleger besser schützen soll eine Gesetzesnovelle, die Anfang 2013 in Kraft treten soll. Finanzdienstleister müssen dann ihre Sachkunde und den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung nachweisen. Illustration: Anton Atzenhofer

Zahlreiche Fälle, in denen Anleger von unseriösen Finanzdienstleistern betrogen worden waren, haben den Gesetzgeber auf den Plan gerufen. Er will die Verbraucher nun besser schützen, indem der sogenannte graue Kapitalmarkt strenger reguliert wird und die Anforderungen an den Vertrieb von Finanzanlagen erhöht werden. Deshalb ist am 12. Dezember 2011 das „Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts“ verkündet worden, das auch Änderungen in der Gewerbeordnung einschließt. Vorgelegt wurde im Dezember außerdem der Entwurf der „Verordnung zur Einführung einer Finanzanlagenvermittlungsverordnung“ (FinVermV). Die Neuerungen sollen zum 1. Januar 2013 in Kraft. Im Folgenden die wesentlichen Änderungen, die derzeit bekannt sind und die sich aller Voraussicht nach nur noch geringfügig ändern werden.

Für einige Bereiche der Finanz- und Vermögensanlagen wurden bereits engere Rahmenbedingungen vorgegeben. Diese Spielregeln sollen jetzt auch für den Vertrieb von Finanzanlagen durch freie Vermittler eingeführt werden. Die sogenannten Wohlverhaltenspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes, die für Banken schon seit Langem gelten, werden jetzt auf die freien Vermittler übertragen, sodass aus Sicht der Verbraucher ein gleichwertiges Schutzniveau geschaffen wird. Beispiele für solche Wohlverhaltenspflichten sind Sorgfalt, anlegergerechte Information oder die Pflicht, sich über die Erfahrenheit des Anlegers zu erkundigen.

Schon bisher müssen Selbstständige, die Finanzanlagen vermitteln oder über Finanzanlagen beraten wollen, ein Gewerbe anmelden (gemäß § 14 Gewerbeordnung GewO) und eine Erlaubnis beantragen (gemäß § 34 c GewO). Für bestimmte weitere Anlageprodukte ist eine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz nötig. Schon jetzt müssen Finanzvermittler ihre Zuverlässigkeit und geordnete Vermögensverhältnisse nachweisen. Zwei Nachweise kommen nun durch die Neuregelung hinzu: Der Nachweis ausreichender Kenntnisse und Fähigkeiten (Sachkunde) sowie einer Berufshaftpflichtversicherung.

Was ist geplant?

Die Vermittlung von Finanzanlagen wird ein erlaubnispflichtiges Gewerbe bleiben, jedoch wird § 34 f Gewerbeordnung neu gefasst und die Erlaubnis in folgende Tätigkeitsfelder unterteilt:

  • Vermittlung von Investmentfonds
  • Vermittlung von Anteilen an geschlossenen Fonds in Form einer Kommanditgesellschaft
  • Vermittlung von sonstigen Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Vermögensanlagengesetzes (z.B. im Inland öffentlich angebotene Anteile an sonstigen geschlossenen Fonds, Genussrechte)

Beantragt werden kann eine separate Erlaubnis für jeden der Teilbereiche oder aber eine Gesamterlaubnis für alle Teilbereiche.

Voraussetzungen für die Erlaubnis

Ein Finanzvermittler erhält nur dann eine Erlaubnis (gemäß des neu gefassten § 34 f GewO), wenn er folgende Voraussetzungen erfüllt:

  • Zuverlässigkeit: Wer in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung eine Eigentums- oder Vermögensstraftat (z.B. Diebstahl, Unterschlagung etc.) begangen hat, wird keine Erlaubnis erhalten. Der Nachweis wird erbracht durch ein polizeiliches Führungszeugnis und durch einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister.
  • Geordnete Vermögensverhältnisse: Dies ist nicht der Fall, wenn über das Vermögen des Antragstellers ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder wenn er in das Verzeichnis des Insolvenz- oder Vollstreckungsgerichts eingetragen ist.
  • Berufshaftpflichtversicherung: Der Finanzvermittler muss eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung vorweisen, die mindestens 1 130 000 Euro pro Schadensfall und mindestens 1 700 000 Euro für alle Schadensfälle eines Jahres abdeckt. Dies gilt unabhängig vom Umfang der Erlaubnis.
  • Sachkunde: Der Finanzvermittler muss die nötige Qualifikation nachweisen. In der Regel geschieht dies durch eine IHK-Prüfung.

Ein wichtiger Aspekt: Auch Angestellte, die direkt bei der Vermittlung von Finanzanlagen mitwirken, benötigen zukünftig einen Nachweis ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten und müssen „zuverlässig“ sein.

Ausnahmeregelungen

Finanzvermittler, die schon eine Erlaubnis nach der bisher geltenden Gewerbeordnung (gemäß § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 GewO) haben, müssen auf folgende Fristen achten: Wenn die Neuregelungen am 1. Januar 2013 in Kraft getreten sind, haben sie bis zum 1. Juli 2013 Zeit, die neue Erlaubnis zu beantragen und sich registrieren zu lassen. Sonst erlischt die Erlaubnis für den Bereich Finanzdienstleistung und Anlageberatung.

Wichtig: Wer diese sechsmonatige Frist nicht einhält, muss eine neue Erlaubnis (gemäß des neu gefassten § 34 f GewO) beantragen und darf bis zu ihrer Erteilung keine Finanzanlagen vermitteln! Wird der Antrag für die neue Erlaubnis aber innerhalb der Frist gestellt, findet keine Prüfung der Zuverlässigkeit und der geordneten Vermögensverhältnisse statt. Der Abschluss einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, die die genannten Deckungssummen umfasst, muss aber nachgewiesen werden.

Die Erlaubnisbehörde übermittelt die Daten an die zuständige Industrie- und Handelskammer, die als Registerbehörde fungiert. Dort wird dann der Eintrag in das öffentliche Register (www.vermittlerregister.info) vorgenommen.

Der erforderliche Sachkundenachweis muss dann bis spätestens 1. Januar 2015 gegenüber der Erlaubnisbehörde erbracht werden. Die Erlaubnis erlischt, wenn die Sachkunde nicht bis zu diesem Datum nachgewiesen wird.

In die Neuregelungen wurde auch eine Bestandsschutzregelung (sogenannte „Alte-Hasen-Regelung“) eingefügt. Diese Regelung gilt sowohl für selbstständige als auch für unselbständige Anlagevermittler und -berater. Selbstständige, die seit dem 1. Januar 2006 ununterbrochen auf Grund einer Erlaubnis (gemäß dem bisherigen § 34 c GewO) tätig sind und die lückenlos den Prüfbericht (gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 der Makler- und Bauträgerverordnung) bei der zuständigen Behörde vorgelegt haben, sind von der Sachkundeprüfung befreit. Für Angestellte muss der Arbeitgeber bescheinigen, dass sie seit dem Stichtag ununterbrochen als Finanzanlagenvermittler tätig gewesen sind.

Nachweis der Sachkunde

Für die Abnahme der Sachkundeprüfung werden die Industrie- und Handelskammern zuständig sein. Einzelheiten zu der Prüfung werden in der künftigen „Verordnung zur Einführung einer Finanzanlagenvermittlungsverordnung“ (FinVermV) festgelegt. Nach dem vorliegenden Entwurf ist Folgendes vorgesehen: Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem praktischen Teil. Im schriftlichen Teil wird das Fachwissen in Modulen geprüft, im praktischen Teil wird ein Kundengespräch simuliert. Innerhalb der Prüfung gibt es einen allgemeinen Teil und einen Spezialisierungsteil, der sich an den drei Produktbereichen orientiert. Der Prüfling kann sich im Vorfeld für einen Produktbereich entscheiden oder alle Produktbereiche wählen. Weitere Details zu Inhalt und Ablauf der Prüfung werden in den nächsten Monaten noch festgelegt.

Gleichgestellte Abschlüsse

Von der Sachkundeprüfung freigestellt sind Bewerber, die gleichgestellte Ausbildungsabschlüsse vorweisen können. Nach derzeitigem Stand werden folgende Abschlüsse anerkannt:

  • betriebswirtschaftliche Studiengangs der Fachrichtung Bank, Versicherungen und Finanzdienstleistung (Hochschulabschluss oder gleichwertiger Abschluss)
  • Bankfachwirt/-in
  • Fachwirt/-in für Versicherungen und Finanzen
  • Investmentfachwirt/-in (IHK)
  • Fachwirt/-in für Finanzberatung (IHK)
  • Bank- oder Sparkassenkaufmann/-frau,
  • Kaufmann/-frau für Versicherungen und Finanzen „Fachrichtung Finanzberatung“
  • Investmentfondskaufmann/-frau

Folgende Abschlüsse werden anerkannt, wenn jeweils zusätzlich eine Berufserfahrung im Bereich Finanzanlagenberatung und -vermittlung nachgewiesen wird:

  • Kaufmann/-frau für Versicherungen und Finanzen „Fachrichtung Versicherungen“, bei zusätzlich mindestens einjähriger Berufserfahrung
  • Fachberater/-in für Finanzdienstleistungen (IHK) bei abgeschlossener allgemeiner kaufmännischer Ausbildung und zusätzlich mindestens einjährige Berufserfahrung
  • Fachberater/-in für Finanzdienstleistungen (IHK) bei zusätzlich einer mindestens zweijährigen Berufserfahrung
  • allgemeines abgeschlossenes Studium an einer Hochschule oder Berufsakademie mit zusätzlich dreijähriger Berufserfahrung

Möglicherweise werden im Laufe des Gesetzesverfahrens noch weitere Berufsabschlüsse gleichgestellt, für die dann keine gesonderte Sachkundeprüfung mehr nötig ist.

Erweiterungsprüfung

Zahlreiche Selbstständige besitzen bereits eine Erlaubnis zur Vermittlung von Versicherungen (gemäß § 34 d GewO) oder eine Erlaubnis als Versicherungsberater (gemäß § 34 e GewO), können allerdings keine Berufsabschlüsse vorweisen, die der neuen Sachkundeprüfung gleichgestellt sind. Sie haben die Möglichkeit, eine Erweiterungsprüfung für die Produktkategorie, die sie vermitteln möchten, zu absolvieren. Dabei muss nur der theoretische Teil der Sachkundeprüfung abgelegt werden, der praktische Prüfungsteil wird erlassen.

Register der Finanzanlagenvermittler

Die Finanzvermittler, die alle erforderlichen Nachweise erbracht haben, werden in ein öffentliches Register aufgenommen, das ähnlich wie das schon bestehende Versicherungsvermittlerregister von den IHKs geführt wird und im Internet abrufbar ist. Die IHK bekommt die Daten der Gewerbetreibenden von der Erlaubnisbehörde.

Wenn auch Angestellte des Finanzdienstleisters mit der Anlageberatung und -vermittlung betraut sind, müssen diese ebenfalls gemeldet und in das Register eingetragen werden. Außerdem dürfen Angestellte nur dann bei der Beratung und Vermittlung mitwirken, wenn sie zuverlässig und sachkundig sind.

Information und Dokumentation

Der Finanzdienstleister ist verpflichtet, dem Kunden seine statusbezogene Angaben beim ersten Geschäftskontakt klar und verständlich in Textform mitzuteilen. Außerdem muss der Vermittler rechtzeitig vor Abschluss einer Anlagevermittlung beim Anleger dessen Kenntnisse und Erfahrungen mit den jeweiligen Finanzprodukten einholen. Wenn der Anleger dazu keine Informationen erteilt, darf der Vermittler auch keine Finanzanlage empfehlen und vermitteln.

Die Anleger müssen darüber informiert werden, welche Risiken die Finanzanlagen enthalten und welche Kosten und Nebenkosten er genau zu tragen hat. Falls kein genauer Preis angegeben werden kann, muss der Finanzvermittler darlegen, auf welcher Grundlage er den Preis berechnet. Er muss auch offen legen, welche Provisionen, Gebühren und sonstige Zuwendungen er von Dritten für seine Vermittlungs- und Beratungstätigkeit erhält. Über jede Beratung muss unverzüglich nach Abschluss der Anlageberatung und vor Abschluss eines Geschäfts ein Protokoll in Schriftform angefertigt und dem Anleger zur Verfügung gestellt werden. Rechtzeitig vor dem Abschluss des Geschäfts muss der Dienstleister dem Anleger ein kurzes, leicht verständliches Produktinformationsblatt aushändigen. Selbstverständlich muss nicht nur der Selbstständige diese Pflichten einhalten, sondern auch dessen Mitarbeiter. Gewerbetreibende, die dem neu gefassten § 34 f Abs. 1 der Gewerbeordnung unterliegen, müssen ihre geschäftlichen Unterlagen auf eigene Kosten jedes Jahr von einem geeigneten Prüfer prüfen lassen. Den Prüfbericht müssen sie der zuständigen Behörde bis zum 31. Dezember des darauffolgenden Jahres zukommen lassen. Diese Regelung soll aus der bisherigen Makler- und Bauträgerverordnung übernommen werden. Allerdings werden die bisher von der Prüfpflicht ausgenommenen Anlageberater nun auch in die Prüfpflicht einbezogen.

Welche Stelle für die Erteilung der Erlaubnis zuständig ist, müssen die einzelnen Bundesländer noch entscheiden. In Bayern wird noch diskutiert, wer die Zuständigkeit für die Erlaubniserteilung und die Überwachung der Berufsausübung erhalten wird. Es kommen die Landratsämter bzw. die kreisfreien Städte oder die Industrie- und Handelskammern in Frage. Sicher ist bereits, dass die IHKs das Register führen und die Sachkundeprüfungen abnehmen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2012, Seite 24

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick