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Schutz vor Arbeitslosigkeit

Für den Fall des Falles

Selbstständige können unter bestimmten Voraussetzungen freiwillig in die Arbeitslosenversicherung einzahlen. Das bewahrt sie bei einem Scheitern ihres Betriebs vor existenziellen Geldsorgen.

Arbeitslosenversicherung für Selbstständige“ klingt zunächst wie eine Kombination zweier Begriffe aus unterschiedlichen Universen: Wer sich mit einem Gewerbe oder als Freiberufler selbstständig macht, kann streng genommen nicht arbeitslos werden, sondern „nur“ ertragslos. Laut Sozialrecht ist arbeitslos, wer als Arbeitnehmer (!) vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dementsprechend ist in Deutschland – mit Ausnahme von geringfügig Beschäftigten – jeder Festangestellte Pflichtmitglied in der Arbeitslosenversicherung.

Seit 2006 haben jedoch auch Selbstständige die Möglichkeit, freiwillig in die gesetzliche Arbeitslosenversicherung einzuzahlen. Für diese „Antragspflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung“ – so der amtsdeutsche Fachbegriff – gelten folgende Voraussetzungen: Die selbstständige Tätigkeit wird mindestens 15 Stunden pro Woche ausgeübt. Der Beitritt in die freiwillige Arbeitslosenversicherung ist nur dann möglich, wenn der Antragsteller in den letzten 24 Monaten vor dem Einstieg in die Selbstständigkeit mindestens zwölf Monate versicherungspflichtig beschäftigt war oder unmittelbar vor der Existenzgründung Arbeitslosengeld I bezogen hat.

Für Hochschulabsolventen, die direkt vom Hörsaal in die Selbstständigkeit starten, kommt die freiwillige Arbeitslosenversicherung also nicht infrage. Auch Spätentschlossene müssen draußen bleiben: Der Antrag muss spätestens drei Monate nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit bei der Agentur für Arbeit am jeweiligen Wohnort gestellt werden.

Im Einzugsbereich der Agentur für Arbeit Nürnberg haben seit 2006 rund 8 700 Personen aus freien Stücken Beiträge in die Arbeitslosenversicherung gezahlt. Aktuell nehmen etwa 4 000 Menschen die Weiterversicherung in Anspruch. Nach den Erfahrungen der Arbeitsvermittler hat die Einführung der freiwilligen Arbeitslosenversicherung dazu beigetragen, mentale Hürden auf dem Weg in die Selbstständigkeit abzubauen. „Häufig haben Klienten Angst, dass sie nach dem Scheitern ihrer Geschäftsidee in Existenznot geraten. Solche Befürchtungen kann die freiwillige Arbeitslosenversicherung lindern“, erklärt Werner Ringler, Experte für dieses Thema bei der Agentur für Arbeit Nürnberg. Nach seiner Einschätzung machen deshalb die meisten Existenzgründer von der freiwilligen Weiterversicherung Gebrauch.

Hierfür zahlen Selbstständige – unabhängig von der tatsächlichen Höhe ihrer Einkünfte – einen monatlichen Pauschalbeitrag von 78,75 Euro (Westdeutschland) und 67,20 Euro (Ostdeutschland). In den ersten beiden Kalenderjahren der Selbstständigkeit zahlen Existenzgründer jedoch nur die Hälfte dieses Betrags.

Wer in der Selbstständigkeit kein Auskommen findet und sich arbeitslos meldet, erhält dann Leistungen aus der freiwilligen Arbeitslosenversicherung. Deren Umfang bemisst sich nicht nach den realen Einkünften aus der selbstständigen Tätigkeit. Maßgeblich ist ein fiktives Arbeitsentgelt, das sich nach der Qualifikation des Antragstellers und seinen mutmaßlichen Beschäftigungschancen richtet. Dabei werden die vier Qualifikationsstufen „Hoch-/Fachhochschule“, „Fachschule/Meister“, „Abgeschlossener Ausbildungsberuf“ und „Keine Ausbildung“ unterschieden.

In welcher Größenordnung sich das Arbeitslosengeld bewegt, zeigen folgende Zahlen: Mit Steuerklasse III und ohne Kind hätte ein Akademiker („Q-Gruppe 1“) in Westdeutschland von der Arbeitsagentur knapp 1 300 Euro zu erwarten, ein Ungelernter (Q-Gruppe 4) etwa 730 Euro.

Einem Missverständnis sollten Antragsteller jedoch nicht erliegen: Die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sind nicht dazu gedacht, um regelmäßig Auftragsflauten zu überbrücken. Zwischen den Perioden, in denen Arbeitslosengeld bezogen wird, muss der Versicherte zwölf Monate ununterbrochen einzahlen. Die Kündigung der freiwilligen Arbeitslosenversicherung seitens des Versicherungsnehmers ist frühestens nach fünf Jahren möglich.

Die privaten Versicherungsunternehmen haben keine Police gegen Arbeitslosigkeit im Portfolio, die mit dem Modell der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung vergleichbar wäre. Sie bieten Selbstständigen andere Versicherungsprodukte, um existenzielle Risiken zu minimieren (z. B. Absicherung gegen Forderungsausfälle, Versorgung im Krankheitsfall).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2012, Seite 42

 
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