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Betroffene organisieren sich

Ein aktueller Fall belegt, dass Betroffene gemeinsam durchaus erfolgreich gegen unseriöse Abmahnvereine vorgehen können:
Ein selbst ernannter Verbraucherschutz-Verein namens „Gesellschaft zum Schutz privater Daten in elektronischen Informations- und Kommunikationsdiensten e.V. (GSDI) aus Hannover mahnt derzeit Anbieter von Internet-Newslettern wegen angeblichen Verstößen gegen Datenschutzgesetze ab. Im Auftrag der GSDI hat die Hannoveraner Anwaltskanzlei Klinkert & Kollegen an etliche Anbieter von e-mail-Newslettern gleichlautende Unterlassungserklärungen nebst Kostenbescheid über 1 286,21 DM verschickt. Der Verein wirft den Betroffenen vor, über die e-mail-Adresse hinaus weitere Nutzerdaten abzufragen, wie beispielsweise Name und Firma. Die Gesetzeslage schreibe vor, dass solche Dienste auch anonym angeboten werden müssten und die Abonnenten darüber zu informieren seien. GSDI verweist dabei auf gleichlautende Formulierungen im Teledienstedatenschutzgesetz (§ 4 Abs. 1 TDDSG) und Mediendienstestaatsvertrag (§ 13 Absatz 1 MDStV). Ziel bei Tele- und Mediendiensten müsse demnach sein, so wenige personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen. Der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität (DSW) in Bad Homburg macht betroffene Unternehmen darauf aufmerksam, dass „ganz erhebliche Zweifel daran bestehen“, ob die Abmahnung und die Geldforderungen von GSDI berechtigt sind.
Die Schwabacher Software Firma TDB GmbH, unter anderem auch Betreiber von fast 2 000 Onlineforen und damit stark betroffen, hielt die Abmahnung für unbegründet und organisierte innerhalb von 24 Stunden über das eigens dafür eingerichete Forum: „http://www.plaudern.de/a.prg?for=1822“ einen bundesweiten Widerstand aller Betroffenen. TDB-Geschäftsführer Hermann Götz (www.tdb.de): „Die Abmahnung dient nicht dem Datenschutz, sondern der schnellen Bereicherung des Vereins unter dem Deckmantel des
Datenschutzes“. Die namhaftesten Rechtsanwälte im Bereich Internetrecht wurden über die Internet-Homepage www.advograf.de eingeschaltet und nach wenigen Tagen knickte der Verein ein. Am 10. Juli nahm er alle Abmahnungen zurück. Unter www.advograf.de finden sich generelle Informationen über das Abmahn-Unwesen und wie man sich dagegen wehren kann.
Zwischenzeitlich hat auch das Bundesverwaltungsamt bestätigt, dass der formelle Widerspruch, der am 6. Juli 2001 gegen die Eintragung der GSDI e.V. in die Liste der „qualifizierten Anbieter“ nach § 22a AGBG eingelegt wurde, aufschiebende Wirkung hat. Der Verein darf sich während des Widerspruchsverfahrens nicht mehr als in diese Liste eingetragener Verbraucherschützer bezeichnen. Auch die Klagebefugnis, die er aus der Eintragung erlangte, ruht während des Widerspruchsverfahrens.
Eine von AdvoGraf in Auftrag gegebene Prüfung der Kostennoten, die im Rahmen der durch die GSDI e.V. veranlassten Abmahnungen durch die Rechtsanwälte Klinkert & Kollegen in Hannover verschickt worden sind, hat ergeben, dass diese den Straftatbestand des versuchten Betruges nach §§ 22 und 263 StGB erfüllen könnten. Zurzeit wird noch geprüft, ob AdvoGraf formell Strafanzeige gegen Klinkert erstatten oder den Vorgang nur zur rechtlichen Prüfung an die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hannover übergeben wird.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 08|2001, Seite 25

 
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