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Wie steht’s um Grundig?

„Wirtschaft in Mittelfranken“ befragte den neuen Grundig-Vorstandsvorsitzenden Dr. Hans-Peter Kohlhammer 100 Tage nach dessen Amtsantritt zur aktuellen Situaition des Unternehmens und den Perspektiven.

WiM: Herr Dr. Kohlhammer, Sie sind am 17. August 100 Tage Vorstandsvorsitzender der Grundig AG. Zeit für eine erste Bilanz. Haben Sie die Übernahme dieser Aufgabe schon einmal bereut?

Kohlhammer: Nein, nicht eine Sekunde. Ich wusste ja von Anfang an, dass auf mich viel Arbeit zukommen würde. Doch ich bin stolz darauf, mich für die in Deutschland bekannteste und beliebteste Marke in der Unterhaltungselektronik ins Zeug zu legen. Zudem habe ich ein gutes Team vorgefunden, das wir in der vergangenen Wochen sogar noch sinnvoll verstärkt haben.

Sie sagten, es hat viel Arbeit auf Sie gewartet. Welche Aufgaben mussten denn am dringlichsten angegangen werden?

Wichtig war, dass wir mit der Vereinbarung über einen Sozialplan das für uns alle sehr schwierige und emotional belastete Kapitel Stellenabbau abschließen konnten. Nach der Freigabe der Kredite durch die Banken vor wenigen Wochen kann die Restrukturierung von Grundig jetzt mit vollem Einsatz vorangetrieben werden. Über allen diesen Aufgaben haben wir aber auch nicht das Tagesgeschäft vergessen.

Zur Restrukturierung des Unternehmens gehört ja auch die Reorganisation. Wie wollen Sie Grundig künftig aufstellen?

Wir werden eine schlanke, schlagkräftige Organisation bilden. Über den acht selbstständigen Geschäftseinheiten wird eine Management-Holding eingerichtet, die von Nürnberg aus das Unternehmen führt und zu der auch eine für das Unternehmen zentrale Kompetenz wie der Bereich Forschung und Entwicklung gehören wird. Diese neue Struktur wird uns befähigen, künftig noch besser auf Marktgegebenheiten zu reagieren und auf Kundenwünsche einzugehen.

Mit welcher Strategie wollen Sie Grundig nun in eine bessere Zukunft führen?

Wir haben den Markt intensiv analysiert und neue Geschäftsfelder definiert. Die Sektoren TV und Car Audio bleiben eine wichtige Grundlage, wir müssen jedoch weiter denken. Aufbauend auf unserer hohen Entwicklungs- und Fertigungskompetenz, wollen wir auch hochwertige Technologe anbieten und gerade in diesem Bereich zu den Marktführern gehören. Wir wandeln uns zum Anbieter von Produkten des Home Infotainments und des Car Infotainments. Auf der Internationalen Funkausstellung werden wir bereits einiges in dieser Richtung zeigen.

Was zum Beispiel?

Unsere neue, hochwertige TV-Geräteserie Lenaro mit integriertem DVD-Spieler bereits ab der Basisausstattung ist ein gutes Beispiel. Sie ist technisch nicht nur state of the art, sondern auch absolut zukunftssicher und aufwärtskompatibel. Denn unser neues Chassis „Digi 100“, das hier zum Einsatz kommt, kann jederzeit mittels Software neuen Ansprüchen angepasst werden. So ist der Käufer eines Lenaro bereits heute für das Fernsehen der Zukunft mit Internet TV oder den Anschluss an einen Hard Disk Recorder gerüstet. Die Lenaro-Serie ist jedoch nicht die einzige Neuheit. Insgesamt sind wir mit über 40 neuen Produkten in Berlin vertreten.

Bei Grundig hat es in den letzten Jahren mehrere Eigentümerwechsel gegeben. Und auch jetzt ist bereits wieder von Partnersuche die Rede. Ist da nicht neue Unruhe programmiert?

Ein Problem von Grundig ist die im weltweiten Maßstab im Verhältnis zu den echten Big Playern zu geringe Größe. Dies werden wir zum einen durch eine Konzentration auf die Kernsegmente und eine deutliche Reduzierung der Artikelvielfalt in den Griff bekommen. Zum anderen kann es auch sinnvoll sein, mit einem starken Partner strategisch zusammenzuarbeiten. Dies könnte bis zu einer Beteiligung an unserem Unternehmen gehen. Doch unser Mehrheitseigentümer Professor Dr. Kathrein hat erst unlängst deutlich gemacht: Er wird mindestens 51 Prozent der Anteile an Grundig behalten. Eine Kontinuität ist damit auf jeden Fall gewährleistet.

Wie sieht Ihre persönliche Vision einer künftigen Grundig AG aus?

Ich stelle mir ein absolut kundenorientiertes Unternehmen vor, das mit einem überzeugenden Produktangebot ökonomisch rentabel arbeiten kann. Grundig Produkte müssen technologisch absolut in der Spitze liegen und über ihr Design gleichzeitig Faszination wecken. Wir wollen Trendsetter für innovative Lösungen sein und Produkte herstellen, die - teilweise auch drahtlos - miteinander vernetzt ein extrem benutzerfreundliches, intelligentes System bilden. Dabei spielen die Anbindung an das Internet und die Verbindung zum PC selbstverständlich eine nicht unbedeutende Rolle. Wenn wir das schaffen, und ich zweifele nicht daran, wird Grundig eine gute Zukunft haben.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 08|2001, Seite 26

 
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