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Keine Rezessionsangst nach den Terroranschlägen

NÜRNBERG – Die mittelfränkische Wirtschaft geht auch nach den Terroranschlägen in New York und Washington am 11. September von einem robusten Wirtschaftsklima aus. Die Beurteilungen von wirtschaftlicher Lage und Geschäftserwartungen nach dem Attentat unterscheiden sich kaum von den bis zu diesem Zeitpunkt getroffenen Einschätzungen. Dies ist ein Ergebnis der Herbstumfrage der IHK Nürnberg für Mittelfranken zur Konjunktur. Drei Viertel der Unternehmen beantworteten die Fragen zu ihrer aktuellen Lage und zu ihren Geschäftserwartungen bis zum 11. September, ein gutes Viertel der ausgefüllten Fragebögen traf jedoch erst während der darauf folgenden Woche ein. Für beide Zeiträume ergeben sich nahezu identische Anteile von positiven und negativen Stimmen. Auch die ersten Rückmeldungen auf die noch bis in die erste Oktoberwoche laufende Sonderbefragung der IHK zu den wirtschaftlichen Folgen der Terroranschläge und der darauf folgenden weltpolitischen Reaktionen deuten klar darauf hin, dass in den mittelfränkischen Unternehmen keine Panik oder Rezessionsangst ausgebrochen ist.

Konjunkturdelle prägt sich aus
Die jüngsten Ergebnisse der Konjunkturumfrage spiegeln die bereits seit Beginn des Frühjahrs anhaltende Abschwächung der Nachfrage, die für die weitere Ausprägung der bekannten Konjunkturdelle sorgt. Insgesamt sehen nun 23 Prozent aller mittelfränkischen Unternehmen ihre Lage als „gut“ und 55 Prozent als „befriedigend“ an, 22 Prozent schätzen sie „schlecht“ ein. So vermindert sich der Saldo aus positiven und negativen Stimmen von plus neun Prozentpunkten im Frühsommer auf nur noch plus einen Prozentpunkt zu Beginn des Herbstes – im Vergleich der letzten Jahre noch immer ein mittleres Ergebnis (siehe Grafik). In den bis zum 11. September eingetroffenen Antworten stehen 25 Prozent „gut“-Stimmen 24 Prozent „schlecht“-Urteilen gegenüber, danach liegt das Verhältnis mit 19 zu 17 Prozent sogar noch etwas höher. Auch in den Geschäftserwartungen zeigen sich kaum Unterschiede: Insgesamt hoffen 18 Prozent aller Befragten auf bessere Geschäfte, 16 Prozent befürchten eine Verschlechterung. Trotz der nach dem 11. September eingetretenen Unsicherheiten zeigte sich die mittelfränkische Wirtschaft also bis zum Ende des Sommers von ihrer robusten Seite.

Dienstleistungen positiv
Den ungünstigen Wirtschaftsprognosen und der sich verschlechternden Stimmung widersetzte sich der Dienstleistungssektor vehement. Dass Medien und unternehmensnahe Dienstleister zum wiederholten Male die Spitzenergebnisse im Rahmen der Konjunkturumfrage abgegeben haben, zeugt von der strukturellen Stärke dieser Branchen in Mittelfranken. Die zahlreichen Druckhäuser, Kommunikationsdienstleister, Marketingagenturen, Ingenieurbüros, Softwareentwickler, Steuer- und Unternehmensberater sind wesentlich dafür verantwortlich, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Mittelfranken in den vergangenen zwanzig Jahren um 50 000 zugenommen hat. Diese Entwicklung hält an: Während Industrie, Bauwirtschaft und Handel eine Eintrübung ihres Geschäftsklimas beklagen und mehrheitlich Arbeitsplätze abbauen wollen, planen die befragten Dienstleister weitere Beschäftigungszuwächse.

Nachfragestärkung erforderlich
Gerade angesichts dieser positiven Entwicklungen im Dienstleistungssektor kann also keine Rede davon sein, dass die Terroranschläge einen Absturz der mittelfränkischen Wirtschaft in die Rezession ausgelöst hätten. Auch in Industrie und Handel weist die künftige Entwicklung trotz nachlassender Auftragseingänge bzw. Umsätze und sinkender Investitionsbereitschaft nicht eindeutig weiter nach unten. Viel wird vom künftigen Wachstum des Welthandels abhängen, von dem Mittelfranken traditionell überdurchschnittlich profitiert. Das heisst aber auch, das wir auf die Stärke der USA und auf den Optimismus der amerikanischen Verbraucher hoffen müssen.
Die Notenbanken der G 7-Staaten und die US-Politiker haben auf die Krise mit expansiver Geld- und Fiskalpolitik reagiert und damit die Voraussetzungen für eine schnelle Erholung des angeschlagenen Verbrauchervertrauens geschaffen. Zu konjunkturbelebenden Maßnahmen kann sich die deutsche Politik noch nicht durchringen. Zwar ist es richtig, höhere Budgetdefizite zu vermeiden, um die Wirtschaftsentwicklung nicht durch Zinssteigerungen zu gefährden. Jedoch fehlt die Kraft zu Umschichtungen in den öffentlichen Haushalten, und so setzt die Bundesregierung nach Auffassung der IHK auf den falschen Weg konjunkturell dämpfend wirkender Erhöhungen indirekter Steuern. Damit verspielen wir eine Chance auf eine schnelle Belebung der inländischen Nachfrage.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2001, Seite 28

 
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