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Von Deutschlands größter Baugrube zum größten deutschen Kino-Komplex

„Kino größer als die Wirklichkeit“ lautete der Werbeslogan, der während der zwei Jahre dauernden, äußerst aufwendigen und umfangreichen Bauarbeiten an und vor allem unter dem Gewerbemuseumsplatz Lust und Neugier auf das wecken sollten, was in 35 Metern Tiefe heranwuchs: ein Kino der Superlative. Die Zahlen sind beeindruckend: 77 000 Kubikmeter umbauter Raum, für die 20 000 Kubikmeter Beton und 2 000 Kubikmeter Stahl verbaut wurden, dazu eine komplizierte Verankerung des Riesenbaus im Untergrund machten aus dem Loch neben dem seit Ende 1995 bestehenden Cinecittà, das größte Imax-Kino Deutschlands.

Im Innern beherbergt die Kino-Katakombe den Imax-Saal mit 520 Plätzen, 1 000 Quadratmeter 2-D-Leinwand und schwenkbarer Kuppelleinwand sowie ein „Motion Action Drive“-Simulationskino mit 48 hydraulisch beweglichen Sitzplätzen. Zu sehen ist davon von außen nicht viel, bis auf den gläsernen Kassenpavillon, der im Stil mit dem in einer Sichtachse gelegenen Cinecittà korrespondiert. Betreten wird der Komplex entweder über diesen Kassenpavillon hinter dem Gewerbemuseum oder unterirdisch vom Cinecittà aus. Überhaupt spielt sich der Großteil der Kinowelt von Wolfram Weber im Untergrund ab. Bereits beim Cinecittà befinden sich mehr als zwei Drittel der Baumasse unter der Oberfläche. Das ist eine Konsequenz des Standorts mitten in der historischen Nürnberger Altstadt, wo man weder beliebig in die Fläche, noch in die Höhe bauen kann – es bleibt nur der Ausweg in die Tiefe. Ein Objekt wie ein Kino ist dazu nach Webers Ansicht besser geeignet als alles andere, schließlich seien hier Fenster am ehesten entbehrlich. Dennoch wurde bei der Planung Wert auf gute natürliche Beleuchtung der rund 4 000 Quadratmeter zusammenhängenden Foyerflächen gelegt.


Hohe Investitionen

Die Investitionen für den Imax-Neubau beliefen sich nach Webers Angaben auf rund 30 Mio. Euro. Zusammen mit dem Cinecittà, das 1997 um drei weitere Säle erweitert wurde, hat er insgesamt über 60 Mio. Euro in seinen Filmpalast investiert, der mit nun zusammen rund 5 000 Plätzen das nach eigenen Angaben mit Abstand größte Filmtheater Deutschlands ist. Es stehen Saalgrößen zwischen 100 und über 500 Plätzen zur Verfügung. Wenn man die Besucherzahlen von knapp zwei Mio. im vergangenen Jahr und die Größe der Räumlichkeiten berücksichtigt, findet sich nach Webers Worten in Europa „wahrscheinlich nichts Vergleichbares“. Bereits sechs Jahre nach seiner Eröffnung konnte das Cinecittà den zehnmillionsten Besucher begrüßen. Die Planungen für 2002 gehen von etwa drei Mio. Besuchern einschließlich Imax aus. Bereits einen Monat nach der Eröffnung konnte das Imax-Kino 100 000 Besucher verbuchen, ein gutes Startergebnis für die kalkulierten zehn Mio. Besucher, die das Imax in den nächsten zehn Jahren braucht.


Bescheidener Anfang

Angefangen hat alles Anfang der 70er Jahre, als Wolfram Weber, damals noch Student, zusammen mit seinen Brüdern einen Kredit von 20 000 DM aufnahm, um eine ehemalige Bäckerei in ein anspruchsvolles, alternatives Programmkino umzubauen – die „Meisengeige“. Auf dem Weg zum Nürnberger Kino-König betrieb Weber eine Zeit lang auch ein fahrbares Kino auf einem Lkw. Nach und nach kamen weitere „Alternativ-Kinos“ dazu, die auch nach Eröffnung des Marktführers Cinecittà weiterbetrieben werden.

Weber ist nicht nur ein „self-made-man“, er macht auch vieles selber. So erwähnt er beiläufig, dass er für den Imax-Bau keinen Innenarchitekten benötigt habe. „Ich wusste doch genau, was ich wollte!“ Selbst die Gestaltung von Bartheken im Foyerbereich hat er selbst in die Hand genommen, indem er seine Idee auf eine Serviette gemalt und dann dem Schreiner gegeben hat. Auch die gestalterische Grundkonzeption des Cinecittà-Komplexes geht auf seine eigenen Vorstellungen zurück. Erstaunlicherweise seien nicht alle Planer mit den Besonderheiten und Anforderungen an den Kino-Bau vertraut. Dabei sei alles ganz einfach, wenn man etwas Geometrie berücksichtige. „Die Sitzreihen müssen nicht nur nach hinten ansteigen, sie müssen vor allem immer stärker ansteigen, damit die Besucher auf allen Plätzen gleich gute Sicht- und Platzbedingungen haben.“ An diesem Punkt würden viele sparen. Auch sollte der ideale Kinosaal stets länger als breit sein.


Webers Kino-Konzept

Das erfolgreiche Konzept der Einbindung von Gastronomie sieht Weber nicht als völlig neue Geschäftsidee an. Für ihn stellt es die professionelle Fortführung dessen dar, was er in der Meisengeige vor über 30 Jahren begonnen hat. Damals wollten er und seine Brüder eigentlich eine Kneipe aufmachen, dann kam die Leinwand dazu und zum Bier wurden Filme gezeigt. Deshalb gehört für ihn die Theke zum Kino dazu. Amerikanische Kinogastronomie lässt er auch nicht als Vorläufer gelten, schließlich würde dort nur Cola ausgeschenkt. Inzwischen sei das Cinecittà auch der größte Gastronomiebetrieb der gesamten Region, wobei alles in Eigenregie betrieben wird. Nur so habe man stets die Qualität unter Kontrolle und könne häufige Wirtswechsel vermeiden. Der Gastronomiebereich trägt rund 40 Prozent zum Umsatz des Kinocenters bei. Der Auslastungsgrad liegt für den Abendbetrieb bei über 80 Prozent über das Jahr gerechnet und der Einzugsbereich reicht sogar bis München. Den Besucheranteil aus der Region gibt Weber mit 60 Prozent an. Die günstige Verkehrsanbindung und die 1 200 Parkplätze trügen maßgeblich zum geschäftlichen Erfolg bei.

Gegenwärtig beschäftigt Weber 500 Mitarbeiter, wobei er es als Problem ansieht, gutes Servicepersonal für die Gastronomie zu bekommen. Viele würden vom Abend- und Wochenendbetrieb abgeschreckt. Dafür habe man schon ganzen Generationen von Schülern und Studenten als Aushilfen zu einem Nebenverdienst verholfen. Oliver Dehn
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2002, Seite 28

 
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