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Nürnberg als „Gateway“ nach China

 

 

Seit fünf Jahren besteht die Regionalpartnerschaft zwischen der Region Nürnberg und der chinesischen Sonderwirtschaftszone Shenzhen. Für eine zehnköpfige Delegation aus Shenzhen unter Leitung von Oberbürgermeister Yu Youjun war dieses kleine Jubiläum Anlass, nach Mittelfranken zu kommen und weitere Projekte der Partnerschaft zu besprechen.
Auf dem Programm der Delegation standen u.a. ein Besuch bei Siemens Medizintechnik in Erlangen, beim Technikum Neue Materialien in Fürth und beim Europa-Büro der Stadt Shenzhen im Nürnberger Business Tower. In der IHK fand eine Informationsveranstaltung mit dem Titel „Shenzhen: Ihr Tor zum chinesischen Markt“ statt, bei der Oberbürgermeister Yu Youjun die aktuellen Projekte seiner Stadt vorstellte: Geplant ist u.a. ein weiterer Ausbau des Messezentrums, in dem auch im Oktober dieses Jahres wieder die führende chinesische Technologiemesse „China Hi-Tech Fair“ stattfindet. Die Region Nürnberg wird dort mit einem Gemeinschaftsstand vertreten sein, den wie schon im Vorjahr die IHK organisiert. Nach Aussage des Oberbürgermeisters wird auch der Ausbau der Hochtechnologie vorangetrieben, die schon jetzt einen Anteil von rund 50 Prozent an der Industrieproduktion der Stadt hat. Schwerpunkte werden in der Zukunft u.a. die Bereiche Kommunikationstechnik, Biotechnologie, Neue Materialien, Mikroelektronik und Medizintechnik sein.
IHK-Präsident Hans-Peter Schmidt äußerte sich bei der Veranstaltung beeindruckt von der rasanten Entwicklung Shenzhens: Innerhalb von etwa zwei Jahrzehnten sei aus einem Fischerort mit rund 30 000 Einwohnern eine Metropole mit 4,5 Mio. Menschen geworden, die beim Pro-Kopf-Einkommen in China an der Spitze liege. China als am schnellsten wachsende Volkswirtschaft der Welt werde durch den Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO weitere Dynamik entfalten. Die Wirtschaftsregion Nürnberg sei im „Reich der Mitte“ gut vertreten: 320 Unternehmen unterhalten Geschäftskontakte mit chinesischen Partnern (1990 erst 140), davon sind 90 Firmen mit langfristigen Engagements wie Niederlassungen, Produktionsstätten, Vertretungen oder Joint Ventures vor Ort. Mit Hinblick auf das Europa-Büro der Stadt Shenzhen im Business Tower, das von Nürnberg aus Kontakte zwischen potenziellen Partnern aus Shenzhen und ganz Europa anbahnt, meinte Schmidt: So wie Nürnberg eine Gateway-Funktion nach Osteuropa habe, spielten Nürnberg und Shenzhen die Rolle eines „Gateway to and from China“.


Provinz Guandong

Diesem Umstand trägt die deutsche bzw. die bayerische Politik ebenfalls seit Jahren Rechnung, indem ein Netz von Delegiertenbüros in Peking, Shanghai und eine bayerische Repräsentanz in Shandong unterhalten werden. Dennoch bestehe weiterer Bedarf an Gesprächen und Gemeinschaftsprojekten, da etwa in Südchina – insbesondere in der Provinz Guandong, dem Wirtschaftszentrum der südlichen Pazifikküste – sich lediglich 170 deutsche Unternehmen angesiedelt haben, so Armin Siegert, Asien-Experte der IHK Nürnberg für Mittelfranken. Dagegen hätten rund 660 Unternehmen ihren Sitz in Shanghai, obwohl rund zwei Drittel aller Auslandsinvestitionen im Süden des Landes getätigt würden. Daher, so Siegert, müsse der Provinz Guandong mehr Beachtung geschenkt werden, denn im Flussdelta zwischen Kanton und Hongkong wüchsen 26 neue Städte zu einem enormen Handelszentrum von internationaler Bedeutung heran.


Außenhandel

Die Provinz Guandong, in der auch die Sonderwirtschaftszone Shenzhen liegt, kann volkswirtschaftlich beachtliche Zahlen vorweisen. So werden rund zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts ganz Chinas dort erwirtschaftet. Der Anteil am Gesamtexport des Landes lag 2001 bei rund 33 Prozent. Im selben Jahr verzeichnete die Provinz ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von knapp zehn Prozent. Die Exporte bewegten sich im Jahr 2001 auf einer Höhe von über 16 Mrd. US-Dollar und wurden vorwiegend in den Bereichen Elektronik und Maschinen getätigt. Das Exportvolumen wuchs dabei im Vergleich zum Vorjahr um 16 Prozent. Auch bei den Importen liegt Südchina weit vor der Yangtse-Region mit dem Großraum Shanghai. Während dort etwa 22 Prozent aller Importe abgewickelt werden, gehen 46 Prozent der Einfuhr in den Süden.
Shenzhen wurde 1976 als erste Sonderwirtschaftszone Chinas entwickelt. Das Pro-Kopf-Einkommen der in unmittelbarer Nähe zu Hongkong gelegenen Metropole, deren planerische Bevölkerungszahl auf maximal fünf Mio. Menschen begrenzt ist, ist fast doppelt so hoch wie in Shanghai. Ein zweistelliges Wirtschaftswachstum in den letzten Jahren bescherte der Stadt eine breite Schicht an gut verdienenden und dazu recht jungen Konsumenten. Außerdem sind in Shenzhen, das über zwei Universitäten und 79 Krankenhäuser verfügt, rund 200 verschiedene wissenschaftliche Forschungs- und Entwicklungsinstitute ansässig. Nach Plänen der Pekinger Zentralregierung wird die Sonderwirtschaftszone zielstrebig zum High-Tech-Standort in Südchina ausgebaut.
Für die nähere Zukunft sind nach Siegerts Angaben die Verwirklichung einer Transrapid-Strecke nach Hongkong und der Provinzhauptstadt Guangzhou geplant, Gespräche darüber würden bereits geführt. Jüngsten Meldungen der Stadtregierung von Shenzhen zufolge planen die Regionen und Städte Guangdong, Macao, Hongkong und Shenzhen in den kommenden Jahren die Errichtung einer Freihandelszone, was der südchinesischen Region insgesamt eine neue Dynamik verleihen wird – der dafür benötigte Containerhafen, der der größte Chinas sein wird, befindet sich bereits im Bau.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 08|2002, Seite 20

 
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