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Kampf den Plagiaten!

Produkt- und Markenpiraterie liegt bei Wirtschaftskriminellen „im Trend“. Beispiele der Produkt- und Markenpiraterie zeigt die IHK in der Wanderausstellung „Original – Plagiat“ von 25. September bis 20. Oktober 2002. An zahlreichen Beispielen, auch aus der Region Nürnberg, werden Beispiele der Produktpiraterie gezeigt, die sich mittlerweile in alle Wirtschaftsbereiche ausbreitet, während früher nur Luxusartikel betroffen waren.

Bei der Nachahmung von Gebrauchsartikeln bzw. Artikeln des täglichen Bedarfs (Kosmetikartikel, Medikamente, CDs, DVDs etc.) werden die Gewinne über die Menge, nicht die Qualität erzielt. Auch die Nachahmung von Nahrungsmitteln (Champagner, Schokolade etc.), ja sogar Arzneimitteln nimmt zu, was besonders Besorgnis erregend ist. Moderne Piraten hängen sich gerne an erfolgreiche Produkte an und nutzen damit die Leistung des innovativen Unternehmers aus. Nicht nur dieser wird geschädigt, sondern auch der Verbraucher. Ihm wird oft das vermeintliche „Schnäppchen“ vorgespiegelt.

Bis zu sieben Prozent der im Welthandel befindlichen Waren werden gefälscht. Die EU Kommission beziffert den Schaden in der EU für 2001 auf rund zwei Mrd. Euro. Allein im Jahr 2001 hat der Zoll gefälschte Waren im Wert von 92 Mio. Euro beschlagnahmt. Außerdem gehen durch Produktpiraterie rund 200 000 Arbeitsplätze verloren.

Hinsichtlich der Ursprungs- und Herkunftsorte der nachgeahmten Waren liegen Thailand (23 Prozent), China (18 Prozent), die Türkei (8 Prozent), Hongkong (5 Prozent), die Tschechische Republik (4 Prozent), Taiwan (3 Prozent) und die USA (3 Prozent) vorne. Dabei werden die Waren beim Transport zum Zielmarkt durch mehrere Länder geschleust, um den tatsächlichen Ursprung der Waren zu verschleiern.

Schutzrechte aufbauen
Die Unternehmen sind gut beraten, wenn sie sich sorgfältig gegen Produktpiraten wappnen. Dabei müssen in erster Linie die gewerblichen Schutzrechte aktiviert werden, d.h. der Unternehmer muss sich die Rechte in seinen wichtigsten Absatzmärkten sichern. In Deutschland sollte er diese beim Deutschen Patent- und Markenamt registrieren lassen. Er hat die Möglichkeit, sich technische Schutzrechte, nämlich Patent oder Gebrauchsmuster, zu sichern. Dies setzt voraus, dass er eine Innovation im technischen Bereich entwickelt hat, die bisher kein anderer vor ihm her- bzw. vorgestellt hat. Weiter kann er auf die Leistungsschutzrechte, nämlich allen voran die Marke, bzw. auf das Designschutzrecht, das Geschmacksmuster, zurückgreifen und diese für seine Waren oder Dienstleistungen registrieren lassen. Nur das Urheberrecht entsteht von selbst. Es setzt eine eigene individuelle schöpferische Leistung voraus, die über Alltäglichkeiten hinausgeht. Allerdings besteht beim Urheberrecht der Nachteil, dass erst in einem gerichtlichen Verfahren geklärt wird, ob der Unternehmer sich auf ein Urheberrecht berufen kann oder nicht.

Wer von diesen „Waffen“ keinen Gebrauch gemacht hat, ist zur Abwehr auf rechtliche Ansprüche aus dem unlauteren Wettbewerbsrecht angewiesen, was im Einzelfall schwerer zu bewerkstelligen ist als ein Vorgehen gegen die „Freibeuter“ aus registrierten Rechten.

Rechte verteidigen
Die genannten gewerblichen Schutzrechte - Marke, Geschmacksmuster, Patent- und Gebrauchsmuster sowie das Urheberrecht - bieten dem Schutzrechtsinhaber folgende Verteidigungsmöglichkeiten: Er kann gegen die Nachahmer auf Unterlassung und Schadensersatz klagen, bei Aufgriffen Auskunft darüber verlangen, woher die Ware bezogen wurde. Und er hat die Möglichkeit, einen Strafantrag zu stellen bzw. bei der regelmäßig gewerblichen Tätigkeit der Produktfälscher auch ohne Strafantragstellung ein Strafverfahren in Gang zu setzen. Weiter kann er den Zoll einschalten, um mit einem so genannten Grenzbeschlagnahmeantrag an den Außengrenzen der EU den Zoll als Helfer zur Sicherstellung gefälschter Waren einzusetzen. Dadurch kann er verhindern, dass der Import in die EU erfolgt, und er ermöglicht dem Zoll, diese illegalen Waren zu vernichten. Der „Vernichtungsanspruch“ deckt sogar die Vernichtung von Herstellungsmitteln ab, die für die Produktion von Fälschungswaren verwandt wurden, zum Beispiel der Maschinen.

Diese Waffen bleiben so lange in Reserve, bis der Rechtsinhaber tatsächlich von gefälschten Produkten erfährt und dann gezielt vorgehen kann. Insofern ist auch der Käufer gefordert, bei Verdacht entsprechende Hinweise zu geben. So kann er mithelfen, den dreisten Produktpiraten das Handwerk zu legen.

Organisierte Kriminalität
Produktpiraten sind gut organisiert. Sie nutzen oftmals auch Strukturen, die bereits an organisierte Kriminalität erinnern. Um hier einen Gegenpol zu setzen, hat die Wirtschaft Eigeninitiative ergriffen. Unter Federführung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) haben der Markenverband und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) im Oktober 1997 den Aktionskreis Deutsche Wirtschaft gegen Produkt- und Markenpiraterie (APM) e. V. gegründet. Dabei handelt es sich um einen Verein, der branchenübergreifend Unternehmen im gemeinsamen Kampf gegen Produkt- und Markenpiraten unterstützt. Erfahrungsaustausch und Information über geeignete Maßnahmen in Drittländern, aber auch gemeinsames Vorgehen in Deutschland zeigen Wirkung.

Der APM spürt u. a. mit Hilfe von Detekteien Fälschungsware auf und geht im Namen der betroffenen Unternehmen gegen die Produkt- und Markenpiraten vor. Gleichzeitig koordiniert APM Ermittlungen für die Beteiligten in Drittländern. Durch die Anbindung an den DIHK kann APM auch auf politischer und internationaler Ebene die Probleme gezielt vortragen und auf Missstände aufmerksam machen. Markenwaren oder Luxusartikel, die beispielsweise an ungewöhnlichen Verkaufsorten, wie Flohmärkten oder Stadtfesten gefunden werden, sollten auch beim Käufer die Alarmglocken läuten lassen. Dies sind keine Vertriebswege, über die normalerweise ein renommierter Hersteller seine Ware vertreibt. Meist handelt es sich dabei also um Fälschungswaren oder aber Hehlerware, die aus Diebstählen stammt.

Nicht nur im APM, wo sich Unternehmen branchenübergreifend zusammen gefunden haben, wird gemeinsam Front gegen die ausufernde Produktpiraterie gemacht. Die stark betroffenen Branchen Video/Software/Musik haben sogar eigene Fachverbände gegründet, zum Beispiel die BSA Business Software Alliance in München, den Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft e.V., die Deutsche Landesgruppe der IFPI e.V. bzw. die GVU Gesellschaft zur Verwertung von Urheberrechten. Zwischen den einzelnen Organisationen bestehen mittlerweile gute Kontakte.

Unternehmen müssen viel Zeit und Geld in die Abwehr stecken, um ihre Märkte zu sichern. Will man an die eigentlichen Hersteller der gefälschten Waren herankommen, ist auch schon mal ein „James Bond“ gefordert. Auch diese Maßnahmen schlagen sich auf den Verkaufspreis nieder, verteuern die Ware und sind letztlich wieder vom Verbraucher zu tragen.

Autor/in: 
Doris Möller (DIHK) / Oliver Baumbach (IHK)
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2002, Seite 28

 
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