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Restmülltonne wird Pflicht

Die Gewerbeabfallverordnung tritt zum 1. Januar 2003 in Kraft. Bereits jetzt versuchen Gebietskörperschaften, mit einer „Zwangs-Restmülltonne“ gewerbliche Abfallerzeuger mit unnötigen Entsorgungskosten zu belasten. IHKs und DIHK fordern eine wirtschaftsverträgliche Umsetzung. Bei der grenzüberschreitenden Abfallverbringung gilt das höherrangige EU-Recht – also nicht die Gewerbeabfallverordnung.

Nach der neuen Gewerbeabfallverordnung dienen die entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften (Landkreise und kreisfreie Städte) auch dann den gewerblichen Abfallerzeugern eine Restmülltonne an, wenn diese keinen Abfall zur kommunalen Beseitigung haben (§ 7 Gewerbeabfallverordnung). Über diese Pflicht zur Haltung, Nutzung und Finanzierung eines kommunalen „Zwangs-Restmüllbehälters“ entzündet sich im Kern der Streit zwischen Gesetzgeber, Vollzug und Wirtschaft. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ist wie das Bundesumweltministerium jedoch der Ansicht, dass der gewerbliche Abfallerzeuger in diesem Fall keinen kommunalen Restmüllbehälter nutzen und bezahlen muss. Außerdem enthält die Gewerbeabfallverordnung keinerlei gesetzliche Pflichten zur Befüllung des Abfallbehälters oder gar zu einer höheren Abfallbeseitigung.

Die von kommunalen Vertretern geäußerte Unterstellung, dass bei jedem gewerblichen Abfallerzeuger, bei jedem Standort und in jeder Kommune auch Abfall zur kommunalen Beseitigung anfällt, ist nicht zutreffend. Hier muss der Einzelfall berücksichtigt werden. Andernfalls würden jene gewerblichen Abfallerzeuger, die in der Vergangenheit konsequent Abfall vermieden und verwertet haben, zusätzlich mit der Haltung einer leeren Restmülltonne bestraft. Kommt dann noch eine Grundgebühr hinzu, führt dies zu spürbar überzogenen Entsorgungskosten für das betroffene Unternehmen. Diese könnten – so erste Abschätzungen der IHK Nürnberg für Mittelfranken bei einigen mittelfränkischen Großbetrieben – sich bis auf sechsstellige Euro-Beträge pro Jahr an Mehrkosten belaufen; insbesondere Unternehmen, die in den letzten Jahren auf differenzierte und effiziente Kreislaufwirtschaft gesetzt haben und entsprechende Umweltmanagementsysteme aufgebaut haben, würden von der Pflichttonne bestraft werden, da nicht die tatsächlich anfallende Abfallmenge in Tonnagen, sondern ein von der Verordnung gefordertes Restmüllvolumen die Abfallgebühren bestimmt.

Jedes betroffene Unternehmen sollte darauf achten, nach welchen Kriterien – und mit welchem Volumen – die Restmülltonne genutzt werden muss. Die bei den Kommunen diskutierten Kriterien sind oftmals zu undifferenziert, weil sie auf den privaten Haushalt abstellen. Demgegenüber verfügen die Unternehmen über mehr Vermeidungs- und Verwertungsmöglichkeiten. Sie benötigen, wenn überhaupt und nach Zielsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, von vornherein kleinere kommunale Restmülltonnen.

EU-Recht bricht deutsches Recht
Ebenfalls in Übereinstimmung mit dem Bundesumweltministerium fordert der DIHK, dass bei einer grenzüberschreitenden Abfallverbringung die deutsche Gewerbeabfallverordnung nicht gilt. Einerseits muss hierzu sicherlich der erkennbare und seriöse Wille des Abfallerzeugers vorliegen. Andererseits braucht er dann auch nicht innerbetrieblich in dem Ausmaß Abfall zu trennen, wie dies in der Verordnung vorgeschrieben ist.

Ökonomie vor Ökologie?
Die kommunale Interpretation der Gewerbeabfallverordnung ist nach Auffassung der IHK-Organisation letztlich Folge unausgelasteter kommunaler Entsorgungsanlagen. Versucht wird aus ökonomischen und nicht aus ökologischen Gründen, diese Anlagen auszulasten. Dann sollte fairerweise nicht unter dem „Deckmäntelchen“ des Umweltschutzes, sondern zwischen Wirtschaft und Kommunen vor Ort dieses Problem seriös und zielführend diskutiert werden – und nicht die Gewerbeabfallverordnung hierzu missbraucht werden, so die IHK.

In einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe wird zurzeit ein Orientierungspapier (Mustersatzung) zur Umsetzung der Gewerbeabfallverordnung erarbeitet. Diese sollte Leitlinie sein für alle örtlichen Vollzugsbehörden, damit nicht flächendeckend ein uneinheitlicher Vollzug zu Lasten der gewerblichen Abfallerzeuger praktiziert wird. Wahrscheinlich aber werden auch bei dieser Problemlage wieder die Gerichte entscheiden müssen.

Status Quo in der Region
Die IHK Nürnberg für Mittelfranken hat frühzeitig Gespräche mit mittelfränkischen Gebietskörperschaften aufgenommen und das Thema im IHK-Anwenderclub Umwelt sowie dem IHK-Ausschuss Energie und Umwelt mit Vertretern von Kommunen und Unternehmen diskutiert. Derzeit wird – ausgehend von so genannten Mustervorlagen der kommunalen Spitzenverbände – von Kommunen an zahlreichen Neufassungen von Abfallwirtschaftssatzungen gearbeitet. Ziel der IHK ist es, in diesen Satzungen auf Öffnungsklauseln hinzuwirken, nach denen gewerbliche Abfallerzeuger bei entsprechendem Nachweis von einem „Pauschal-Tonnenvolumen“ befreit werden können, um so deutliche Mehrkosten für Unternehmen zu vermeiden.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2002, Seite 21

 
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