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Messe? Messe!

von Bernd A. Diederichs, Geschäftsführer der NürnbergMesse

von Bernd A. Diederichs, Geschäftsführer der NürnbergMesse

Allen Unkenrufen und Internet-Euphorien zum Trotz: Messen zählen unverändert zu den wichtigsten Kommunikationsinstrumenten überhaupt. Mehr noch: In Zeiten globaler Ausdehnung und bei gleichzeitig knappen Kassen kommt ihnen künftig eine immer wichtigere Rolle zu – denn die Fachmesse wird nicht nur zum Eintrittstor in neue Märkte, sondern zur branchenspezifischen Informationsplattform schlechthin.

Wirtschaftsprozesse bewegen sich immer stärker weg vom eigentlichen Produkt und hin zur Information. Zu deren Produktion, Auswahl, Filterung und Kanalisierung sind Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, Wettbewerbern und Kooperationspartnern eminent wichtig – und nirgends lassen sich diese Beziehungen so direkt knüpfen und pflegen wie auf einer Messe. Entsprechenden Stellenwert messen auch die Aussteller den mittlerweile international besetzten Branchenforen bei: Drei von vier Unternehmen nutzen einer Emnid-Untersuchung zufolge dieses Marketinginstrument, dessen Bedeutung nur vom persönlichen Verkauf übertroffen wird, also im Wesentlichen von Außendienst und Direktwerbung. Durchschnittlich rund 40 Prozent ihrer Kommunikationsetats setzen hiesige Unternehmen für Messen ein – gerade in Zeiten knapper Kassen und zögerlicher Nachfrage gilt es, Streuverluste zu vermeiden und den Kunden direkt und emotional anzusprechen. Eindeutiger und originärer Vorteil von Messen ist ihre Multifunktionalität. Wer ausstellt, macht dies nicht als Ergänzung, sondern betrachtet die Messebeteiligung als zentralen Baustein der Vertriebs- und Kommunikationspolitik.

Genauer gesagt als Paket unterschiedlicher Bausteine, denn Messen übernehmen eine ganze Reihe von Funktionen zugleich: Von der Präsentation der eigenen Leistungskompetenz und deren Überprüfung, der Innovationsrolle im Rahmen der Einführung neuer Produkte und Leistungen, der Konkurrenzanalyse, der Stärkung von Image, Philosophie und Bekanntheitsgrad über Auf- und Ausbau sowie Pflege von Beziehungen und Vertriebswegen bis hin zur Motivation des eigenen Teams, der Integration neuer Medien und last but not least als Jobmarkt wird dem Instrument Messe ein ganzer Kanon an Aufgaben zugeschrieben.

Welche Messeziele stehen nun für den Aussteller im Vordergrund? Der Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (Auma) nennt an erster Stelle den individuellen Kontakt mit potenziellen oder bestehenden Kunden, gefolgt von Aspekten des Kompetenznachweises, der Vorstellung des eigenen aktuellen Leistungsangebots und der Verkaufsanbahnung bzw. Förderung des Nachmessegeschäfts. Zum persönlichen Kundenkontakt auf Vertriebsebene kommt auf der Ebene der Unternehmensleitung der Kontakt zu Wettbewerbern, Lieferanten, Partnern, Verbänden, Presse oder Politik.

Hohe Informationsdichte
Die räumliche und zeitliche Konzentration von Anbietern wie Nachfragern auf Messen vereinfacht die Identifizierung, Kontaktierung und Akquise neuer Abnehmer oder Anbieter erheblich – und spart damit große Kostenblöcke ein: Anders als bei der Tour eines Außendienstmitarbeiters ist die Zahl wertvoller Kontakte in der gleichen Zeitspanne wesentlich höher. Im Verlauf eines Messegesprächs lassen sich zudem oft weitergehende Informationen über den Anbieter und sein Leistungsangebot gewinnen, als dies bei einem Vertreterbesuch normalerweise möglich gewesen wäre. Auch die Informationsdichte einer Messe und das Verhalten des Standpersonals eines Anbieters erlauben realistischere Rückschlüsse auf dessen Kundenorientierung als der Kontakt mit einem einzelnen Außendienstmitarbeiter. Eine Messebeteiligung gilt deshalb nicht nur dann als erfolgreich, wenn der Stand größer war als im Vorjahr und möglichst viele Besucher dort auftauchten: Ausschlaggebend bleibt die Qualität der Gespräche und neu geknüpften Kontakte.

Das Gros heutiger Messeteilnehmer sind Fachleute, überwiegend mit Entscheidungskompetenz, die sich vorwiegend über Neuheiten informieren wollen. Messen spielen also nicht nur dann eine Rolle, wenn vom Besucher konkreter Problemlösungsbedarf geäußert wird, sondern sind immer stärker als Quelle von Informationen von Bedeutung. Unternehmen zapfen diese Quelle an, um die eigene Existenz insbesondere über die Entwicklung von Innovationen langfristig abzusichern. Das ausstellende Unternehmen kann sowohl über persönliche Gespräche mit den Standbesuchern als auch durch den Besuch anderer Stände Entwicklungen und Bedürfnisveränderungen vorwegnehmen und zukünftige Projekte an den tatsächlichen Marktbedürfnissen ausrichten.

Markterschließung im Ausland
Ausländische Absatzmärkte sind für deutsche Unternehmen dabei mehr denn je relevant – besonders in Zeiten stagnierender Inlandsmärkte. Umgekehrt setzen deutsche Unternehmen gerade für die Bearbeitung ausländischer Märkte stark auf Messebeteiligungen. Das erweist sich vor allem im entfernten Ausland und in jenen Märkten als besonderer Vorteil, über die Informationen nur mit größerem Aufwand zu beschaffen sind. Hier kann der Aussteller nicht nur sein eigenes Angebot einer Vielzahl von Interessenten gleichzeitig präsentieren, sondern erhält – und das ist bei der Erschließung neuer Märkte besonders wichtig – die Möglichkeit, sich auch über das Angebot seiner Wettbewerber zu informieren. Durch Gespräche auf und am Rande der Messe können Kenntnisse und Informationen über den Markt, das Land, über Kunden und Konkurrenten gesammelt werden.

Gerade mittelständischen Unternehmen kommt beim Gang ins Ausland die Messeförderung des Bundes in Form finanzieller Anreize und organisatorischer Unterstützung zugute – immerhin nehmen jährlich vier- bis fünftausend deutsche Unternehmen an den offiziellen Gemeinschaftsbeteiligungen teil. Und auch auf deutschen Fachmessen leisten die einzelnen Länder vielfach Hilfestellung. Sie auszuschlagen wäre töricht. Und für alle anderen gilt: Viele Wege führen auf die Messe – und kaum einer an ihr vorbei.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2003, Seite 8

 
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