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Schienenbänder wachsen auf 360 Meter

Als Kompetenzträger für das Produkt Eisenbahnschiene hat sich die RCN rail center Nürnberg GmbH & Co. KG (RCN) etabliert, die im Jahr 2000 aus der Bahn AG ausgegründet worden war. Das RCN versteht sich nach Worten von Betriebsleiter Eckhard Riechers als „Unternehmen Schiene“, das die gesamte Prozesskette von der Konfektionierung über Transport, Baustellenlogistik, Verschweißen bis zur Wartung und Aufarbeitung von Schienen abdeckt.

Der Deutschen Bahn AG ist das RCN auch nach der Ausgründung eng verbunden: Heute hält die Netzsparte der DB AG noch 26 Prozent, 74 Prozent liegen bei der Stahlberg Roensch Gruppe mit Sitz in Seevetal bei Hamburg, zu der unter anderem neben dem rail center in Nürnberg vier vergleichbare Schienenschweißwerke in Hamburg, Duisburg, Leipzig und Bützow gehören (letzteres firmiert ebenfalls als rail center). RCN ist direkt neben dem Nürnberger Rangierbahnhof auf dem Gelände des früheren Gleisbauhofs der Bahn ansässig, welches das RCN gemeinsam mit dem Bereich Instandsetzung der DB Netz AG nutzt. Zudem ist die Deutsche Bahn – was auf Grund des Produktspektrums nahe liegt – der größte Kunde des RCN.

Hauptlieferant von Schienen bis 120 Meter ist die voest alpine Schienen GmbH in Donawitz, Österreich; doch auch aus Stahlwerken in Lothringen kommen 30 bis 60 Meter lange Schienen per Binnenschiff in den Nürnberger Hafen, von wo sie mit RCN-eigenen Lokomotiven und Güterwaggons zum Betriebsgelände gebracht werden. Dort werden sie in „Schienenbändern“ zusammengeschweißt, die bis zu 360 Meter lang werden können - je nachdem, wie die Schienen gerade an den Gleisbaustellen gebraucht werden. Da es etwa 30 verschiedene Schienenprofile gibt, müssen die Mitarbeiter auch für die so genannten Übergangsstöße – also für reibungslose Verbindungen zwischen den Gleisen – sorgen. Jährlich liefert RCN bis zu 1 500 Kilometer neue Schienen sowie 400 Kilometer aufgearbeitete Altschienen an die Baustellen der Bahn. Darüber hinaus werden im Schienenlager rund 2 000 Kilometer für die Produktion vorgehalten.

Zu den weiteren Möglichkeiten des RCN gehört neben der Schienenproduktion die Anlieferung auf speziellen Wagen an die Baustellen, das Abladen und die gesamte Baustellenlogistik. Nicht nur im Werk werden Schienen geschweißt, sondern bei Bedarf auch direkt auf der Baustelle („mobiles Schweißen“). Die Altschienenlogistik und die Wiederaufbereitung von alten, abgenutzten und schadhaften Schienen leisten ebenfalls einen wichtigen Beitrag zum Geschäft: Die Schienen werden nach Nürnberg transportiert, dort mit zerstörungsfreien Verfahren wie Ultraschall und Wirbelstrom auf Materialdefekte geprüft und durch Hobeln wieder auf das richtige Profil gebracht. Teile mit Schienen-Fehlern werden herausgeschnitten, nicht mehr brauchbare Schienen zu Schrott zersägt bzw. zu Kernschrott für Stahlgießereien veredelt.

Ab Mitte dieses Jahres wird die Stahlberg Roensch Gruppe neuartige Schienenfahrzeuge einsetzen, die mit einer Geschwindigkeit von bis zu 120 Stundenkilometern über die Strecken fahren und Schienenoberflächen, die durch die zunehmend starke Belastung in Mitleidenschaft gezogen worden sind, bearbeiten. Dieses präventive Schleif-Verfahren („High Speed Grinding“) kann die Lebensdauer der Schienen erheblich verlängern, so dass Kosten gespart und größere Behinderungen des Zugverkehrs vermieden werden können.

Bei ihren Aktivitäten greift RCN zum Teil auf die anderen Unternehmen der Stahlberg Roensch Gruppe zurück: Die Partnerfirmen beschäftigen sich u.a. mit dem Engineering von Schienenverkehrsprojekten, der Schienenlogistik, der Bau- und Qualitätsüberwachung sowie Telematik-Systemen oder der Instandhaltung von Schienenfahrzeugen.

In den letzten Jahren konnte RCN den Umsatz auf jetzt knapp 20 Mio. Euro steigern. RCN-Betriebsleiter Riechers rechnet trotz der finanziellen Engpässe bei der Deutschen Bahn AG weiterhin mit einer guten Geschäftsentwicklung. Denn erfahrungsgemäß müsse die regelmäßige Instandhaltung der vorhandenen Strecken aufrecht erhalten werden, um einen reibungslosen Verkehr zu ermöglichen. Deshalb hat das rail center in Nürnberg im vergangenen Jahr „einen hohen siebenstelligen Betrag“ investiert, im laufenden Geschäftsjahr schafft das als Eisenbahn-Verkehrsunternehmen zugelassene rail center drei neue Loks an, so dass dann sechs Zugmaschinen eingesetzt werden können. Das gute Geschäft der letzten Jahre spiegelt sich in den Mitarbeiterzahlen wider: Allein im Jahr 2003 wurden 20 neue Stellen geschaffen, so dass jetzt 103 Mitarbeiter für RCN tätig sind, 2004 sollen erstmals drei Ausbildungsstellen im technischen Bereich hinzukommen. Gestärkt werden soll die Zusammenarbeit mit den Hochschulen der Region, die sich bisher im Wesentlichen auf die Vergabe von Ingenieur-Praktika beschränkt. Interessiert sei man an einer wissenschaftlichen Kooperation rund um das „High-Tech-Produkt Schiene“, so Riechers. Um für die Zukunft gerüstet zu sein, wolle RCN auch in Zukunft angemessen wachsen und investieren.

bec.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2004, Seite 42

 
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